St. Vinzenz:Ein Bauwerk von Bedeutung

Kirche St. Vinzenz

Wer den Kirchenraum von St. Vinzenz treffend beschreiben möchte, dem kann geholfen werden: Die Gestaltung sei "neofunktionalistisch", charakterisiert durch "Klarheit und Reduktion", so urteilt die Konservatorin Nina Dürr.

(Foto: Stephan Görlich)

Die katholische Pfarrkirche im Erdinger Stadtteil Klettham ist in die bayerische Denkmalliste aufgenommen worden. Gegen den ausdrücklichen Willen des Pfarrers

Von Antonia Steiger, Erding

Wer ein kuscheliges Ambiente in Kirchen bevorzugt, der ist hier fehl am Platz: Die katholische Pfarrkirche St. Vinzenz im Erdinger Stadtteil Klettham wirkt von außen nüchtern - und innen ebenso. "Neofunktionalistisch" sei die Gestaltung, gekennzeichnet von Klarheit und Reduktion, urteilt die Konservatorin Nina Dürr; die Kirche habe geschichtlich und künstlerisch hohe Bedeutung. Jetzt wurde sie in die bayerische Denkmalliste aufgenommen - sehr zum Ärger von Pfarrer Jan-Christoph Vogler. Er nennt diesen Vorgang überspitzt eine "Enteignung" und sagt, er habe sich schon vor Jahren gegen diesen Schritt ausgesprochen. Selbst wenn er nur einen Nagel in die Wand schlagen wolle, müsse er nun um Erlaubnis fragen.

Geschichtlich fällt der Bau der Kirche in eine Zeit der frühen städtebaulichen Erweiterung Erdings nach dem Zweiten Weltkrieg - genauso wie die sehr viel berühmtere und etwas ältere evangelische Erlöserkirche an der Friedrichstraße von Hans Busso von Busse ganz in der Nähe. Die Erlöserkirche sei zu Recht als Denkmal klassifiziert, findet Vogler. St. Vinzenz hingegen sei nicht mehr als ein Viereck mit einem Dach darüber. "Ein schönes Viereck, es gefällt mir", fügte Vogler an. Der neue Status als Denkmal gefalle ihm hingegen gar nicht, zumal die Gesamtanlage durch den Abriss des Pfarrheims und der Kirchhofeinfriedung "verpfuscht" sei. Und das steht so auch in dem Schreiben der Konservatorin: Durch den Abriss und den Neubau des Pfarrheims im Jahr 1999 sei der städtebauliche Wert der Anlage "stark beeinträchtigt". Als Denkmal wurde daher nur der Kirchenbau geprüft.

Der Grundstein für die Kirche St. Vinzenz wurde 1964 gelegt, der Kirchenbau war damals Teil eines Gesamtentwurfs des Münchner Architekten Josef Rampl, der als Professor und Lehrstuhlinhaber am Institut für Entwerfen an der TU München unterrichtete. Gemeinsam mit Pfarrheim, Kindergarten und Pfarrhaus sei eine "für die Zeit moderne Gesamtanlage" entstanden, urteilt Dürr.

Die Erdinger Stadträte haben diesen Vorgang am Dienstag in der Sitzung des Planungs- und Bauausschusses ohne Diskussionen zur Kenntnis genommen. Was das für eine etwaige Sanierung bedeuten würde, wollte Jürgen Beil (Freie Wähler) wissen. Dass die Bausubstanz zu erhalten sei, antwortete ihm OB Max Gotz (CSU). Er hoffe jedoch, dass dies nicht so bald der Fall sein werde. Der freistehenden Turm wurde 2006 saniert, zuvor hatte er drei Jahre lang in einer Plastikhülle gesteckt. Im Jahr 2018 hat die Kirche zudem eine neue Orgel bekommen. Auch Vogler bestätigt, dass im Moment kein Sanierungsbedarf erkennbar sei. Doch wenn dies einmal der Fall sei, bedeute dies "Ärger in höchster Potenz", was man auch im Erdinger Rathaus schon zu spüren bekommen hat: Über die Forderungen des Denkmalschutzamtes bei der Sanierung des Hauses Am Rätschenbach 12 hatte man im Bauamt die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Zum Beispiel als der Dachstuhl für viel Geld erhalten werden musste, obwohl die Balken aus dem Jahr 1957 stammten und nicht einmal besonders alt waren.

In der Denkmalliste wird die Kirche als "Betonrasterbau mit Ziegelausfachungen" beschrieben, mit Lichtband und einem freistehenden skulpturalen Betoncampanile. Das flache Satteldach betone die "gedrungene Geschlossenheit des Bauwerks", befindet die Konservatorin Dürr. Die Kirche sei ein frühes Beispiel für die Umsetzung von Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils, denen zufolge auf eine hohe Altarbühne verzichtet werden könnte. Charakteristisch für den Innenraum sei auch die "klare Betonrasterung mit den weißgeschlämmten Wandflächen". Eine Umprägung habe der Sakralraum im Jahr 1984 durch die großformatigen Mosaike von Bruder Benedikt Schmitz unter anderem an der Altarwand mit einer Darstellung des apokalyptischen Lamms erfahren.

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