Stadtentwicklung:Vor der Wiederbelebung kommt der Abriss

Die Corona-Pandemie macht der Stadt Erding beim Architektenwettbewerb für das Mayr-Wirt-Areal einen Strich durch die Rechnung. Sobald die Verwaltung Luft hat, sollen heuer aber noch die restlichen Gebäude für Parkplätze Platz machen. Bis 2028 soll der Neubau stehen

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Noch in diesem Jahr könnte sich was auf dem Mayr-Wirt-Areal an der Haager Straße rühren. Allerdings nicht im Sinne, dass Pläne für das rund 2540 Quadratmeter große Grundstück, das seit 2009 im Eigentum der Stadt Erding ist, umgesetzt werden. Vielmehr soll heuer noch der gesamte Komplex abgerissen werden. Bis dann eine neue Planung umgesetzt wird, kann es dauern, denn bisher konnte der 2020 beschlossene Idee-, beziehungsweise Architektenwettbewerb noch gar nicht gestartet werden. "Corona machte uns einen Strich durch die Rechnung", sagte Stadtbaumeister Sebastian Henrich jüngst im Stadtentwicklungsausschuss. Dazu kamen wechselnde Zuständigkeiten beim Denkmalschutzamt, das beim Thema Ensembleschutz ein Wort mitreden will. "Zur Zeit ist für Erding gar keiner richtig zuständig" sagte OB Max Gotz.

Vom Mayr-Wirt und der früheren Fleischwarenfabrik F.X. Mayr sind heute nur noch Hotel und Gaststätte erhalten, die aber seit Ende 2017 geschlossen haben. Die Metzgerei wurde bereits vor Jahren abgerissen, deren Areal dient heute als Parkplatz - was auch der restlichen Fläche nach dem Gesamtabriss für einige Jahre passieren kann. Laut dem Stadtbaumeister war der damalige Kauf nichtsdestotrotz "ein Glücksgriff", zumal auch die Mayr-Wirt-Insel dazu gekommen sei. 2011, als man eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben habe, sei "die Welt noch in Ordnung gewesen." Einig sei man, dass es ein Neubau eine zweigeschossige Tiefgarage geben soll, sowie wieder eine Gaststätte mit einem Veranstaltungsraum im Obergeschoss. Bei der Höhe sei man bei zwei Geschossen derzeit, aber es gebe Stimmen, die sagen, es würden auch fünf oder sechs Geschossen an der Stelle gehen, sagte Henrich. Bei der Nutzung des neuen Areals - Einzelhandel im Erdgeschoss, Büros/Wohnungen in den oberen Geschossen - sei man noch offen. Was alles möglich sei, dies soll der Wettbewerb aufzeigen, wenn möglich mit Einbindung von potenziellen Investoren durch einen eigenen Wettbewerb. Die erstellte Machbarkeitsstudie bilde für den Wettbewerb aber eine gute Grundlage.

In dem Volumen des Hauses würden schon unterschiedlichste Nutzungen passen, was aber auch eventuell zu einem erhöhten Stellplatzbedarf führe, wobei man eh schon Probleme haben werde "auch nur annäherend" an die benötigten Stellplätze zu kommen. Das Areal sei nicht in einer "1A-Lage", weshalb man Nutzungen suchen müsse, die die Wertigkeit des Grundstücks steigerten. Die Stadt könne aber im Wettbewerb ihren Bedarf angeben, zum Beispiel mit der Gaststätte mit Veranstaltungssaal. Dabei setzt er auf die Erfahrung der künftigen Investoren. "Wenn wir meinen, selber zu wissen, was dort am besten geht, dann wird es wieder nichts mehr", sagt Henrich und führte dazu das Mischgebiet Herzogstandstraße an.

Stadtentwicklung: Von der Ecke Haager Straße und Kordonhausstraße aus sieht man noch eine intakte Gebäudefront mit der Aufschrift Hotel Mayr-Wirt.

Von der Ecke Haager Straße und Kordonhausstraße aus sieht man noch eine intakte Gebäudefront mit der Aufschrift Hotel Mayr-Wirt.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Haager Straße stehe insgesamt vor einem großen Umbruch, was auch Einfluss auf das Mayr-Wirt-Areal habe, sagte OB Gotz. Unter anderem, weil es im Süden der Altstadt große bauliche Veränderungen gebe. Und man dürfte nicht vergessen, dass auch der Bau des geplanten Bahntunnels erhebliche Auswirkungen auf die Haager Straße haben werde.

Die Stadträte sahen indes primär die derzeitige Situation. "Wenn man am Mayr-Wirt vorbei fährt, ist das für mich ein trostloser Anblick", sagte Rainer Mehringer (FW). Und er frage sich, wie lange es dauern werde, bis dort was Neues stehe. Auch im Hinblick auf die Konversion des Fliegerhorstes zum neuen Stadtteil, die viele Kräfte im Rathaus binden werde. Es drohe, dass das Vorhaben Mayr-Wirt weitere zehn Jahre ins "Hintertreffen" gerate. Mehringer fragte, ob man sich nicht mit dem Vorschlag anfreunden sollte, jetzt das alte Gebäude "komplett flach" zu machen für eine Zwischennutzung. Zum Beispiel, um mehr Parkplätze für die Innenstadt zu schaffen.

OB Gotz bestätigte, dass die Abbruchkosten im Haushalt vorgesehen seien und der Abriss sei auch ein nächstes Etappenziel. In den vergangenen Jahren habe man aber wegen der vielen Baumaßnahmen in der Kreisstadt keine freien Kapazitäten im Bauamt gehabt. Jeder neue Beschluss des Stadtrats zur Erweiterung von Pflichtaufgaben mehre die Aufgaben des Amtes. Und neue Stellen seien derzeit sehr schwer zu besetzen. Und man solle sich klar sein, dass der Mayr-Wirt eine freiwillige Leistung, wenn auch reizvolle und wichtige Aufgabe für die Stadt sei. Sobald die Verwaltung Luft habe, werde man den Abriss angehen.

Ein entscheidender Einfluss auf den künftigen zeitlichen Ablauf habe laut Gotz die Dauer der Baumaßnahme Haager Straße/Bahntunnel. Angesetzt sei sie vorsichtig mit fünf bis sechs Jahren.

Thomas Schmidbauer (Erding Jetzt) stimmte mit Mehringer überein, den Abbruch bald zu machen, da die Haager Straße die nächsten Jahre wohl zum Nadelöhr werde. Er kann sich vorstellen, auf dem Areal auch wechselnde Veranstaltungen abzuhalten, wie am Volksfestplatz das Street Food Festival. Die Fläche sollte nicht nur als Parkplatz genutzt werden.

Stadtentwicklung: Hinter dem noch stehenden Gebäude ist die frühere Fleischwarenfabrik bereits verschwunden und die Fläche dient als Parkplatz.

Hinter dem noch stehenden Gebäude ist die frühere Fleischwarenfabrik bereits verschwunden und die Fläche dient als Parkplatz.

(Foto: Renate Schmidt)

Auch Burkhard Köppen (CSU) sprach sich trotz Personalmangels für einen Abbruch in diesem Jahr aus: "Es ist ein Signal, dass wir das Projekt Mayr-Wirt und dessen Wiederbelebung angehen." Er brachte den Aspekt vor, dass die Stadt durchaus mit einem Parkplatz Geld einnehme. Was auch so OB Gotz sieht. Das Areal könne aber auch als Platz für Baustelleneinrichtungen dienen, denn der Wunsch nach weiteren Parkplätze sei zwar da, aber am Beispiel Landgestütstraße sehe man das Dilemma. Der Parkplatz sei zwar nur als Zwischennutzung erklärtermaßen ausgewiesen, aber "bereits jetzt gibt es die ersten erbitterten Zurufe, den Parkplatz zu belassen", sagte Gotz.

Hans Egger (Erding Jetzt) mahnte an, dass die Haager Straße wieder zur 1A-Lage wird. Man sei aber für einen offenen Wettbewerb, was die Nutzung betreffe.

Für eine Überraschung bei OB Gotz sorgte Gerhard Ippisch (Bündnis 90/Die Grünen): "Aus meiner Sicht spricht eine Menge dagegen, dass man jetzt überhaupt baut." Er plädierte dafür "im Augenblick" auf einen Wettbewerb zu verzichten und sich für die nächsten zehn bis 15 Jahre ein Zwischennutzungskonzept zu überlegen. Und wenn der Bahntunnel fertig sei, solle man sich konkrete Nutzungen für das gesamte Bahnhofsareal samt Haager Straße überlegen. Ippisch: "Lasst uns vom Gas gehen." Kommentar von Gotz: "Ein völlig neuer Aspekt", der wohl keine Mehrheit finde.

Gotz sagte zum Schluss, dass man den Weg des Wettbewerbs gehen soll und 2028 die größten Baustellen - außer dem Bahntunnel - aus der Innenstadt habe. 2023 soll der Architektenwettbewerb stattfinden und abgeschlossen werden. Frühesten 2025 könne der Baubeginn sein. Bis 2028 müsse man "Nägel mit Köpfen" machen. Denn dann feiere man 800 Jahre Erding.

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