Freilichtaufführung in Erding:Wie vor 400 Jahren

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Die Volksspielgruppe Altenerding probt in der dortigen Turnhalle Kampfszenen für die Schwedenspiele. Norbert Obermaier (links) attackiert als Schwede einen Erdinger Bürger, dargestellt von Robert Jell. (Foto: Volksspielgruppe/oh)

Die Proben für die Schwedenspiele der Volksspielgruppe Altenerding laufen. Schon fünf Mal wurde das Stück zu den Ereignissen des Dreißigjährigen Kriegs seit 1978 aufgeführt, aber noch nie war ein echter Krieg so nah. Deshalb soll der Fokus dieses Mal auf die Hoffnung ausgerichtet sein.

Von Regina Bluhme, Erding

Zwei Schritte rechts, zwei Schritte links, Drehung: So ging es los im Workshop für Schwerterkampf, den zwölf Männer der Volksspielgruppe (VSG) Altenerding am vergangenen Wochenende besucht haben. Was am Freitag mit Tanzschrittkombinationen begonnen hat, stellte sich bis Sonntag als hartes Training heraus. Bühnenschaukampf will gelernt sein und gekämpft wird jede Menge in den Schwedenspielen, die im Juni und Juli vor dem Schönen Turm stattfinden werden. Schon fünf Mal wurde das Stück von der VSG seit 1978 aufgeführt, aber noch nie war ein echter Krieg so nah. Deshalb soll der Fokus dieses Mal auf die Hoffnung ausgerichtet sein. Auf die Gewissheit, dass Not und Elend überwunden werden können, so wie es Erding vor fast 400 Jahren geschafft hat nach der verlorenen Schlacht.

Die Handlung des Stücks ist ernst. Zeitpunkt des Geschehens: Erding 1632. Der Dreißigjährige Krieg hat Bayern erreicht. Ein letztes Aufgebot stellt sich den Eroberern in den Weg - erfolglos. Die Schweden ziehen durch die Lande und Erding wird von deren Armee überrollt, so lautet die Kurzversion zu dem Spektakel, das sich im Juni und Juli in der Erdinger Altstadt abspielen wird. Es ist aktuell leider so, dass damit die Gedanken sofort in Richtung Ukraine gehen, wo sich ein schrecklicher Krieg abspielt. Natürlich habe sich die Volksspielgruppe darüber Gedanken gemacht, erklärt Renate Eßbaumer, die zusammen mit Manuela Schieder Regie führt. Die Handlung sei hart. In der Neuinszenierung unter den Regisseurinnen und Spielleiter Erich Peinelt werde ein Erzähler eingeführt, der im Prolog und Epilog mit dem Blick von heute das Geschehen betrachtet.

Der Schwerpunkt soll auf Hoffnung und Wiederaufbau liegen

Der Schwerpunkt solle nicht auf den Wunden des Krieges liegen, sondern auf der Hoffnung auf einen Wiederaufbau. "Nach Abzug der Schweden standen in Erding noch elf Häuser - und die Stadt hat sich wieder derappelt. Das wollen wir betonen", erklärt Eßbaumer. Die VSG sei sich aber auch einig: Sollte wegen des Kriegsgeschehens das Volksfest abgesagt werden, dann werde auch die VSG die Schwedenspiele zurückziehen.

Doch noch hat die VSG Hoffnung, dass die Aufführung stattfinden kann. Nach langer Corona-Pause, endlich wieder Theater spielen. Geprobt wird zweimal wöchentlich. Unter der Anleitung des Bühnenkampftrainers Matthias Fittkau mussten die zwölf Männer des Vereins nun drei Tage lang schwitzen. Fittkau kommt aus Freiburg und hat durch Vermittlung des Verbands Bayerischer Amateurtheater die Erdinger Schauspieler angeleitet. In der Turnhalle in Altenerding ging es mit einfachen Schrittkombinationen ohne Waffe los, wie Eßbaumer informiert. "Wozu brauche ich das denn", habe sich dabei anfangs der eine oder andere gedacht, "ich lerne doch nicht Tanzen". Und doch habe Bühnenschaukampf sehr viel gemein mit der Choreographie der Tänzer. "Absolut vergleichbar mit einem einstudierten Tanz", so Eßbaumer.

Am zweiten Tag der Proben sind schon flüssige Kampfszenen zu erkennen

Bereits am nächsten Tag konnte man flüssige Kampfhandlungen zwischen "Erdinger Bürgern" und den schwedischen Angreifern erkennen, so beschreibt es Renate Eßbaumer. Dass Fittkau mit englischen Ansagen um sich warf wie "Strike! Strike!" war für manchen Erdinger Kämpfer ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Kein Problem hatte damit ein Neuzugang, ein englischsprachiger Mitspieler, der erst kürzlich aus Ägypten des Berufs wegen nach Erding gezogen ist.

Am Gründonnerstag wird um elf Uhr am Gebäude der VR-Bank in Erding ein von Harry Seeholzer gestaltetes, meterhohes Plakat angebracht, das für die Schwedenspiele werben soll. Ein paar Schauspieler werden sich dort auch einfinden. Mittlerweile sind alle Rollen besetzt, Reiter und Landfähnler, Söldner, Knechte, Mägde und Bürger. Dieses Mal hätten sich viele junge Leute gemeldet, dank Werbeaktionen auf Instagram und Facebook. "Insgesamt stehen 206 Leute auf der Liste", so Renate Eßbaumer. Alle Hände werden gebraucht, auch zum Bühnenbau.

Jörg Schnell spielt den Lagerkommandanten, im Bild schon einmal passend eingekleidet und geschminkt. (Foto: Volksspielgruppe/oh)

Wie schon bei den Aufführungen zuvor, wird eine Tribüne für fast 900 Personen auf der Landshuter Straße vor dem Rathaus aufgebaut. Der Schöne Turm ist abgesperrt, Kulissen links und rechts davon stellen das Bühnenbild dar. Der Vorverkauf läuft, die VSG hofft auf viele Zuschauer. Sollte nach Abzug aller Spesen Geld übrig bleiben, will der Verein der Tafel Erding eine Spende zukommen lassen, sagt Renate Eßbaumer. Die Tafel erlebt gerade einen Ansturm, auch weil viele Geflüchtete aus der Ukraine jetzt auf sie angewiesen sind.

Der Kartenvorverkauf für die Schwedenspiele der Volksspielgruppe Altenerding läuft bereits über die Stadthalle Erding. Aufführungen sind jeweils Donnerstag, Freitag und Samstag von 23. Juni bis 23. Juli. Beginn ist jeweils um 21 Uhr (mit Biergartenbetrieb).

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