"Schule fürs Leben":Im Kuhstall fürs Leben lernen

"Schule fürs Leben": So wie diese Kinder auf dem Bild hier, sollen möglichst sich viele Schüler und Schülerinnen einmal vor Ort die Arbeit auf einem Bauernhof ansehen.

So wie diese Kinder auf dem Bild hier, sollen möglichst sich viele Schüler und Schülerinnen einmal vor Ort die Arbeit auf einem Bauernhof ansehen.

(Foto: Christian Endt)

Unterricht einmal anders mit den Projektwochen des Bayerischen Bauernverbands

Von REgina Bluhme, Erding

Viele Schüler und Schülerinnen haben eine komplett falsche Vorstellung von der Landwirtschaft. Davon ist zumindest Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) überzeugt, wie er jüngst bei einem Pressetermin ausführte. Die Projektwochen "Schule fürs Leben" des Bayerischen Bauernverbands wollen das ändern. Vom Grundschüler bis zum Abiturienten sollen möglichst alle mal einen Bauernhof besucht haben. Zum Auftakt übergab Kreisbäuerin Irmgard Posch am Montag an Regine Hofmann, Schulleiterin des Anne-Frank-Gymnasiums (AFG) Erding, stellvertretend für alle Schulen eine Broschüre, in der mehrere Experten und 18 Betriebe aus dem Landkreis aufgeführt sind. Klassen aller Jahrgangsstufen und Schularten können einen Besuch vor Ort vereinbaren oder Landwirte und Bäuerinnen für eine Biologie- oder Sachkundestunde buchen.

Der Pausenhof des Anne-Frank-Gymnasiums war vielleicht nicht der perfekte Ort um über Schulbücher zu schimpfen, aber Bayerstorfer, der bekanntlich aus dem Agrarsektor kommt, ließ es sich nicht nehmen: Was die Landwirtschaft betreffe, sei in einigen Büchern vieles fachlich falsch, komplett verzerrt, mitunter werde einfach "Blödsinn" an Kinder und Jugendliche weitergegeben. Von einer industrialisierten Landwirtschaft, sprich Monokultur oder Massenbetrieb, könne im Landkreis Erding keine Rede sein. Die Durchschnittsgröße der etwa 1900 Betriebe betrage circa 35 Hektar. Die Landwirtschaft im Landkreis zeichne sich zudem durch eine vielfältige Struktur mit Gemüse, Ackerbau, Milchvieh, Rindern und Wald aus. Die Schüler müssten ein Bewusstsein entwickeln für die Leistung der heimischen Landwirtschaft, für heimische Produkte. Er sehe da "höchsten Aufklärungsbedarf".

Erdings Kreisbäuerin Irmgard Posch sieht das ähnlich. Die Menschen, gerade die Jugend, müsse wieder lernen, das wertzuschätzen, was durch die Arbeit der Landwirte entstehe. Posch führt in Giesering, Gemeinde Isen, einen Milchviehbetrieb. Sie hatte bereits Schulklassen am Hof, "wenn zum ersten Mal 40 bis 50 Achtklässler vor dir stehen, dann schwitzt man schon", räumte sie ein. Aber die Nervosität habe sich bald gelegt und sie habe festgestellt, dass Praxis eben doch was anderes ist als Theorie. Was sich bildlich vor Augen führen lasse, das hinterlasse einen stärkeren Eindruck.

Die teilnehmenden Bauernfamilien wollen den Klassen einen Einblick geben in ihre Arbeit, wie sie Lebensmittel oder Energie erzeugen. Zugleich sollen mehr Alltagskompetenzen vermittelt werden - eine langjährige Forderung der BBV-Landfrauen, die nun umgesetzt wird. Und so geht es bei den Projektwochen auch um die Themen Ernährung, Gesundheit, Haushaltsführung, selbstbestimmtes Verbraucherverhalten und Umweltverhalten.

AFG-Schulleiterin Regine Hofmann betonte den Auftrag der Schulen, die Kinder und Jugendlichen "auf das Leben vorzubereiten". Ganz neu ist der Besuch am Bauernhof auch wieder nicht. Die Fachschaft Biologie am AFG habe schon verschiedene Projekte gestemmt, "aber letztendlich sind wir ein Theoriebetrieb". Biologielehrer Jürgen Rojacher erklärte, in der Praxis "fehlt uns schon noch was". Er hofft auf Synergieeffekte. Erdings Schulamtsdirektor Robert Leiter, sagte, es gebe "zum Glück im Landkreis noch viele kleine örtliche Grund- und Mittelschulen mit einer engen Verbindung zur Heimatgemeinde". Ein Besuch auf dem Bauernhof können diese Bindung verstärken.

Kreisobmann Jakob Maier aus Niederding verwies darauf, dass bislang die Schulexkursionen vor allem zu Ökobetrieben erfolgten. 88 Prozent der Höfe im Landkreis arbeiteten jedoch konventionell. "Im Zuge eines Ausgleichs" sollten doch auch diese besucht werden. Noch dazu werden sich seiner Ansicht nach ökologische und konventionelle Betrieb in Zukunft immer mehr annähern.

"Einen Pferdefuß" habe das vom Kultusministerium finanzierte Projekt allerdings, so Irmgard Posch: 400 Euro pro Klasse sei knapp bemessen. Ein Großteil ginge fürs Bus-Chartern weg, "und umsonst wollen wir Bauern es auch nicht machen". Veronika Eicher vom BBV erklärte, es gebe den einen oder anderen zusätzlichen Fördertopf. Regine Hofmann fand 400 Euro "gar nicht so schlecht". Als Schulleiterin sei sie es gewohnt, mit knappem Geld auszukommen. Auch eine Schule fürs Leben.

Weitere Informationen zu den Projektwochen "Schule fürs Leben" gibt es in der BBV-Geschäftsstelle Erding-Freising unter Telefon 08122/945390 oder per E-Mail: Erding-Freising@BayerischerBauernVerband.de.

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