Südlicher Thermengarten:Hieb für die Baugenossenschaft

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Auf Betreiben des Erdinger Stadtbaumeisters genehmigt der Planungsausschuss einen Bebauungsplan, der den Bau von 16 geförderten und barrierefreien Wohnungen unmöglich macht

Von Antonia Steiger, Erding

Wenn der Bebauungsplan Südlicher Thermengarten so umgesetzt wird, wie ihn der Planungs- und Bauausschuss des Stadtrats am Donnerstagabend beschlossen hat, dann kann die Baugenossenschaft Erding wieder von vorne mit der Planung beginnen: Zwei Baukörper sollten mit einem gläsernen Zwischenbau für einen Aufzug und das Treppenhaus versehen werden. Dieser Zwischenbau soll nun aber nicht 8,80, sondern nur 6,90 Meter hoch werden dürfen - mit üblen Folgen: Die obersten Stockwerke wären über den Bau nicht mehr erreichbar, eine Barrierefreiheit wäre nicht mehr gegeben. Damit verlöre die Baugenossenschaft den Zugriff auf Zuschüsse und verbilligte Darlehen, das sagte Matthias Lindmayer von der Baugenossenschaft am Freitag der SZ.

CSU-Stadtrat Hubert Sandtner hatte in der Aussprache über die Stellungnahmen zu dem Bebauungsplan darauf gedrungen, dass der Mittelbau so hoch wie geplant gebaut werden darf, damit dort auch ein Aufzug hineingebaut werden kann. Doch seine Argumente zerschellten an Stadtbaumeister Sebastian Henrich. Der sagte, die neue Planung sei mit dem Architekten abgesprochen. Die Baugenossenschaft werde dort sowieso keinen Aufzug einbauen. Und Barrierefreiheit im Erdgeschoss sei ja gegeben.

Zur Baugenossenschaft Erding gehören auch Wohnungen an der Beethovenstraße. (Foto: Renate Schmidt)

Dass der schmale gläserne Mittelbau nicht mehr 8,80 Meter hoch werden darf, begründete Henrich damit, dass der Mittelbau Nachbargrundstücke verschatte. Sandtners Argument, dass diese Grundstücke viel stärker von dem östlich situierten Wohngebäude verschattet werden, ließ Henrich nicht gelten. Auch Herbert Maiers (Grüne) Einwurf, dass die Baugenossenschaft Fördergelder verliere, wenn das Haus nicht komplett barrierefrei gebaut wird, interessiert in der Bauverwaltung offenbar keinen. Unverständnis signalisierten nicht nur etliche weitere Stadträte, sondern auch Zuhörer.

Der Ausschuss stimmte dem Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan Südlicher Thermengarten am Ende aber trotzdem zu, und das sogar einstimmig. Die Stadträte verließen sich wohl auf OB Max Gotz (CSU), der gesagt hatte, es gebe Möglichkeiten für Befreiungen. Er wolle den Bauantrag mit dem Bauwerber "genau anschauen, wie wir das entwickeln können". Es wäre jedoch falsch, wenn man die Nachbarbelange nicht berücksichtigen würde. Der Verbindungsbau "muss da nicht bleiben, wo er jetzt ist".

In der Baugenossenschaft herrscht nach dieser Sitzung Ratlosigkeit. Er werde erst einmal abwarten, sagte Vorstandsmitglied Matthias Lindmayer, ob die Stadt Erding auf die Baugenossenschaft zugehe. Dessen Vater Herbert, früher Prokurist der Baugenossenschaft, hatte die Sitzung am Donnerstag verfolgt. Matthias Lindmayer machte jedoch deutlich, dass die bisherige Planung unumstößlich darauf fuße, dass das gesamte Haus barrierefrei werde. Und er fühlte sich offenbar auch auf einem guten Weg: "Alle waren begeistert von der Planung." Der Mittelbau mit Aufzug und Treppenhaus sei ein wichtiges Element der Planung, denn ein Aufzug und ein Treppenhaus seien nun mal billiger als je ein Aufzug und Treppenhaus in jedem der beiden Blöcke. Auch mit der Regierung von Oberbayern sei die Planung abgestimmt, sagte Lindmayer. Sie habe bereits grünes Licht für eine EOF-Förderung (einkommensorientierte Förderung) gegeben für den etwa fünf Millionen Euro teuren Bau. Die Förderung umfasse Zuschüsse und vergünstigte Darlehen mit langer Laufzeit.

Sie zielt darauf ab, dass man vor allem dem Mittelstand, der in Erding so schlecht an Wohnungen herankommt, Möglichkeiten bietet. "Polizisten und Bedienstete in Krankenhäusern, die zu viel für eine Sozialwohnung verdienen, aber zu wenig für den hiesigen Markt", wie Lindmayer sagte. Auch Sandtner sagte das so: "Wir brauchen diesen Wohnraum dringend. Das ist das, wonach wir alle rufen." Ein Aufzug und eine Treppe in jedem Haus mache das Bauen unnötig teuer und verbrauche Platz. Lindmayer fügte im Gespräch mit der SZ an, dass man ohne den Mittelbau mit einer Höhe von 8,80 Meter überhaupt nicht in die obersten Etage gelange - außer man baut in jedes Haus noch eine extra Treppe ins oberste Stockwerk. "Das ist totaler Unsinn." Und er widersprach auch Henrichs Aussagen, dass diese Planung mit dem Architekten abgesprochen sei. War sie nicht, sagt Lindmayer. "Es wurde geändert, ohne uns etwas zu sagen." Petra Bauernfeind (Freie Wähler) widerlegte in der Sitzung außerdem Henrichs flapsige Aussage, man könne vergessen, dass da ein Aufzug reinkomme. Bei ihrem Projekt in der Johann-Sebastian-Bach-Straße habe die Baugenossenschaft sehr wohl auch schon Aufzüge gebaut.

Weitere Hindernisse für den Bebauungsplan ergaben sich aus Sicht von Verwaltung und Politik nicht aus den Stellungnahmen. Gotz will jedoch prüfen lassen, ob es möglich ist, einen Spielplatz früher fertigzustellen. Das hatten sich Anwohner der benachbarten Siedlung gewünscht, auch wenn man sich dort "gegen jede Einrichtung für Kinder" gewehrt habe, wie Gotz sagte. "Seltsam, die Forderung nach Spielplätzen ist da, aber möglichst weit", sagte Petra Bauernfeind.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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