Schülerbeförderung:Drei Stunden im Bus

Der Landkreis streicht zum kommenden Schuljahr eine Linie zwischen Wartenberg und Freising. Die Schüler sollen über Erding fahren und sind morgens und abends je 90 Minuten unterwegs. Widerstand regt sich

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Das Schreiben des Landratsamtes Erding an die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Wartenberg ist kurz gewesen, die Empörung bei Gemeinderäten und Bürgermeistern groß: Mit Beginn des Schuljahres 2017/18 gibt es keinen Schulbus mehr von Wartenberg zu Schulen in Freising. Derzeit fahren an machen Tagen bis zu 39 Schüler zwischen Wartenberg und Gaden mit dem Bus. Sie sollen von September an erst mal nach Erding und dort umsteigen. 19 von ihnen haben zurzeit einen Beförderungsanspruch. Aus Sicht des Landratsamtes ist "die Anbindung gegeben und die Ankunft an den Schulen zeitgerecht". Dass sich die Fahrzeit selbst im günstigsten Fall von rund 40 auf 90 Minuten mehr als verdoppelt, bleibt unerwähnt.

Langenpreisings Bürgermeister Peter Deimel ist ein wenig fassungslos: "Es kann doch nicht sein, dass da was am grünen Tisch entschieden wird, ohne an die Konsequenzen zu denken und ohne die Gemeinden anzuhören." Die Bürgermeister der Verwaltungsgemeinschaft seien sich einig: "Das können wir nicht so einfach hinnehmen, da werden wir Protest einlegen." Auch Wartenbergs Bürgermeister Manfred Ranft ist ein wenig angefressen: "Einfach so mit einem Schreiben davon informiert zu werden, ist kein guter Ton. Man kann doch den Schülern nicht einfach sagen, ihr müsst künftig erst nach Erding fahren, um nach Freising an eure Schulen zu kommen."

Bisher ist der Schulbus, den die Kistler Bustouristik aus Dorfen betreibt, um 6.55 Uhr von Wartenberg losgefahren. Haltepunkte nach Freising waren Langenpreising, Zustorf, Heinrichsruh bei Berglern, Gaden und Eittingermoos. In Freising trifft der Bus gegen 7.30 Uhr ein und fährt die Berufs- und Wirtschaftsschule und das Camerloher Gymnasium an. An manchen Tagen sitzen in Freising bis zu 50 Schüler im Bus, sagt Busunternehmer Benedikt Kistler.

Das Landratsamt begründet den Wegfall des Schulbusses im Schreiben so: "Aufgrund eines Beschlusses des Strukturausschusses schafft der Landkreis für den Ortsteil Eittingermoos eine neue Verbindung mit dem öffentlichen Bus. Damit wird sich für Eittingermoos erstmals eine Anbindung mit einem öffentlichen Linienbus nach Erding und Freising ergeben." Was für Eittingermoos eine Verbesserung ist, bedeutet für einige Schüler ein Verschlechterung. Ihre Verbindung fällt weg, "weil eine Doppelbedienung weder sinnvoll noch finanziell vertretbar ist", wie das Landratsamt schreibt. Die Fahrgastzahlen der Kistler-Linie seien zudem rückläufig, nachdem in Erding heute auch ein FOS/BOS und ein musisches Gymnasium angeboten werde. Einzig eine Wirtschaftsschule gebe es in Erding nicht. Beförderungsanspruch bestehe nur für 19 Schüler, davon kommen fünf Schüler aus Wartenberg oder Langenpreising. Bis auf zwei Schüler seien alle mindestens in der 9. Klasse. Ab der 11. Klasse erlösche der Beförderungsanspruch in der Regel.

Das Landratsamt hat keine Problem damit, dass Fahrgäste künftig nach Freising und zurück über Erding fahren müssen. Schüler aus Langenpreising müssen vom nächsten Schuljahr an um 6.18 Uhr an der Schule in den 501er-Bus einsteigen, um dann um 6.51 Uhr (Alternativ 6.47 Uhr Gestütring) am Erdinger Bahnhof zu sein. Dort fährt um 6.53 Uhr der 511er nach Freising los. An der Berufsschule in Freising ist er um 7.48 Uhr. Gesamtfahrtzeit: 90 Minuten.

Oberstudiendirektor Matthias Fischer von der Berufsschule Freising sieht die lange Fahrzeit und das frühere Aufsehen für seine Schüler nicht als größeres Problem an. "Wenn sie Blockunterricht haben, ist es ja nicht jeden Tag. Viele werden auf das Auto ausweichen oder vielleicht Fahrgemeinschaften bilden. Für jüngere Schüler ist die Streichung aber weniger gut."

Für Andrea Bliese, Schulleiterin des Camerloher-Gymnasium, ist der Entschluss "pädagogisch nicht sinnvoll", auch wenn sie die Argumente des Landratsamtes kennt. "Dann heißt es für die betroffenen Schüler: Entweder ihr wechselt auf ein Erdinger Gymnasium oder nehmt halt die längere Fahrzeit in Kauf." Was bei letzterem auch dreimal in der Woche einen Zwölfstunden-Schultag bedeute. "Denn man darf ja nicht nur den Hinweg sehen. Und dreimal in der Woche haben die Kinder Nachmittagsunterricht und kommen nicht vor 16 Uhr raus", sagt Bliese.

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