SZ-Serie: Vergangene Pracht:Hinweggefegt vom Sturm der Säkularisation

Schloss Kopfsburg war einst ein prachtvolles, dreigeschossiges Anwesen mit einem doppelten Zwiebelturm, umgeben von einem Wassergraben. 1814 wurde es Stein für Stein abgebrochen, der Hügel ist heute ein Bodendenkmal

Von Regina Bluhme, Kopfsburg/Lengdorf

Der Blick geht weit ins Land, kleine Bäche schlängeln sich durch die Felder, auf einer Anhöhe steht ein prachtvolles, dreigeschossiges Anwesen mit einem doppelten Zwiebelturm, umgeben von einem Wassergraben. So zeigt ein Kupferstich aus dem 18. Jahrhundert Schloss Kopfsburg. Heute ist die stolze Anlage verschwunden. Vom Schloss geblieben ist allein der Hügel.

Im 12. Jahrhundert begründeten die Kopf, Namensgeber des Ortes Kopfsburg in der Gemeinde Lengdorf, einen ansehnlichen Besitz, der bis zur Säkularisation 1802 Bestand haben sollte und die Ortsgeschichte maßgeblich prägte, so beginnt Angela Greimel ihre Zusammenfassung der Geschichte von Schloss Kopfsburg. Die ehemalige Kulturreferentin von Lengdorf betreut die historische Sammlung und hat über viele Jahre Akten und Chroniken gewälzt. So beschreibt sie die Anfänge von Kopfsburg: Die Kopf, ein Ortsadelsgeschlecht, das in Eichkofen begütert war, zählten zu den treuesten, einflussreichsten und gewaltigsten Dienstmannen (Ministeriale) der aufstrebenden Wittelsbacher. Als Stammvater gilt Heinrich Kopf von Eichenkofen. Für ihre Dienste durften sich die Kopf eine Privatburg bauen. Die Wahl fiel auf die Nähe von Lengdorf, wo die Edlen von Lengindorf saßen.

Lange habe sie sich gefragt, "wieso die Kopf ausgerechnet hier ihre Burg errichtet haben", erzählt Angela Greimel. Heute ist sie sich sicher, dass die Gegend mit Bedacht gewählt wurde: Sie lag unmittelbar an der Grenze zur erstarkenden Grafschaft Haag und zur Herrschaft Burgrain, die dem Bischof von Freising gehörte. Dem Machtstreben der Wittelsbacher kam die Ortswahl aus strategischen Gründen vollends entgegen. Denn auf die treuen Dienste der Kopf ist Verlass gewesen.

SZ-Serie: Vergangene Pracht

Ehemalige Schlösser und Adelssitze im Landkreis Erding SZ-Serie · Folge 9

Der erste Herrschaftssitz der Kopf befand sich auf dem Badberg, einer Anhöhe südlich von Kopfsburg, mit weitem Blick über das Isental. Das Geschlecht der Kopf erlosch bereits im 13. Jahrhundert in männlicher Linie, wie Angela Greimel berichtet. Durch Heirat kam Kopfsburg dann an die Preysinger.

Anfang des 15. Jahrhunderts befand sich die Burg bereits im Tal. Albrecht von Preysing, Kammermeister von Herzog Heinrich XVI. des Reichen von Bayern-Landshut, ließ 1406 die Burg samt Kapelle neu erbauen. 1483 wurde Kopfsburg zur Hofmark mit Schranne und Niedergerichtsbarkeit erhoben, zu der auch Niedergeislbach, Esterndorf und Pastetten gehörten. Etwa 170 Anwesen machten Kopfsburg zu einem der größten Grundherren.

Johann Jakob von Preysing verkaufte die Hofmark 1682 an das Hochstift Freising. Unter Fürstbischof Johann Franz Eckher von Kapfing und Lichtenegg wurden in den Jahren 1695 bis 1711 umfangreiche Umbaumaßnahmen durchgeführt. "Ausgezeichnete Handwerker der Umgebung und aus Freising sicherten die Wertarbeit", fügt Angela Greimel an. Die Kapelle, die dem Heiligen Georg geweiht war, befand sich nun ebenerdig und war öffentlich zugängig. So entstand das prachtvolle Anwesen mit reicher Ausstattung und Barockgarten, den Michael Wening auf einem Kupferstich festgehalten hat.

Schloss Kopfsburg

Albrecht von Preysing, Kammermeister von Herzog Heinrich XVI. des Reichen von Bayern-Landshut, ließ 1406 die Burg samt Kapelle neu erbauen.

(Foto: Landesamt für Digitalisierung)

Das Bild von Wening zeigt das dreistöckige Schloss. Es thront auf einem ummauerten Hügel und ist von einem Wassergraben umgeben. Beeindruckend sieht das Gebäude aus, mit mehreren kleinen Zwiebeltürmen auf dem Dach und einem mächtigen großen Turm mit doppelter Zwiebel.

So prachtvoll und geschützt das Gebäude auch war: "Dem Sturm der Säkularisation konnte auch die Kopfsburg nicht standhalten", weiß Greimel. 1802 nahm Kurbayern Freising in Besitz und damit waren auch die Tage der Hofmark Kopfsburg gezählt. Mit Entschließung vom 9. März 1804, unterzeichnet von Kurfürst Max IV Joseph und Graf Montgelas, war die Veräußerung beschlossen. Der Schätzwert konnte bei weitem nicht erreicht werden. Lediglich die Gründe waren bei den Interessenten begehrt. Erst beim dritten Versteigerungstermin 1806 erwarb Hofgerichtsrat Gerhard von Faßmann aus München das Schloss, Restgründe und Benefiziatenhaus. Zwei Jahre später wurde im Schloss die spätere Opernsängerin Auguste von Faßmann geboren.

1814 wurde das Schloss abgebrochen. "Eine reiche Geschichte und höfischer Glanz waren Vergangenheit", schließt Angela Greimel. Wie es zu dem Abbruch des stolzen Gebäudes kam, darüber hat sie keine detaillierten Kenntnisse. Doch das kann sie berichten: "Es heißt nur, dass sich die Leute der Umgebung die Mauersteine abgeholt haben, um sie selbst zu verwenden. Herr von Faßmann hat sicher bald gemerkt, dass er das Schloss nicht erhalten kann. Dessen baulicher Zustand war nicht gut. Schließlich lag der große Umbau ja gute 100 Jahre zurück. Außerdem hatten die Napoleonischen Kriege, insbesondere die Schlacht von Hohenlinden am 3. Dezember 1800, Land und Volk viel abverlangt", so Greimel. "Da war kein Geld zur Renovierung eines Schlosses übrig. Herr von Faßmann hat ja auch bald Grund und Benefiziatenhaus verkauft."

Der Abbruch des Schlosses ist ein enormer Einschnitt gewesen in der Geschichte der Ortschaft, schreibt Angela Greimel. Heute ist nur noch der Schlosshügel zu sehen. Er gehört zu den größten Bodendenkmälern des Landkreises Erding. Von der Schlosskapelle geblieben sind zwei Heiligenfiguren, die heute den Hochaltar in der Lengdorfer Kirche zieren. Teile des Kopfsburger Altars befinden sich in der Kirche Grüngiebing bei Schwindkirchen, ein Ortsteil von Dorfen. Zur Erinnerung an diese große Herrschaftszeit gibt es in Kopfsburg seit einigen Jahren eine Schloss- und Hofmarkstraße sowie eine Von-Preysing-Straße.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: