"Spielverderber":Fragwürdige Suchtgefahr

Der Losverkauf an Minderjährige beim Glückshafen des Roten Kreuzes auf dem Herbstfest ist verboten. Das ruft Unverständnis hervor, Andrang herrscht dennoch

Von Sara Maria Behbehani

Im Vorfeld des diesjährigen Herbstfestes hat die Regierung Oberbayern dem Roten Kreuz verboten, am Glückshafen Lose an Minderjährige zu verkaufen. Der Grund dafür soll eine drohende Suchtgefahr sein, vor der Kinder und Jugendliche geschützt werden sollen. Eine Maßnahme, die nicht nur Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) für überzogen hält. Bei der Schaustellerbesprechung des Herbstfestes am Dienstag bezeichnete er die Verantwortlichen der Behörde als "Spielverderber, die weit über das Ziel hinausgeschossen sind." Hört man sich am Glückshafen des BRK um, so schließen sich auch die Erdinger seiner Meinung an.

Nach der neuen Regelung ist es Kindern zwar noch gestattet, selbst ein Los zu ziehen, doch bezahlen dürfen sie es nicht. Dabei gelten die Jugendschutzbestimmungen schon seit 2008. Bisher hatte man es geduldet, dass am Glückshafen auch Lose an Kinder und Jugendliche verkauft werden. Nun aber ist man dahinter gekommen, den Verkauf eigentlich verbieten zu müssen.

Verena Gros, Pressesprecherin der Regierung Oberbayern, möchte der Kritik an der Maßnahme deutlich widersprechen: "Die Regierung ist kein Spaß- oder Spielverderber", stellt sie klar. "Wir sind an ein Gesetz gebunden. Diese Regelung hat der Gesetzgeber festgelegt. Wir vollziehen sie nur."

"Spielverderber": Wichtig ist vielen Besuchern des Erdinger Herbstfestes, dass Minderjährigen am Glückshafen des Roten Kreuzes wenigstens noch der Griff in den Lostopf erlaubt ist. Dennoch kann am Stand des BRK niemand nachvollziehen, warum ihnen der Loskauf verwehrt wird.

Wichtig ist vielen Besuchern des Erdinger Herbstfestes, dass Minderjährigen am Glückshafen des Roten Kreuzes wenigstens noch der Griff in den Lostopf erlaubt ist. Dennoch kann am Stand des BRK niemand nachvollziehen, warum ihnen der Loskauf verwehrt wird.

(Foto: Renate Schmidt)

Verständnis für das Verbot hat am Glückshafen auf dem Herbstfest trotzdem niemand, auch wenn man sich nicht weiter davon beeindrucken lassen will. Im Vorfeld hatte man sich noch Sorgen gemacht, dass das Verbot des Losverkaufs an Minderjährige Besucher davon abhalten könnte, an der Lotterie teilzunehmen. Doch das scheint nicht der Fall zu sein.

Raimund Klaus vom BRK Erding ist zum 26. Mal beim Glückshafen auf dem Volksfest dabei. "Der Verkauf läuft wie immer", sagt er. "Die Bevölkerung nimmt das Angebot an." Dass sich die Erdinger nicht davon abhalten lassen, Lose beim Verkaufsstand des Roten Kreuzes zu kaufen, erleichtert Klaus. Schließlich dienen die Einnahmen der Beschaffung von Eigenmitteln und in diesem Zusammenhang sei der Glückshafen "ein großer Punkt der Geldeinnahme." Außerdem, so stellt Klaus klar, kämen die Mittel auch direkt dem Roten Kreuz in Erding zu Gute und verschwänden nicht irgendwo.

Was der Nutzen der neuen Regelung wirklich sein soll, können auch die Erdinger am Stand des Roten Kreuzes nicht nachvollziehen. "Wir haben schon als Kinder in den Lostopf gegriffen und das hat niemanden abhängig gemacht", sagt Elli Strasser, die mit ihrer Tochter und Enkelin auf das Herbstfest gekommen ist. Sie erzählt davon, wie begeistert ihre eigene Tochter schon damals in den Lostopf gelangt hat. "Sie hat irgendwie immer Glück gehabt", lacht Strasser. Dass nun Kinder vom Loskauf ausgeschlossen sind, das "nimmt den Kindern die Freude."

"Spielverderber": Elli Strasser mit Tochter und Enkelin auf dem Herbstfest. Der Griff in den Lostopf hat hier Tradition.

Elli Strasser mit Tochter und Enkelin auf dem Herbstfest. Der Griff in den Lostopf hat hier Tradition.

(Foto: Renate Schmidt)

Eine andere Besucherin, die mit ihrer Enkeltochter gekommen ist, kann den Sinn des Verbots ebenfalls nicht nachvollziehen. "Ich kaufe die Lose doch ohnehin für die Kinder", sagt sie. Dann fügt sie hinzu: "Bei großen Lotterien kann ich das ja verstehen. Aber doch nicht auf so einem kleinen Volksfest wie in Erding. Hier ist das einfach schade."

Manche sind deutlicher in ihren Formulierungen. "Total dämlich" sei das Verbot, sagt eine Mutter, die mit ihrer Tochter gekommen ist und fügt hinzu: "Aber wenigstens dürfen die Kinder die Lose noch ziehen. So geht's eigentlich."

Ausnahmen machen wird die Regierung Oberbayern für den Glückshafen jedoch auch in Zukunft nicht. "Bei kleineren Lotterien, die Einnahmen von 40 000 Euro nicht überschreiten, gibt es Ausnahmen", sagt Gros. Bei allem was darüber hinaus gehe, greife das Gesetz aber. "Da können wir nicht dran rütteln und haben auch keinen Ermessensspielraum." Die Aufregung um das diesjährige Verbot kann Gros nicht nachvollziehen. Schließlich habe sich nichts geändert, die Jugendschutzbestimmungen gelten seit 2008 und die Regierung würde sich schlicht daran halten.

Dennoch: Das Verbot, so ist die allgemeine Auffassung unter den Herbsfestbesuchern, verfehle seinen Sinn und Zweck. Die Laune verderben lassen will sich davon allerdings niemand. Die Stimmung am Glückshafen ist fröhlich. Kinder scharen sich um ihre Eltern oder Großeltern, um ein paar Lose zu ergattern. Die Augen leuchten, wenn sich eine Kinderhand in den Lostopf bewegt - bei den Jungen wie bei den Alten. Und dann wird aufgeregt an den Losen gezupft, um sie zu öffnen.

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