Stadtrat Erding:Mehr Sicherheit zum Nulltarif?

Stadtrat Erding: Dunkelblaues Polohemd mit dem bayerischen Staatswappen: So sieht die Uniform der Sicherheitswacht aus.

Dunkelblaues Polohemd mit dem bayerischen Staatswappen: So sieht die Uniform der Sicherheitswacht aus.

(Foto: Christian Endt)

Polizeichef Rainer Kroschwald wirbt für den ehrenamtlichen Streifendienst. Die meisten Stadträte bezweifeln jedoch die Notwendigkeit und fühlen sich durchaus sicher in ihrer Heimatstadt. Hans Eggers Vorschlag sorgt für Aufsehen.

Von Regina Bluhme, Erding

Braucht die Stadt Erding zusätzlich zu Polizei und Ordnungsamt eine Sicherheitswacht? Nach Ansicht der Polizei Erding: durchaus. Inspektionsleiter Rainer Kroschwald hat in der jüngsten Stadtratssitzung ordentlich Werbung gemacht für den ehrenamtlichen Streifendienst. Die Aktion stieß im Gremium allerdings auf wenig Begeisterung. Jetzt wird das Thema in den Fraktionen beraten. In der Juli-Sitzung soll die Entscheidung fallen.

Wenig Gewaltdelikte, kaum Einbrüche, statistisch zumindest besteht wenig Grund zur Sorge, in Erding Opfer einer Straftat zu werden. Das hat im März die Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord unterstrichen: Von den zehn Landkreisen, die zum Bereich des Präsidiums zählen, weist Erding die zweitniedrigste Zahl von Delikten je 100.000 Einwohner auf. Laut Kroschwald gibt es aber einen Unterschied zwischen der objektiven Sicherheit und der subjektiven Sicherheit. In Wartenberg zum Beispiel habe es bis vor kurzem große Probleme mit Schmierereien und Sachbeschädigungen gegeben. "Ein unglaubliches Unsicherheitsgefühl" habe in der Gemeinde geherrscht. Die Täter, allesamt Jugendliche, seien inzwischen ermittelt. Die Aufklärungsquote im Landkreis Erding ist übrigens auch überdurchschnittlich und liegt laut Kroschwald bei über 69 Prozent.

"Zusätzliche Augen und Ohren der Polizei, aber nicht der Arm."

Ein Bindeglied zwischen Bevölkerung und der Polizei sollen die Sicherheitswachten sein: "Zusätzliche Augen und Ohren der Polizei, aber nicht der Arm." Als mögliche Einsatzorte in Erding nannte die Polizei zum Beispiel den Bahnhof, den Kronthaler Weiher, große Wohnanlagen, Volksfeste, die Therme, den Stadtpark oder auch Asylbewerberunterkünfte, bei letzterem zum Schutz der Anwohner und Anwohnerinnen, wie Kroschwald auf Nachfrage aus dem Stadtrat betonte.

Ausgestattet sind die Ehrenamtlichen mit Taschenlampe, Funkgerät, Reizstoffsprühgerät und Erste-Hilfe-Set. Bewerben können sich Frauen und Männer im Alter von 18 bis 62 Jahren. Sie müssen ein Auswahlverfahren durchlaufen und werden geschult, zum Beispiel auch darin, "nicht den Helden zu spielen oder gar übergriffig zu werden".

In Erding soll mit vier Ehrenamtlichen gestartet werden

In Erding soll mit vier Ehrenamtlichen gestartet werden, mindestens fünf Stunden im Monat sollten sie im Einsatz sein, dafür gibt es pro Stunde eine Aufwandsentschädigung in Höhe von circa acht Euro. Für die Sicherheitswacht verfüge das Polizeipräsidium über ein eigenes Budget, so Kroschwald. Erding bekomme "mehr Sicherheit zum Nulltarif".

Im Bereich des Polizeipräsidiums Nord, das für den Landkreis Erding zuständig ist, gibt es laut Kroschwald derzeit neun Sicherheitswachten mit 67 Ehrenamtlichen. Im Nachbarlandkreis Ebersberg gibt es eine in Poing, in Freising gibt es eine gemeinsame für Freising und Allershausen und eine in Moosburg.

Mehr Uniform auf der Straße sorge auch für ein größeres Sicherheitsgefühl

Wie beim Freisinger Dienststellenleiter Matthias Schäfer auf SZ-Nachfrage zu erfahren ist, sind in der Domstadt aktuell sechs Ehrenamtliche tätig. Mit seinem Erdinger Kollegen ist Schäfer überzeugt, schon der Anblick der uniformierten Wacht - dazu gehören Poloshirt und Jacke in dunkelblau mit dem bayerischen Staatswappen -könne helfen, Straftaten zu verhindern. "Je mehr Uniform auf der Straße, desto größer das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger", ist Kroschwald überzeugt.

Die Stimmung im Stadtrat blieb skeptisch. Sie befürchte durchaus, dass sich für die Wacht "der eine oder andere meldet, um den starken Maxe zu markieren", sagte Zweite Bürgermeisterin Petra Bauernfeind (Freie Wähler). Für Helga Stieglmeier (Grüne) wiederum "hängt Zivilcourage nicht vom Tragen einer Uniform ab". Es sorge womöglich nur für Verwirrung, "wenn gleich drei Personengruppen in Uniform unterwegs sind". Hans Egger (Erding Jetzt) verwies auf den Personalmangel bei der Polizei, und nun werde versucht, Aufgaben auf die Bürgerschaft zu delegieren. Sein Vorschlag: Die Bundeswehr solle Streife gehen. Das sorgte für ziemliches Gegrummel im Gremium und OB Gotz verwies darauf, dass im Erdinger Fliegerhorst nur noch zivile Mitarbeiter Dienst täten und die Bundeswehr gar nicht für diese Aufgaben zuständig sei.

Das Angebot habe nichts mit aktuellen Vorfällen oder Personalmangel zu tun

Rainer Mehringer (Freie Wähler) wandte sich an Kroschwald und erklärte, er persönlich fühle sich sicher in Erding. "Was wollen Sie eigentlich hier?" Der Polizeichef erwiderte, das Angebot komme nicht aufgrund "massiver Vorfälle" oder Personalmangels. Es sei eine Initiative des Innenministeriums.

Stefan Grabrucker (SPD) war sich mit Anne Connelly (FPD) einig, dass sich nicht bei jedem beim Anblick einer Uniform das Sicherheitsgefühl erhöhe. Connelly widersprach der Aussage vom "Nulltarif". Letztendlich käme für das Budget doch der Steuerzahler auf. Walter Koppe (Linke) schlug den Bogen zur Bildungspolitik: Hilfslehrer für Schulen würden abgelehnt. Deshalb gelte für Schule und Polizei: sie müssten ausreichend mit Personal ausgestattet werden. Einzig Walter Rauscher (CSU) setzte sich für die Sicherheitswacht ein mit Verweis auf die Älteren, bei denen durchaus Ängste vorhanden seien. "Ein beachtenswerter Aspekt", schloss Gotz die Diskussion.

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