Süddeutsche Zeitung

Tassilo:Bonnie und Clyde in Oberbierbach

Lesezeit: 3 min

Die Profischauspieler Stefan Voglhuber und Teresa Sperling leben in Reimering und sorgen mit unverstaubten, selbstgeschriebenen bayerischen Stücken beim Strasserwirt für ausverkaufte Säle. Ihre Texte werden inzwischen auch auf Hochdeutsch verlegt

Von Regina Bluhme, Inning am Holz

Ein Paar aus dem Landkreis Erding, genauer gesagt aus Reimering, Gemeinde Inning am Holz, macht Theater auf Bairisch beim Wirt in Oberbierbach: Wer jetzt auf Komödienstadel tippt, liegt falsch. Die beiden professionellen Schauspieler Stefan Voglhuber und Teresa Sperling, bundesweit auf verschiedenen Bühnen und auch im Fernsehen präsent, bringen selbstgeschriebene Zwei-Personen-Stücke zur Aufführung - witzig, unverstaubt, frisch. Inzwischen sind ihre Auftritte längst ausgebucht, denn es hat sich bis München herumgesprochen, dass beim Strasserwirt auf dem Land die "Zwoa wie Bonnie und Clyde" außergewöhnlich gute Unterhaltung bieten.

Mit der Geschichte von Bonnie und Clyde hat alles begonnen. Als die beiden Schauspieler, die auch im echten Leben ein Paar sind, 2017 erstmals ihre bairische "Bonnie und Clyde"-Version in Oberbierbach aufführten, da mussten sie wegen des Andrangs zwei Zusatzvorstellungen einplanen. Die Komödie "(Un)Happy End" von und mit Teresa Sperling, 30, und Stefan Voglhuber, 37, wollten dann schon 1500 Besucher im Gasthaus Strasser sehen. Ihr "Wohnen im Glück", ebenfalls ein Riesenerfolg beim "Wirt z'Bierbach", wäre jetzt im Münchner Theater "...und so fort" zu sehen.

Wäre. Beim corona-bedingten Video-Interview sitzen die beiden in ihrem Büro in Reimering. Das Paar hat erst 2019 den renovierten Hof bezogen,hier kommt Stefan Voglhuber her, Bruder und Schwester wohnen gleich ums Eck. "Ich bin jetzt quasi mein eigener Nachbar", sagt Voglhuber. "Und ich bin aus Niederbayern zugereist", fügt Teresa Sperling hinzu. Sie stammt aus Deggendorf.

Hinter ihnen an der Wand: Drei gerahmte Plakate mit ihren Erfolgsstücken von Oberbierbach. Ein wenig stolz sind sie schon, dass ihre Stücke so gut ankommen. Dabei ist Stefan Voglhubers Berufsweg ein wenig verschlungen. Er begann erst nach einer abgeschlossenen Banklehre bei der VR Bank Taufkirchen-Dorfen mit der Ausbildung zum professionellen Schauspieler. Familie und Freunde hätten ihn immer unterstützt, "sie fanden es alle cool, dass ich mich so was traue." Schon seit einigen Jahren haben beide Gastspiele an verschiedenen Bühnen, zum Beispiel am Stadttheater Weilheim, bei den Residenzfestspielen Eichstätt, am Blutenburg-Theater München. 2014 hat Voglhuber den Lore-Bronner-Preis erhalten. Die gebürtige Deggendorferin Teresa Sperling hat ihren Master of Arts in Linguistik und Theaterwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München gemacht und, wie auch Stefan Voglhuber, die Ausbildung an der "Theater Raum München - Berufsfachschule für Schauspiel" absolviert. Beide waren schon in verschiedenen Rollen in Fernsehen zu sehen unter anderem immer wieder bei der ZDF-Serien,wie zum Beispiel den "Rosenheim Cops".

Mittlerweile können beide von ihrem Schauspielberuf leben, allerdings hat Corona viele Pläne platzen lassen. Die Theater sind seit über einem Jahr geschlossen. Auf dem Hof in Reimering gebe es immer zwar was zu tun, sagt Stefan Voglhuber. Aber viel lieber würden die beiden Vollblutschauspieler natürlich auf der Bühne stehen. Oder im Irish Pub in Erding beim einem Bier Brainstorming fürs nächste Stück betreiben. Die Arbeitsaufteilung ist klar: "Der Stefan ist das brutale Schreib- und Texttalent, ich bin eher für die Dramaturgie und die Korrektur zuständig", sagt Teresa Sperling. Die Regie übernehmen sie dann beide zusammen, im Spiel wird immer wieder an Dialogen getüftelt, Szenen umgeschrieben, der eine oder andere Satz fällt raus, "weil wir erst da merken, ob die Szene funktioniert oder nicht". Viele der Figuren seien "aus dem Leben gegriffen", sagt Voglhuber, natürlich werde dabei vieles überhöht. Einmal sei sie aber schon sauer geworden, sagt Sperling, als sie beim Lesen gemerkt habe, dass da ein Streit zwischen ihnen Wort für Wort wiedergeben wurde.

In "Zwoa wia Bonnie und Clyde" träumen Voglhuber und Sperling alias Mane und Babsi vom schnellen Geld, Heirat in Las Vegas und dem Ruhestand auf Hawaii. Dafür muss aber erst mal eine Bank geknackt werden. Das klingt in der Theorie einfach, in der Praxis stehen die beiden Möchtegern-Ganoven vor einigen größeren und vielen kleinen Problemen. Blickdichte Strumpfhosen, falsch gelesene Straßenkarten, ein leerer Tank und noch viel absurdere Schwierigkeiten verhindern ein ums andere Mal alle Versuche, ans große Geld zu kommen. Anders als im wahren Leben, ist am Schluss zumindest für Babsi ein Happy End in Sicht.

Ein Ende der Corona-Pause für Theater und Kino ist aktuell nicht absehbar. "Jetzt im Lockdown wollen sie auch nicht jammern, aber ein Jahr ohne Möglichkeit eines Auftritts das ist jetzt schon lang", sagt Voglhuber. Freilich hätte er jetzt Zeit zum Stückeschreiben, Aber so ohne festen Premierentermin und Perspektive, fehle die Motivation. Zum Glück gebe es für ihn und seine Partnerin ab und zu noch Tagesrollen in Fernsehehen, "wir haben schon zu tun", aber eigentlich würden sie jetzt viel lieber auf der Bühne stehen.

Es gibt aber auch richtig gute Nachrichten. Ihr Stück "(Un)happy End" ist im Verlag Deutscher Bühnenschriftsteller erschienen, für andere Gruppen zum Nachspielen. "Wohnen im Glück" soll folgen. Allerdings jeweils als hochdeutsche Version. Damit auch außerhalb Bayerns die Theaterzuschauer die witzigen Dialoge aus dem Landkreis Erding verstehen.

Wenn Sie eine Kandidatin oder einen Kandidaten für den SZ-Kulturpreis vorschlagen wollen, schreiben Sie bitte bis 30. April an tassilo@sz.de.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5276100
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.04.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.