SZ-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Folge 3:Vom Reizthema zum Wunschprojekt

Seit Jahren wird die Einführung des MVV-Tarifs auf der Bahnstrecke zwischen Markt Schwaben und Dorfen gefordert. In einem neuen Anlauf wird nun eine Verbunderweiterung bis 2024 als machbar angepeilt

Von Florian Tempel, Dorfen

Wenn man nach München will und mit dem Bus zum Bahnhof Dorfen fährt, muss man dafür ein MVV-Ticket lösen. Anschließend benötigt man eine Fahrkarte der Südostbayernbahn bis nach Markt Schwaben. Von dort aus fährt man günstigerweise mit einer MVV-Karte weiter. Ist doch klar, oder? Das geht so seit Jahrzehnten, man gewöhnt sich an alles. Wobei, eine großartige Verbesserung gibt es seit Kurzem: Man kann MVV-Karten seit Juli am Fahrkartenschalter in Dorfen abstempeln lassen - und muss dafür nicht mehr schnell mal in Markt Schwaben aus dem Zug hüpfen.

Bald soll mit den seit vielen Jahren beklagten Unzulänglichkeiten Schluss sein, es ist tatsächlich eine Ende absehbar. Die bayerische Staatsregierung forciert nicht nur die Erweiterung des MVV, sondern ist nunmehr auch bereit, den Großteil der Kosten dafür zu übernehmen. Wenn es gut läuft, kann nach Einschätzung des MVV im Jahr 2024 der Verbundtarif endlich auch auf der Bahnstrecke München-Mühldorf eingeführt werden - ohne dass der Landkreis dafür riesige Summen aus seiner eigenen Kasse zahlen müsste.

Tarifplan MVV

Prinzipiell ist der ganze Landkreis Erding schon lange im Verbundgebiet des MVV - das gilt für S-Bahnen und Busse. Ausgenommen ist alleine die Bahnstrecke München-Mühldorf mit ihren vier Haltepunkten im Landkreis.

(Foto: Stephan Görlich)

Das Thema ist uralt und aktuell zugleich: "MVV-Tarif für die Bahnlinie Markt Schwaben-Dorfen" stand schon auf Unterschriftenlisten, die vor 21 Jahren im Landkreis auslagen. Die Argumenten von damals gelten unverändert fort: Erstens weil es nicht gerecht sei, dass man von Erding aus zum MVV-Tarif mit der S-Bahn nach München pendeln kann, während die Bahnfahrer in Dorfen, Thann-Matzbach, Walpertskirchen und Hörlkofen erheblich mehr blechen müssen. Zweitens wäre es doch sinnvoll, durch den günstigeren MVV-Tarif den Umstieg "vom Auto zur Schiene" zu erleichtern.

In all den Jahren seit der genannten Unterschriftenkampagne von 1998 scheiterte die Einführung des MVV-Tarifs in den Zügen bis Dorfen stets an den hohen Kosten. Eine 2002 in Auftrag gegebene Studie kam 2006 zu dem Ergebnis, dass der Landkreis der Südostbayernbahn jährlich 400 000 Euro überweisen müsste, um die Mindereinnahmen durch den günstigeren MVV-Tarif auszugleichen. Der Staat sah sich nicht in der Pflicht, auch nur einen Euro zu übernehmen. Die Mehrheit im Erdinger Kreistag lehnte die teure Kostenübernahme ab, weil sich mit so viel Geld besser zusätzliche Buslinien und Taktverdichtungen finanzieren ließen.

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Vor einem Jahr präsentierte die damalige Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) den "Fahrplan für mehr Mobilität in Bayern". In diesem Positionspapier für eine künftige Verkehrspolitik wird unter anderem versprochen, "wir realisieren flächendeckende Verkehrsverbünden". Das MVV-Gebiet soll in den kommenden Jahren in fast alle Richtungen wachsen, unter anderem auch den Landkreis Mühldorf integrieren. Wie das im Einzelnen mit allen Bussen und Zügen funktioniert und was es kostet, wird in einer groß angelegten Studie untersucht. Die Sprecherin des MVV, Franziska Hartmann, sagte, dass im Angebot der Studie die Einführung des MVV-Tarifs auf der Bahnstrecke nach Mühldorf bis 2024 als machbar eingeschätzt werde. Der Landkreis Erding müsse sich an der Studie nicht beteiligen, werde später aber notwendigerweise in die Verhandlungen über die Kosten einbezogen.

Aus dem bayerische Verkehrsministerium heißt es dazu, dass man grundsätzlich "einen möglichen Beitritt des Landkreises Mühldorf zum MVV sowie die Integration der bisher nicht integrierten Schienenstrecke München-Mühldorf auf dem Gebiet des Landkreises Erding" unterstütze. Zu den Kosten heißt es sehr konkret: "Der Freistaat übernimmt hier die Kosten - insbesondere die Mindereinnahmen auf der Schiene - für fünf Jahre zu zwei Drittel und ab dem sechsten Jahr ganz."

Auch ein Sprecher der Deutschen Bahn, die sich in diesem Fall für ihre Tochtergesellschaft Südostbayernbahn äußert, teilt mit, dass man die Sache positiv sehe: "Grundsätzlich begrüßen wir sehr die Ausweitung von Verbundräumen wie aktuell vom MVV betrieben" und "einfache Ticketsysteme sind ein wichtiger Punkt, um die Schiene stark und attraktiv zu machen."

Vor einigen Jahre noch hatte Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) berichtet, dass die Südostbayernbahn "null Interesse" an de Einführung des MVV-Tarifs habe, weil die Züge von und nach Dorfen ohnehin ausgelastet seien und man eine zusätzliche Attraktivität nicht verkraften würde.

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