Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie, Mit dem Bus in den Landkreis, Folge 5:"Das A und O für eine schnelle Verkehrswende"

Eine Erdinger Graswurzelinitiative schlägt den massiven Ausbau von Busverbindungen vor - und wird von Experten bestätigt

Von Florian Tempel, Erding

Am vergangenen Freitag fand sich Dietmar Enderlein von höchster Stelle bestätigt. Bei einer Konferenz der Deutschen Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft im bayerischen Verkehrsministerium hörte er genau das, wovon auch er und seine Mitstreiter vom Mobilitätsforum im Bund Naturschutz (BN) überzeugt sind. "Der Bus ist das A und O für eine schnelle kurzfristige Verkehrswende", betonte MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch in der Expertenrunde in München. Es brauche "Tangentialbusse", dichtere Fahrplantakte und schnellere Verbindungen. Die Überlegungen einer Graswurzelinitiative und die von Fachleuten treffen sich haargenau. Denn Enderlein hat zusammen mit anderen Ideen für Tangential- und Expressbusse im Landkreis Erding schon ganz konkret durchdacht und ausgearbeitet.

Das Mobilitätsforum ist eine von vier Aktivengemeinschaften, die der Kreisverband des Bund Naturschutz derzeit hat. Fünf Leute treffen sich regelmäßig, um Verkehrsthemen zu bearbeiten, die angesichts der "drei großen Brennpunkt" dritte Startbahn, Isentalautobahn und B 15 neu jahrelang "schlicht unter den Tisch gefallen sind", wie Enderlein sagt. Es geht ihnen ums Zu-Fuß-Gehen genauso wie das Radfahren und Verbesserungen beim öffentlichen Nahverkehr.

Natürlich sei die miserable S-Bahnlinie von Erding nach München auch für sie ein Hauptkritikpunkt, sagt Enderlein. Die Strecke müsse unbedingt zweigleisig werden. Doch beim Nachdenken über dieses Thema erkenne man auch die Vorteile der Busse gegenüber der Bahn: "Ein massiver Ausbau des Busverkehrs wäre kurzfristig umsetzbar, da grundsätzlich keinerlei Baumaßnahmen vorgenommen werden müssen." Die Straßen sind schon da.

Enderlein wohnt in Erding und arbeitet im Münchner Norden. Jeden Tag fährt er mit einer überfüllten S-Bahn mitten in die Stadt hinein und steigt im Herzen Münchens in eine überfüllte U-Bahn um. "Warum", fragte er sich eines Tages, "gibt es keinen Bus von Erding zur U 6?" Das wäre es doch: Man könnte morgens mit dem Bus zum Forschungszentrum Garching fahren und weiter mit der U-Bahn von Norden her nach München. Die Berufspendler wären optimal, weil antizyklisch zu den Studenten unterwegs. Man müsste dafür eigentlich nur die Buslinie 531 oder 515 etwas verlängern, sie nicht in Ismaning und Hallbergmoos enden lassen. Wichtig wäre allerdings, dass man zwischen fünf und 23 Uhr werktags jede Stunde fahren könnte, damit der Bus auch angenommen wird. "Das sagt nicht der Enderlein, das sagt die Wissenschaft", betont Enderlein.

Nachdem diese erste Tangentialverbindung ausgetüftelt war, kamen bald weitere dazu. Bei den einen müsste man nur bestehende, aber zu selten fahrende Linien verdichten. "Zwischen den beiden Oberzentren Erding und Freising gibt es beim 511er aktuell in den Schulferien nur vier Fahrtenpaare am Tag." Auch die Linie 501 nach Moosburg könnte man öfter fahren lassen - auch für alle die, die weiter nach Landshut wollen. Der Bus 569 muss nicht in Gaden ende, findet Enderlein, sondern könnte bis zum Bahnhof Langenbach weitergeführt werden. Und der 445er wäre richtig gut, wenn man zum MVV-Tarif in Hörlkofen in den Zug umsteigen könnte. Seine "mutigste Idee", sagt Enderlein, ist die Verlängerung der Buslinie 568 bis zur Messe München. Für solche landkreisübergreifenden Busverbindungen gibt es übrigens seit zwei Jahren ein Förderprogramm.

Im Mai schickte Enderlein die zusammengefassten Überlegungen der BN-Gruppe an Landrat Martin Bayerstorfer (CSU). Enderlei erhielt aus dem Landratsamt keine Rückmeldung - nicht ein Wort, keine Zeile, gar nichts.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2019
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