Speditionen in der Flughafenregion:Krieg in der Ukraine verschärft die Lage

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Speditionen haben es derzeit mit den hohen Dieselpreisen nicht leicht. (Foto: Renate Schmidt)

Fehlende Fahrer, Corona und ein explodierender Diesel-Preis lassen die Kosten steigen. Nicht jeder Kunde hat dafür Verständnis.

Von Gerhard Wilhelm, Erding/Freising

Ein Liter Diesel kostet zur Zeit 2,17 Euro an der Tankstelle, wenn es eine günstige ist. Auch, wenn der Liter nun durch staatliche Intervention um 14 Cent billiger werden soll, stöhnen die Speditionen. Als hätten sie nicht ohnehin genügend Schwierigkeiten: Der Mangel an Lastwagenfahrern war schon vor Corona ein Problem, die Pandemie hat die Situation nur noch mal verschärft. Der Krieg in der Ukraine tut nun ein Übriges. Dabei ist nicht mal der höhere Spritpreis das Problem - es sind die Kunden, die nur schwer einsehen, dass sie die drastische Erhöhung mittragen müssen.

Auf die derzeitige Lage angesprochen, hat Bernd Lettmair, Geschäftsführer der Spedition Spedicam GmbH in Neufahrn, eine kurze Antwort: "Katastrophal. Man weiß gar nicht, wie man alles noch handhaben soll." Es sei ein "Riesenherausforderung", in so kurzer Zeit zu reagieren. Der, der letztlich den Transport übernehme, sage natürlich, dass er aktuell an die Tankstelle fahre und für den Liter Diesel bis zu 2,30 Euro zahle. Und die will er auch als Fahrer wieder haben. Bei 95 Prozent seiner Kunden gebe es einen "Diesel-Floater", einen variablen Kraftstoffzuschlag, der sich automatisch an die Kraftstoffpreisentwicklung anpasst.

Allerdings werde der immer mit einer zeitlichen Distanz von eineinhalb bis zwei Monaten berechnet. Deshalb müsse die Spedition das Geld dem Fahrer erst bezahlen, ehe sie es später erstattet bekomme. Bei größeren Summen bekomme man dann vielleicht schnell ein Zwischenfinanzierungsproblem, sagt Lettmair. "Der Unternehmer, der tankt und fährt, bekommt sein Geld. Sonst fährt er gar nicht." Spedicam sei nur der Vermittler. "Den Sachverhalt, steigende Dieselpreise, versteht jeder. Das sieht man an der Tankstelle. Nur der eine akzeptiert es leichter, der andere weniger."

Der Gesamtpreis einer Fracht steige, was den Anteil des Diesels betreffe. Und die Preissteigerung betrage um die 30 Prozent seit Anfang März. "In 90 Prozent meiner Arbeitszeit in den letzten zwei Wochen geht es um den Dieselpreis. Bei einem Stamm von 500 Kunden muss man viel erklären, reden. Bei manchen muss man mehr erklären", sagt Lettmair. Zur "Diesel-Explosion" komme der permanente und immer extremere Fahrermangel dazu, der durch den Ukraine-Krieg noch mehr verschärft worden sei. "Mehr Probleme als in diesem Jahr habe ich noch nie gehabt."

Den extremen Preissprung habe niemand vorhersehen können

"Wir versuchen natürlich die gestiegenen Dieselpreise rein zu kalkulieren. Wenn es nicht geht, fahren wir halt nicht mehr", sagt Leonhard Anzenberger vom gleichnamigen familiengeführten Unternehmen aus Isen. Vieles sei eine Frage der vertraglichen Verbundenheit. Es gebe den "Diesel-Floater", sagt auch er, weist aber auch auf die zeitliche Distanz hin, mit der dieser berechnet werde. "Das Geld bekommt man dann oft erst zwei Monate später."

Auch bei der Spedition Anzenberger in Isen wird versucht, die gestiegenen Dieselpreise irgendwie einzukalkulieren. (Foto: Renate Schmidt)

Den extremen Preissprung habe niemand vorhersehen können. "Manche Kunden akzeptieren, andere sagen, sie können nicht mehr zahlen und wenn es nicht pressiert, wird der Auftrag geschoben", sagt Leonhard Anzenberger. Im Charterverkehr hätten vor allem polnische Unternehmer Probleme, da ihnen die ukrainischen Fahrer fehlten. Fahrten nach Weißrussland würden zudem ausfallen. "Die Corona-Pandemie war schon schlimm, der Krieg hat alles noch verschärft", sagt Anzenberger.

Preiserhöhungen: "Die Kunden machen schon Stress deshalb."

Für die Frachtunternehmer ist der Dieselpreis "existenzbedrohend, weil die Liquidität nicht da ist, um so was aufzufangen", sagt Erich Baumgärtel, Geschäftsführer bei Kochtrans Patrick G. Koch GmbH in Moosinning. Es gebe Kunden, die dafür überhaupt kein Verständnis haben, wenn der Preis steige. "Letztendlich ist es eine mathematische Rechnung und die kann nicht auf dem Rücken des Gewerbes ausgetragen werden." Bei den Subunternehmern, mit denen man zusammen arbeite, vor allem im Fernverkehr, würden außerdem ukrainische Fahrer fehlen.

"Wir hatten schon Anfang des Jahres die Preise erhöht, weil bei allem die Preise steigen. Jetzt haben wir noch mal erhöhen müssen wegen des hohen Dieselpreises", sagt Ismet Dogan, geschäftsführender Gesellschafter der ETT Spedition GmbH in Erding. "Die Kunden machen schon Stress deshalb." Es gebe sehr viel Gesprächsbedarf, sagt Ismet Dogan. Diesel-Floater würden vor allem bei den großen Speditionen zum Einsatz kommen. Aber auch dort müsse man als Spedition das Geld vorstrecken. Die Unternehmen, die die Fahrten durchführen, würden zudem von Schwierigkeiten berichten, Fahrer zu finden. Bisher habe aber vor allem Corona ein Rolle gespielt. "Wir hatten eine Firma, die komplett weggefallen ist, weil die Fahrer alle in Quarantäne wegen Corona mussten." Es sei eine "schwierige Zeit" momentan.

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