Schulden:Eine drückende Last

Schulden: Auch der Papierkram ist oft ein Grund dafür, dass überschuldete Menschen dringend Hilfe brauchen. Die Caritas und ihre Ämterlotsen können helfen.

Auch der Papierkram ist oft ein Grund dafür, dass überschuldete Menschen dringend Hilfe brauchen. Die Caritas und ihre Ämterlotsen können helfen.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Erdinger Caritas tritt aus Anlass einer Aktionswoche dem Eindruck entgegen, dass die Zahl der überschuldeten Menschen weniger wird. Die Zahl der Insolvenzen ist dafür kein geeigneter Gradmesser

Von Antonia Steiger, Erding

Wenn die Zahl der Privatinsolvenzen zurückgeht, wie dies immer wieder verkündet wird, so sagt das gar nichts darüber aus, ob es wirklich weniger überschuldete Menschen gibt. Die Caritas Erding weist aus Anlass der Aktionswoche "Schulden machen krank" darauf hin, dass ihre Schuldner- und Insolvenzberatungen nichts an Dringlichkeit verloren hat. Ebenso ihre Forderung nach einer besseren Finanzierung. Der Schuldnerberater Ralf Lohrberg stellte klar: Wenn die Zahl der Insolvenzen zurück gehe, kann das ebenso auch daranliegen, dass es nicht genügend Beratungsstellen gibt. Denn ohne Beratungen gibt es weniger Insolvenzen. Auch bei der Caritas Erding kann der Bedarf nicht gedeckt werden. Mehrere Monate müssen Menschen auf einen Beratungstermin warten, wenn sie sich zu einer Insolvenz entschlossen haben.

Wer mit seinen finanziellen Problemen zur Caritas kommt, den drückt das Leid meist schon lange. Ralf Lohrberg ist ihr erster Ansprechpartner, er bietet in Erding und Dorfen Beratungsgespräche an und hat festgestellt, dass nicht selten die Dorfener lieber nach Erding und umgekehrt kämen. Denn das Thema Schulden ist mit Pein und Scham behaftet. Bevor es daran geht, die Schulden zu reduzieren, bemüht sich Lohrberg darum, wie er sagt, dass die Betroffenen lernen, mit ihren Einnahmen die Ausgaben zu decken. "Wir arbeiten nachhaltig", sagt Lohrberg. Erst wenn die Betroffenen sich versorgen können, unter anderem mit einem Pfändungsschutzkonto, das beispielsweise einem allein stehenden verschuldeten Menschen 1073 Euro monatlich aus seinen Einnahmen sichert, erst dann richtet man bei der Caritas einen Blick auf den Schuldenstand und auf die Forderungen. Dann kommt eine mögliche Insolvenz ins Spiel - ungefähr bei jedem Dritten, wie Lohrberg sagt.

"Viele wollen aber auch gar nicht in die Insolvenz. Sie wollen ihre Schulden zurückzahlen", sagt Lohrberg. Viele müssten aber auch erst einmal so weit gebracht werden, dass sie in Insolvenz gehen können. Körperliche oder seelische Erkrankungen könnten ein Hindernis sein, aber auch fehlende Bereitschaft zur Mitarbeit oder fehlende Einsicht. Wer sich zur Insolvenz entschließt, landet bei der Caritas bei Jessica Sossau-Thiede - und muss erst einmal warten. Derzeit sind es drei bis vier Monate, während der die Betroffenen weiter von Lohrberg betreut werden. "Das Insolvenzverfahren ist komplizierter geworden", sagt Sossau-Thiede. Deswegen dauern sie länger, und die Wartelisten werden ebenfalls länger. Vor dem Gang zum Gericht muss sich Sossau-Thiede mit ihrem Klienten aber erst noch um eine außergerichtliche Einigung bemühen, so will es das Gesetz. "Und das klappt immer seltener. Das ist mir ein Rätsel", sagt sie. Bei einer außergerichtlichen Einigung bekommen die Gläubiger einen Plan vorgelegt, wann sie mit wie viel des ausstehenden Geldes rechnen können. Laut Sossau-Thiede ließe sich das leicht vergleichen mit dem, was bei einem Insolvenzverfahren zu erwarten sei - bloß dass bei einer Insolvenz Gerichte und Rechtsanwähle einbezogen werden und daran verdienen. Volkswirtschaftlich sei dies ein Schaden, sagt die gelernte Bankkauffrau. Wenn der Klient dafür das Geld nicht habe, zahle der Staat - "also wir alle".

Angespannt ist aber nicht nur die finanzielle Situation der überschuldenden Privatpersonen, sondern auch die der Caritas. Der Zuschuss des Landkreises decke etwa vierzig Prozent der Schuldnerberatung ab, sagte Caritas-Geschäftsführerin Barbara Gaab. Andere Landkreisen decken ihr zufolge achtzig Prozent ab. Die Schuldnerberatung sei Sache der Landkreise, sagt sie. Der Landkreis Erding bietet aber auch selbst eine Schuldnerberatung an. Höhe und Form der Unterstützung seien nicht festgeschrieben. Spenden und auch der Zuschuss der Zollner-Leihfonds-Stiftung der Stadt Erding helfen, diese Unterfinanzierung zu bekämpfen.

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