Säuglinge mit Schlafproblemen:Schreibaby-Ambulanz wird gut angenommen

Die Erziehungsberatungsstelle des Landkreises hilft immer mehr Kindern unter drei Jahren - und ihren Eltern

Von Thomas Daller, Landkreis

Die Erziehungsberatungsstelle des Landkreises ist im vergangenen Jahr in 664 Fällen aktiv geworden. Auffallend dabei ist, dass sich die Schwerpunkte in den vergangenen zehn Jahren stark verschoben haben. Kinder unter drei Jahren waren mit lediglich 17 Fällen im Jahr 2006 wenig präsent. 2016 ist ihr Anteil auf nunmehr 107 gestiegen. Ein ganz wesentlicher Faktor für diese Entwicklung ist die Schreibaby-Ambulanz der Beratungsstelle, die sehr gut angenommen wird.

Die Zahlen wurden diese Woche im Jugendhilfeausschuss des Kreistags vorgestellt. Demnach sind die Fallzahlen insgesamt leicht rückläufig, nicht aber die Zahlen der Beratungstermine. Sie steigen jährlich an, da die Komplexität der Fälle deutlich zugenommen habe. Die drei Psychologen und drei Sozialpädagogen der Beratungsstelle beobachten, dass insbesondere psychische Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten und psychosomatische Störungen bei Kindern und Eltern zunehmen. Eine weitere auffällige Veränderung sei der exzessive Medienkonsum bei Kindern, Jugendlichen und deren Eltern: "Problematisches Medienverhalten kann auch schon bei Kleinkindern beobachtet werden", heißt es im Vorlagebericht.

Über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg fallen starke Schwankungen in der Altersstruktur auf. Am häufigsten konsultiert wird die Erziehungsberatungsstelle wegen Kindern im Alter von neun bis elf Jahren. 192 Fälle waren es 2006, 140 im vergangenen Jahr. Zweitstärkste Gruppe waren vor zehn Jahren Kinder im Alter von zwölf bis 14 Jahren. Ihre Zahl ist von 140 auf 68 gesunken und damit von der Zahl der Fälle mit Kindern unter drei Jahren überholt worden. 2006 hatten Babys und Kleinkinder nur einen Anteil von 2,5 Prozent, der mittlerweile auf 16,4 Prozent gestiegen ist.

Eine gewichtige Rolle spielt dabei die Schreibaby-Ambulanz. Eltern von Neugeborenen erhalten vom Landkreis eine Elternmappe, in der auch auf dieses Angebot hingewiesen wird. Durch diesen hohen Bekanntheitsgrad wird diese Unterstützung auch sehr gut angenommen. In der Schreibaby-Ambulanz lernen die Eltern, die Signale des Kindes richtig zu deuten. Sie erhalten bei der Anmeldung zunächst ein Schlafprotokoll, das ihnen zugeschickt wird. Bis zum eigentlichen Termin tragen sie darin die Zeiten ein, in denen das Kind schläft, trinkt oder schreit. Bei Schreibabys ist es schwierig zu erkennen, wann sie müde sind, weil sei keine typischen Signale wie Gähnen oder Augenreiben zeigen. Die Säuglinge sind jedoch ständig übermüdet, weil sie nach einer kurzen Einschlafphase aufwachen, bevor der Tiefschlaf beginnen kann. Die Erziehungsberatungsstelle spricht von einer Regulierungsstörung, der man mit einer Reizminderung begegne. Aus Sicht der Familienberatung wird die Schrei-Ambulanz gut angenommen, nur manchmal leider etwas spät. Manche Eltern würden die Regulierungsstörung nicht als solche erkennen, sondern beispielsweise Blähungen als vermeintliche Ursache vermuten.

Ein weiteres Instrument, das die Erziehungsberatung anbietet, sind die psychoedukativen Eltern-Säugling-Kleinkind-Gruppen. Das Wortungetüm umschreibt die Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind. Eine sichere Bindung trägt dazu bei, dass das Baby weniger schreit und besser einschlafen kann. Die Inhalte sind sehr verwandt mit den Safe-Kursen, die die Erziehungsberatung früher angeboten hat. Doch die Modalitäten, nach denen sich der Kurs zusammensetzt, sind pragmatischer.

Um den Zugang zur Erziehungsberatungsstelle für Familien so einfach wie möglich zu gestalten, will man ein flächendeckendes Angebot an Außenberatungssprechstunden über den gesamten Landkreis verteilt etablieren. Aktuell gibt es die Beratung nur in Erding sowie in der Außenstelle im Klinikum Dorfen. Dieses Angebot soll künftig durch Familienstützpunkte ergänzt werden. Die Gemeinden Fraunberg, Forstern und Taufkirchen haben bereits konkretes Interesse signalisiert. Mittelfristig sollen sechs bis sieben Familienstützpunkte, flächendeckend über den Landkreis verteilt, die Erziehungsberatung stärken.

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