Saftige Geldstrafe:Streit endet nach einer Minute am Boden

Zwei Männer attackieren in der Therme einen Badegast. Doch der ist Amateurboxer und weiß sich zu wehren

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Sie waren gut alkoholisiert - rund 1,3 Promille jeweils, und meinten, sie könnten nach dem rund dreistündigen Besuch der Therme Erding im Umkleidebereich die Frau eines anderen Gastes belästigen. Doch da waren sie an den Falschen geraten. Nachdem ihn einer der beiden am Hals gepackt und der andere dem Ehemann der Frau einen Faustschlag verpasst hatte, wehrte sich dieser und binnen einer Minute war alles vorbei und beide Angreifer lagen am Boden, einer von ihnen musste sogar ambulant im Krankenhaus behandelt werden. Der Angegriffene war früher in einer Amateur-Boxstaffel bei 1860 und Kickboxer. Da die beiden Männer aber zuerst zugeschlagen hatten, wurden auch beide wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung angeklagt und jetzt zu Geldstrafen von 4500 beziehungsweise 3600 Euro verurteilt. Die "eigentliche Strafe", so die Staatsanwältin, sei "in der Situation bereits auf dem Fuße gefolgt".

Die Angeklagten waren jetzt zum zweiten Mal vor dem Amtsgericht. In der Verhandlung im März hatte Richter Andreas Wassermann nach der Beweisaufnahme angeboten, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro einzustellen, wenn beide Angeklagten gestehen würden, dass alles so abgelaufen ist, wie im Strafbefehl geschrieben. Doch der jüngere Angeklagte widersprach damals auf Anraten seines Anwalts. Da die bei der Auseinandersetzung ebenfalls leicht verletzte Ehefrau wegen ihrer Schwangerschaft im März nicht aussagen konnte, musste nun die Verhandlung mit allen Zeugen neu aufgenommen werden.

Auch diesmal beteuerte anfangs der 24-Jährige, dass das Ganze auf einem Irrtum beruht habe. Er habe nicht die Frau des Gastes angemacht, sondern seine Worte seien an seinen 25-jährigen Freund gerichtet gewesen, mit dem er sich gestritten habe. Er selber habe nichts gemacht, nur sein Freund habe, als der Ehemann in "Kampfstellung" gegangen sei, zuerst mit der rechten Faust ins Gesicht des ihm eigentlich unbekannten Gastes geschlagen. Der 25-Jährige begründete den Schlag damit, dass er es mit der Angst bekommen habe, als er die hochgehobenen Fäuste des Mannes gesehen habe - und deshalb zuschlug. Und die Hitze aus der Therme und der Alkohol hätten ihren Anteil gehabt.

Nach den erneuten Zeugenaussagen eines Polizisten, zweier Securitymitarbeiter der Therme, sowie des angegriffenen 30-Jährigen, seiner diesmal anwesenden Ehefrau und eines Freundes der zwei Angeklagten, der am Abend mit in der Therme war, aber eher schlichtend einzugreifen versuchte, blieb es beim Sachverhalt wie in der März-Verhandlung. Die alarmierte Security hatte beim Ankommen nur noch das Ergebnis der Auseinandersetzung gesehen. Vor allem der Jüngere sei noch sehr aggressiv gewesen und habe gebändigt werden müssen. Der attackierte 30-Jährige sei im Gegensatz dazu sehr ruhig gewesen, sagte der damalige Securitymitarbeiter erneut aus. Der Polizei, die mit fünf Einsatzfahrzeugen zur Therme geeilt war, war nur die Aufnahme der Personalien und der ersten Aussagen geblieben.

Richter Andreas Wassermann erklärte daraufhin den beiden Angeklagten, dass die Staatsanwaltschaft angeboten habe, wenn beide sich voll geständig zeigten und bestätigten, das alles so abgelaufen sei, wie es in der Anklageschrift steht, nur eine Geldstrafe statt Haft zu fordern. Einen Anwalt hatte der Jüngere diesmal nicht. Der hatte zwischenzeitlich das Mandat nieder gelegt. Eine Einstellung, wie im März angeboten, sei vom Tisch, so Wassermann. Nach kurzer Bedenkzeit und einem Telefonat ging auch der 24-Jährige darauf ein.

Zugute kam beiden nicht nur das späte Geständnis, sondern auch, dass beide keine Vorstrafen haben und zudem alkoholbedingt wohl enthemmt waren. Dass beide schwerer verletzt wurden als der von ihnen angegriffene Ehemann, der nur seine Frau verteidigen wollte, hätten sich die beiden Angeklagten selber zuzuschreiben, sagte Richter Wassermann. In einem ging der Amtsrichter nicht ganz konform mit der Staatsanwaltschaft: diese hatte auf eine Strafverfolgung des zunächst ebenfalls wegen Körperverletzung angeklagten 30-Jährigen verzichtet, da dieser in Notwehr gehandelt habe. "Für mich ist es aber fraglich, ob dabei die Grenzen der Selbstverteidigung eingehalten wurden", sagte Wassermann. Der Ehemann habe schon "ordentlich ausgeteilt". Beide Angeklagten seien "einfach an den Falschen geraten", sagte Andreas Wassermann.

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