Routineeinsatz mit Gefahrenpotenzial:Rettung in höchster Not

Routineeinsatz mit Gefahrenpotenzial: Proben für den Ernstfall: Der Flugassistent zieht mithilfe einer Winde Opfer und Retter aus dem Wasser in den Hubschrauber.

Proben für den Ernstfall: Der Flugassistent zieht mithilfe einer Winde Opfer und Retter aus dem Wasser in den Hubschrauber.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Hubschrauberstaffel der bayerischen Polizei und das SEK üben einen Routineeinsatz an einem typischen Badesee. Am Kronthaler Weiher lassen sich Szenarien realistisch nachstellen. Außerdem liegt er in der Nähe des Flughafens, wo die Hubschrauberstaffel stationiert ist

Von Max Ferstl, Erding

Hilflos treibt der Schwimmer im Wasser. Er hat sich auf den Rücken gedreht, wedelt mit den Armen. Alleine würde er die gut 30 Meter zum Ufer des Kronthaler Weihers nicht schaffen. Doch Rettung naht. Ein Hubschrauber senkt sich über den See wie eine riesige Libelle, die Rotorblätter wühlen das Wasser auf. Ein Retter seilt sich ab, schnallt das Opfer im Wasser fest. Beide werden über eine Winde in Sicherheit gezogen. Dann geht alles wieder von vorne los.

Für Sebastian Reeck, Pilot bei der Hubschrauberstaffel der bayerischen Polizei, ist so ein Szenario Routine. Übungseinsätze wie am Mittwoch in Erding helfen dabei, schließlich entsteht Routine vor allem durch stete Wiederholung. Fünf bis sechs Mal probt die Hubschrauberstaffel im Jahr, mal mit der Feuerwehr, mal mit Rettungsdiensten, mal mit Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) wie in Erding. Der Kronthaler Weiher biete sich für Trainingseinsätze an, findet Reeck. Er liegt nahe dem Flughafen, wo der Teil der Hubschrauberstaffel stationiert ist, der für den südbayerischen Raum zuständig ist. Auch lassen sich hier "Routineeinsätze an einem typischen Badesee realistisch nachstellen". Damit alles glatt geht, wenn der Ernstfall eintritt.

In der Realität tritt der Ernstfall für die Hubschrauberstaffel relativ selten ein. Nur zwei bis drei Mal im Jahr, schätzt Reeck. Denn die Hubschrauberstaffel steht in der Kommandokette relativ weit oben. Sie kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn Rettungsdienste gerade keinen Hubschrauber zur Verfügung haben - oder wenn es kompliziert wird wie am Ende der Übung.

Wieder treibt das hilflose Opfer, gespielt von einem SEK-Beamten, im See. Wieder senkt sich der Hubschrauber, doch diesmal steuert der Pilot so tief hinab, dass die Kufen sanft ins Wasser tauchen. Der Flugassistent befestigt das Opfer an der Kufe, dann manövriert der Hubschrauber vorsichtig in Richtung Ufer. "Ein Manöver mit Gefahrenpotenzial", findet Reeck. Der Pilot sieht wegen der aufgewirbelten Gischt nichts, muss aber präzise steuern, um nicht zu tief ins Wasser einzusinken. "Es ist die Ultima Ratio, wenn alles ganz schnell gehen muss", sagt Reeck.

Vor drei Wochen musste es schnell gehen, als der leblose Körper einer Frau in der Isar trieb. Da die Strömung zu schnell war, kam nur die sogenannte Kufenrettung in Frage. Das schwierige Manöver gelang, die Reanimierung allerdings nicht. Reeck findet: "Es ist wichtig, dass wir solche Verfahren immer wieder trainieren." Er sagt aber auch, dass es viele Variablen gebe, Strömung, Wind, Treibgut. "Im richtigen Einsatz muss man viel improvisieren."

Noch seltener als die Hubschrauberstaffel wird das SEK in Not geratene Schwimmer aus einem See ziehen. Das sei eher "ein Teilaspekt", sagt einer der Beamten. Die Spezialkräfte kommen normalerweise dort zum Einsatz, "wo Waffen im Spiel sind, also im hochkriminellen Bereich". Für sie ist die Übung Teil eines Spezialisierungsprogramms, das nur wenige absolvieren. Aus diesem Grund war die Gruppe vor einem Monat in Bad Tölz, die Männer übten in einem Strömungsbecken in der Bergwachthalle unter Laborbedingungen. Am Mittwoch nun der Einsatz im Freien, mit allen Unwägbarkeiten.

Am Ufer steht ein Krankenwagen. Man weiß ja nie. Aber die zwei Sanitäter erleben einen ruhige Zeit. Sie zücke ihre Handys, um Fotos zu schießen. Immer wieder hebt der Hubschrauber ab, senkt sich langsam über das Wasser, steigt wieder auf. "Es sind keine extrem schweren Verfahren", sagt der SEK-Mann sagt am Ende: "Aber man muss sie machen."

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