Kirchenführung:Mit Leidenschaft und Zertifikat

Lesezeit: 3 Min.

Beeindruckende Innenansicht der Kirche Mariä Verkündigung in Altenerding. (Foto: Stephan Görlich)

Christian Numberger hat sich in mehreren Kursen zum Kirchenführer ausbilden lassen. Neben Stilkunde und Kirchengeschichte hat er auch geübt, wie er seine Exkursionen lebendig und informativ gestaltet. Im Landkreis Erding gibt es jede Menge zu entdecken.

Von Regina Bluhme, Erding

Im Italienurlaub gehört der Besuch einer der vielen Kirchen fest zum Programm der Besichtigungstour: Wie toll das Licht durch die bunten Glasfenster fällt. Welch hübsches Lächeln die Marienfigur dort drüben hat. Und dann das Deckenfresko! Zuhause würde sich ein Blick ins Innere einer Kirche ebenfalls lohnen, davon ist Christian Numberger überzeugt. Am Dienstag erst hat er mit etwa 100 Interessierten eine Exkursion durch Mariä Verkündigung in Altenerding unternommen. Der Erdinger ist zertifizierter Kirchenführer und er weiß: Eine gute Führung beginnt vor der Tür.

Das Gotteshaus Mariä Verkündigung, das dieses Jahr 300. Weihejubiläum feiert, ist Christian Numberger vertraut. Hier absolvierte er seine "Probeführung" für die Zertifizierung als Kirchenführer, nachdem er vor zwei, drei Jahren mehrere Grund- und Aufbaukurse beim Katholischen Bildungswerk (KBW) Erding besucht hatte. Die "Probe" begutachteten damals Kunsthistorikerin Martina Außermeier, Fachreferentin in der Hauptabteilung Kunst im Erzbischöflichen Ordinariat München-Freising, sowie KBW-Fachreferent Nikolaus Hintermaier. Zudem musste Numberger eine zweiseitige Ausführung über die Kirche verfassen. Es hat damals alles geklappt. Seither ist er "zertifizierter Kirchenführer" mit eigenem Ausweis.

Der zertifizierte Kirchenführer Christian Numberger. (Foto: Stephan Görlich)
Eine Besonderheit in Mariä Verkündigung ist die Schiffskanzel. (Foto: Stephan Görlich)

"Eigentlich beginnt eine Kirchenführung immer von außen", erzählt Christian Numberger, der im Hauptberuf Leiter des Fachbereichs "Jugend und Familie" am Landratsamt Erding ist. Das Gebäude an sich erzähle bereits eine Geschichte. So lasse sich von der Form des Turms der Erbauer erkennen. In Erding zum Beispiel spielt die Familie Kogler eine große Rolle. Die 1724 geweihte Kirche Mariä Himmelfahrt wurde zum Beispiel von Anton Kogler erbaut. Er schuf im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts viele Kirchen im Landkreis.

Von außen war am Dienstag aufgrund der Dunkelheit leider nicht viel zu erkennen, doch drinnen wartete auf die Teilnehmer und Teilnehmerinnen unter anderem diese Besonderheit: Eine sogenannte Schiffs- oder Fischerkanzel, von der es laut Numberger nur fünf Exemplare in Bayern gibt, davon zwei im Landkreis Erding. Die ältere der beiden befindet sich in Niederding. Die Kanzel in Altenerding, gestaltet als Schiff auf blauen Wellen, stammt vom Landshuter Bildschnitzer Christian Jorhan und ist ein echter Hingucker: Im Fischerkahn mit Jesus sind der Heilige Andreas und Petrus fleißig am Rudern.

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Und wer nach oben schaut, der blickt in den Heiligenhimmel, wo einer Mutter Gottes die fünf Erdteile und zahlreiche Heiligen zu Füßen liegen. Christian Numberger kann alle Heiligen anhand ihrer Ausstattung erkennen, der Heilige Benno zum Beispiel wird mit Fisch und Schlüssel dargestellt, während der Heilige Vitus am Kupferkessel zu erkennen ist. Es ist diese barocke Bilderwelt, die Christian Numberger fasziniert. Jedes Detail besitze eine Bedeutung und habe eine Geschichte zu erzählen.

Während der Ausbildung zum Kirchenführer hat Numberger unter anderem die verschiedenen Stilepochen der sakralen Kunst und Architektur kennengelernt. In Didaktik- und Methodikkursen hat er erfahren, wie man Kirchenführungen so gestaltet, dass auch jemand, der sich generell für Kunst und Geschichte interessiert, gerne teilnimmt.

Christian Numberger erläutert den mehr als 100 Zuhörern die Geschichte der Altenerdinger Kirche. (Foto: Stephan Görlich)
Außenansicht von Mariä Verkündigung bei Nacht. (Foto: Stephan Görlich)

Der Landkreis Erding ist reich an herausragenden sakralen Kunstschätzen, weiß Numberger. Als Beispiel nennt er das "Meisterwerk", den spätgotischen Flügelaltar von Rocklfing bei Wartenberg. Oder das Gemälde "Maria mit den 14 Nothelfern" von 1822 in der Kirche in Grünbach bei Bockhorn, wo sich in einer Ecke der Künstler zusammen mit dem Stifter selbst verewigt hat und im Hintergrund eine kleine zeitgenössische Ansicht des Dorfes Grünbach mit dazu.

Der Historische Verein unternimmt mit seiner Vorsitzenden Heike Kronseder, die sich in ihrer Doktorarbeit dem Thema Fischerkanzeln gewidmet hat, immer wieder Exkursionen zu größeren und kleineren Gotteshäusern im Landkreis. Es gibt hier ja genügend, nahezu jedes noch so kleine Dorf hat seine Kirche. Zuletzt ging es auf Fahrt mit Kulturvermittlerin Carmen Reinstädler zu den "Schönheiten und kulturellen Bedeutsamkeiten" in den Kirchen St. Sylvester in Harthofen, St. Michael in Reithofen und Heilig Kreuz in Haidberg, wie Heike Kronseder in einer Pressemitteilung informierte.

St. Sylvester zum Beispiel besitze einen schönen Turm mit Spindelhelm, St. Michael in Reithofen "glänzt durch die Ausstattung des Barock und frühen Rokoko", so Kronseder. Und die katholische Filialkirche Heilig Kreuz in Haidberg sei ein Saalbau mit schönem Zwiebelturm. Anton Kogler dürfte laut Kronseder als Baumeister infrage kommen.

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