Süddeutsche Zeitung

SZ-Adventskalender:Arm, alt, einsam

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Nach dem Tod ihres Mannes verliert Frau K. den Lebensmut. Sie versinkt zunehmend in Einsamkeit. Dann meldet sie sich beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas Erding - und schöpft neue Hoffnung

Von Regina Bluhme, Erding

Eines Tages nimmt Frau K. ihren ganzen Mut zusammen und ruft beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas Erding an. Die 73-Jährige ist verzweifelt. Der Tod ihres Mannes hat sie in ein tiefes seelisches Loch gerissen. Weil sie niemanden zur Last fallen will, hat sie fast alle privaten Kontakte abgebrochen. Die Rentnerin ist sehr niedergeschlagen und einsam. Dazu kommen finanzielle Probleme. Die Geschichte von Frau K. ist traurig, aber sie hat ein Ende, das Zuversicht vermittelt.

Bei ihrem ersten Anruf beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas klagt Frau K. über Niedergeschlagenheit, Schlafprobleme, Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit und Antriebslosigkeit. Die Rentnerin aus Erding erzählt, dass vor einem Jahr ihr Mann verstorben ist, den sie mit 25 Jahren geheiratet hat. "Der Verlust war für sie sehr schlimm", sagt Fachdienstleiter Alfons Kühnstetter. Frau K. erzählt auch, wie sehr sie immer noch trauert.

Die beiden Kinder leben zwar mit ihren Familien im Umkreis von Erding - sie will ihnen aber nicht zur Last fallen. Deswegen meldet sie sich auch nicht von sich aus. Die 73-Jährige war früher in Teilzeit berufstätig und hat die Familie versorgt. Seit dem Tod ihres Mannes hat sie aber auch zunehmend den Kontakt zu Freunden und zur Familie ihres jüngeren Bruders abreißen lassen - "auch hier gab sie an, nicht zur Last fallen zu wollen", so Kühnstetter. Sie sagt am Telefon, dass sie keinen Lebensmut mehr hat und am liebsten einschlafen und nicht mehr aufwachen will. Lange habe sie sich gescheut, Hilfe zu holen. Aber jetzt bittet sie den Fachdienst der Caritas um Unterstützung.

Im persönlichen Gespräch spricht sie offen über ihre schwere Kindheit. Ihr Vater ist bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt, als sie acht Jahre alt war, und die Mutter musste sie und ihren fünf Jahre jüngeren Bruder alleine versorgen. Der Fachdienst informiert sie über psychische Erkrankungen und die möglichen Behandlungsmöglichkeiten. Nach einem zweiten Gespräch entschließt sie sich, der Anregung ihrer Beraterin zu folgen und einen Facharzt für Psychiatrie aufzusuchen. Bei einem weiteren Beratungstermin berichtet sie, dass sie nun ein Psychopharmaka bekomme und ihre Stimmung sich wieder verbessert habe. In weiteren Gesprächen motiviert sie die Beraterin immer wieder, Kontakt zum ehemaligen Freundeskreis und zu Familienangehörigen aufzunehmen. Dabei stellt sie fest, dass alle froh sind, wenn sie sich wieder selber meldet und man schon große Sorgen um sie hatte, weil sie so wenig von sich hören ließ.

Geblieben sind Frau K. Geldsorgen. Sie verfügt nur über eine Rente knapp über dem Existenzminimum. Demnächst benötigt sie eine neue Waschmaschine. Mit einer Spende durch den SZ-Adventskalender würde ihr eine große Last von den Schultern genommen werden.

Im vergangenen halben Jahr verzeichnete der Sozialpsychiatrische Dienst eine steigende Nachfrage, sagt Alfons Kühnstetter. Corona belaste alle Menschen, besonders aber diejenigen, die sich ohnehin in finanziellen oder seelischen Notlagen befinden, die Armen, Alten, Kranken. Mit ihrer Spende unterstützen die Leser und Leserinnen der Süddeutschen Zeitung die Arbeit des Caritas Fachdiensts, damit dieser weiterhin Menschen wie Frau K. neuen Lebensmut, eine Perspektive geben kann.

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Quelle:
SZ vom 04.12.2021
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