SZ-Schulratgeber:Spiel mit dem Feuer

Realschulen müssen aus Platzgründen Anfragen von Schülern abweisen, die das Gymnasium verlassen wollen. Eine freie Auswahl ist nicht zwingend gegeben.

Von Sarah Weiss

Wer sein Kind in der Annahme auf das Gymnasium schickt, dass es im Falle des Scheiterns immer noch auf die Realschule wechseln könne, muss nicht bedingungslos Recht behalten. Die Realschulen bemühen sich um Aufnahme, eine freie Auswahl der Schule ist aber nicht zwingend gegeben.

"Ich sage es ganz ehrlich: Wer auf gut Glück nach der fünften Klasse auf das Gymnasium geht, mit der Einstellung, dass er sowieso noch an die Realschule wechseln kann, der spielt mit dem Feuer", sagt der Rektor der Mädchenrealschule Heilig Blut, Josef Grundner. Nicht nur die fachliche Integration sei ab der siebten Klasse schwierig, auch die Kapazitäten in den Klassen seien ausgeschöpft. Rund 30 Prozent aller Anfragen müsse er abweisen, da drei Mal mehr Schüler durch Zuzug und Rücklauf der Gymnasien an die Schule kommen als sie durch Wechsel auf die Mittelschule oder Wegzüge wieder verlassen.

Weil Heilig Blut eine private Realschule ist, kann Grundner frei entscheiden, wie viele Schüler er aufnimmt, doch auch die staatlichen Schulen haben nicht unendlich Platz und das letzte Wort bei der Aufnahme habe der Schulleiter, sagt der Rektor der Herzog-Tassilo-Realschule, Michael Altmann. Mehr als hundert Anfragen zum Übertritt habe er im vergangenen Jahr erhalten. "Das sind schon mal alle Jungen der Gymnasien, da die nicht auf die Mädchenrealschule gehen können."

Ungefähr 50 Schüler nehme er pro Jahr auf. Manche zögen ihre Anfrage zurück, bei anderen ergebe sich im Laufe der persönlichen Beratung, dass der Weg auf dem Gymnasium doch noch sinnvoll machbar sei, wenn sie eine Klasse wiederholen. "Die Schüler müssen auch Durchhaltevermögen lernen. Ich erzähle ihnen dann, dass ich selbst auch wiederholt habe." Grundner will "Schultourismus" vermeiden, wenn es nicht sein muss. "Man muss nicht vor jedem kleinen Problem gleich Reißaus nehmen."

Sollte sich bei der Beratung dennoch die Realschule als bester Weg für den Schüler herausstellen und die eigene Schule habe keine Kapazitäten mehr frei, dann "bemühen wir uns um einen Platz an einer anderen Schule", sagt Josef Hanslmaier, Schulleiter der Realschule Taufkirchen. Durch die neu entstandene Realschule in Oberding habe sich die Lage im Landkreis Erding etwas entspannt, sagt deren Direktor Martin Heilmaier. Er hat in diesem Schuljahr sechs Gymnasiasten aufgenommen und noch nicht mit den Rückläufern zu kämpfen. Sollte sich wirklich kein Platz finden, müsse in allerletzter Instanz die Schulaufsichtsbehörde eine Lösung finden, indem sie mehr Lehrer für eine zusätzliche Klasse bereit stelle.

Bis zur siebten Jahrgangsstufe sei es fachlich relativ reibungslos möglich, auf die Realschule zu wechseln, sagt Michael Altmann von der Herzog-Tassilo-Realschule. Danach werde es schwieriger, da die Schüler in der Realschule schon ihre Zweige gewählt haben. "Da findet sich der Schulwechsler dann in Fächern wieder, in denen er auf dem Gymnasium nie unterrichtet wurde, wie zum Beispiel Betriebswirtschaftslehre oder Kochen."

Bei einem Übertritt kann neben den Schullaufbahnberatern und Schulpsychologen der Schulen auch die Schulberatungsstelle Oberbayern Ost weiterhelfen. Ihr Leiter Volker Schmalfuß kann je nach Talenten und Neigungen des Kindes versuchen, den passenden Zweig zu empfehlen und mit der ausgewählten Realschule in Kontakt zu treten. Da Wechsel während des Schuljahres nicht im Sinne der Schulordnung seien, könne man hier keine Forderungen geltend machen, sagt Schmalfuß. Man könne aber auf Toleranz hoffen - auch von Seiten des Gymnasiums. "Man kann versuchen, dass der Schüler bis zum Schulwechsel eben nicht mehr in Latein gehen muss, wenn es daran scheitert, sondern lieber mehr Englisch oder Mathe macht. Das muss der Stundenplan aber zulassen. Das ist so eine Gratwanderung am Rande der Schulordnung."

Schmalfuß' Bauchgefühl nach sind die Wechselzahlen in den vergangenen Jahren weitestgehend stabil geblieben. Allerdings habe er den Eindruck, dass immer mehr Eltern von diesem Weg abkommen und ihre Kinder nach der Grundschule lieber auf die Realschule schicken, wenn sie nicht ganz sicher sind, ob das Gymnasium etwas für sie ist. Sie zählen auf die FOS oder BOS als Weg zum Abitur.

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