Schöffengericht:Rauschgiftdepot im Couchtisch

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22-Jähriger gibt an, die Drogen zur Therapie gegen ADHS verwendet zu haben. Die Richter überzeugt er damit nicht

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Manchmal enden Freundschaften recht abrupt, zum Beispiel wenn einer den anderen verpetzt. Wie bei einem Fall, den das Ebersberger Amtsgericht jetzt verhandelte: Ein 23-jähriger Mann war unter Drogeneinfluss im Mai 2017 mit seinem Auto in eine Polizeikontrolle geraten. Die Staatsanwaltschaft bot ihm an, die Strafe zu mildern, sofern er die Namen seiner Dealer verrate. Das tat er, einer von ihnen musste sich nun vor dem Schöffengericht verantworten.

Fast 80 Gramm Marihuana, ein wenig Haschisch, MDMA, LSD und Speed im Wert von 1500 Euro: Die Polizei stellte eine üppige Menge an Drogen bei dem 22-Jährigen im nördlichen Landkreis Ebersberg sicher. Alles für den Eigenbedarf, wie der Mann vor Richter Markus Nikol behauptete. Gehandelt habe er mit den Betäubungsmitteln nie. "Ich habe das genommen, weil ich ADHS habe und es mir durch die Drogen besser ging", sagte er. ADHS diagnostizierte ein Arzt dem Mann bereits im Kindesalter. In seiner Jugend kam er das erste Mal mit Drogen in Kontakt und merkte nach eigenen Angaben, dass dies seine ADHS-Symptome milderte. Bei der Krankenkasse stellte er einen Antrag auf eine Behandlung mit medizinischem Cannabis, der jedoch abgelehnt wurde. Also beschaffte sich der 22-Jährige die Drogen auf illegalem Weg.

Im Durchschnitt habe er jeden Tag drei Gramm Marihuana geraucht. Für gewöhnlich vertragen eine solche Menge nur regelmäßige Konsumenten, ohne danach apathisch auf der Couch auszuharren. "Wie muss ich mir das vorstellen: Sie standen morgens auf und rauchten erst einmal einen Joint, und das ging dann über den Tag verteilt so weiter?", erkundigte sich Richter Nikol. Genau so sei es gewesen, versicherte der 22-Jährige. Es sei kein Feier-Genuss gewesen, sondern ein konstanter Konsum über alle Tage und Tageszeiten hinweg verteilt. "Mir ging es dadurch körperlich und mental besser, und ich trank auch viel weniger Alkohol."

Als die Polizei die Drogen bei ihm sichergestellt hat, war der Mann arbeitslos. Abzüglich Miete hatte er 400 bis 500 Euro monatlich zur Verfügung. Der 22-Jährige behauptete, Freunde hätten ihm die Drogen billiger verkauft. "Ich habe dafür nur ungefähr 750 Euro gezahlt." Dass er mit den Drogen gehandelt habe, um sich seinen Konsum leisten zu können, bestritt der Angeklagte. Der Mann, der den Polizeibeamten seinen Namen verraten hatte, sei zwar an diesem Tag bei ihm gewesen, um Drogen zu kaufen. "Aber das habe ich verweigert, weil ich ja nichts verkaufe und das Zeug für mich gebraucht habe", sagte der 22-Jährige. Das wiederum leugnete der ehemalige Freund und angebliche Kunde, der als Zeuge vor Gericht aussagte. Er wusste sogar, der Angeklagte seine Drogen versteckte: in einem kleinen Schubfach seines Couchtisches.

In ihrem Plädoyer zeigte sich die Staatsanwältin nicht überzeugt von der Aussage des Angeklagten. "Die erhebliche Menge, die bei ihm gefunden wurde, spricht dagegen, dass es für den reinen Eigenbedarf war." Sie erkannte aber die positive soziale Entwicklung des 22-Jährigen an, der mittlerweile zur Drogenberatung geht, in einem Jugendwohnheim in einem anderen Landkreis wohnt und sich um einen Ausbildungsplatz bemüht. Das Schöffengericht blieb mit seinem Urteil von vier Monaten weit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft: ein Jahr und vier Monate Haft auf Bewährung sowie eine Geldauflage von 1500 Euro.

© SZ vom 30.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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