Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind mittlerweile ein gewohntes Bild. Allerdings haben sie den Nachteil, dass die Fläche einer landwirtschaftlichen Nutzung damit entzogen wird. Lediglich als Weide für Schafe sind sie in Verwendung. Hier setzt die Agri-PV an: Dabei handelt es sich um aufgeständerte Module, unter denen weiterhin eine bäuerliche Nutzung wie Weidehaltung oder Gemüseanbau möglich ist. Nach Angaben der Staatsregierung vom Mai dieses Jahres gibt es in ganz Bayern 19 Agri-PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 37 Megawatt.
Landwirt Georg Brandl aus Wies bei Dorfen hat diese Zahlen nun erheblich nach oben korrigiert: Seine Anlage auf knapp 19 Hektar mit 3400 Modulen ist fertig. Sie hat eine Kraftwerkleistung von 20 Megawatt (Peak) und kann 5200 Haushalte versorgen. Bis September soll die elf Kilometer lange Leitung bis zum Umspannwerk Dorfen hergestellt sein. Dann geht Wies ans Netz.
Im Speckgürtel von München zählt der Landkreis Erding zu den am stärksten landwirtschaftlich geprägten Gegenden. Bereits in den Nullerjahren haben viele auf Energiewirtschaft umgesattelt und Biogasanlagen gebaut, die mit Mais betrieben wurden. Allerdings läuft die Förderung dafür aus, die Bauern suchen nach Alternativen. Photovoltaik gilt als Goldgrube: Eine Faustformel besagt, dass mit einem Hektar Mais in der Biogasanlage sieben Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden können. Mit einer PV-Anlage sind es 230 Haushalte.
Allerdings sind dafür erst einmal erhebliche Investitionen erforderlich: Die Anlage in Wies hat zwölf Millionen Euro gekostet, eventuell soll noch ein Speicher nachgerüstet werden, der weitere Millionen kosten würde. Eigentümer und Bauherr Georg Brandl hat sich dazu einen Partner ins Projekt geholt, das Unternehmen Anumar aus Ingolstadt, das die Bauarbeiten ausgeführt hat und als Betreiber fungieren wird.
Die Familie Brandl hat sich bereits 2021 entschlossen, diese Anlage zu bauen. Bislang haben sie mit 150 Rindern Milchwirtschaft betrieben, aber auf lange Sicht habe das keine Zukunft. Mit der Hofübergabe werde sich das ändern, verrät der Vater, Georg Brandl senior. Dann will man Jungkühe auf der Weide aufziehen oder Pensionsvieh aufnehmen. „Die Tiere sind in der Region. Es gibt eine rege Nachfrage“, bestätigt der Junior.

Bei der Planung musste vieles berücksichtigt werden. „Die Viecher sollten keine Alibi-Rasenmäher sein, sondern einem landwirtschaftlichen Zweck dienen“, sagt Georg Brandl. Außerdem sollte die Anlage lichtdurchflutet sein, damit die Wiese darunter auch gedeiht. „Bei Hitzeperioden wächst das Gras sogar besser.“ Ein Wildkorridor musste eingeplant werden, damit Rehe die Anlage queren können und ein Blendgutachten war erforderlich, weil sich eine Kreisstraße in Ausrichtung der Paneele nach Süden befindet.
Auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nahm an der Einweihungsfeier teil. „Mich überzeugen solche Anlagen sehr“, sagte er. Dabei würden Landwirtschaft und erneuerbare Energien unter einen Hut gebracht. Beweidung sei ein guter Ansatz. Er habe aber auch schon Anlagen gesehen, unter denen Hühner umherlaufen oder Himbeersträucher gedeihen. Allerdings müsse man beim Netzausbau schneller werden, betonte der Minister. Zudem werde das Thema Speicherung immer wichtiger, ob mit Batterien oder durch die Herstellung von grünem Wasserstoff. Beim Wasserstoff setze er nach wie vor auf einen Durchbruch.
Neben Wies werden in absehbarer Zeit noch drei weitere Agri-PV-Anlagen in Dorfen ans Netz gehen. Die Sonnenstrom-Produzenten wollen auf sechs Hektar in Niederhöning, fünf Hektar in Pfaffing und acht Hektar in Kleinkatzbach Anlagen errichten. Damit sollen weitere 20 Megawatt eingespeist werden. In Gegensatz zu der Anlage in Wies sollen die Paneele allerdings nicht nach Süden ausgerichtet werden, sondern nach Osten und Westen, um insbesondere in den Morgen- und Abendstunden Strom zu ernten.

