Multitouchscreens an Erdinger Schulen:"Wir sind alle richtig begeistert"

Seit Dezember stattet die Stadt Erding ihre Schulen mit neuen Multitouchscreens aus, die Kreidetafeln sind Vergangenheit. In einem Unterrichtsbesuch zeigt sich, wie gut Lehrer und Schüler wirklich damit klar kommen

Von Sophia Neukirchner, Erding

"Guten Morgen, Frau Mairinger", murmeln die Buskinder aus Bockhorn, als sie ins Klassenzimmer kommen, in dem die Lehrerin schon wartet. Eilig gehen sie an ihre Plätze, durchgefroren behalten manche ihre Jacke gleich an. Eine Minute später läutet es zur ersten Stunde: Mathe in der 7. Klasse. Vor dem Fenster der Mittelschule Altenerding fallen leise ein paar einzelne weiße Flocken. Drin ist es still, drei Reihen Doppelbänke schauen konzentriert nach vorn. An der Wand hängen Poster, in den Regalen am hinteren Ende des Zimmers stapeln sich einige Bücher, vorne strahlt ein riesiger Computermonitor. Gisela Mairinger-Ritschel nimmt einen Stift und schreibt darauf in klarer weißer Schrift auf klarem grünen Hintergrund: (+28) geteilt durch (-7).

Im Dezember des vergangenen Jahres tauschten die Mittelschule Altenerding und die Carl-Orff-Grundschule in Altenerding ihre gesamten Kreidetafeln gegen moderne Multitouchscreens aus. Die Grundschule am Ludwig-Simmet-Anger folgte einen Monat später. Bis Herbst 2019 sollen alle acht Grund- und Mittelschulen der Stadt Erding mit dem modernen Tafelsystem ausgestattet sein. Dafür investiert die Stadt gut eine Million Euro. Doch wie lernt es sich damit?

Multitouchscreens an Erdinger Schulen: Mit Hilfe der neuen Touchscreens kann die Mittelschule Altenerding den Unterricht jetzt durch kleine Lernspiele auflockern. Hier ordnet Marie aus der 7a Rechnungen am Zahlenstrahl.

Mit Hilfe der neuen Touchscreens kann die Mittelschule Altenerding den Unterricht jetzt durch kleine Lernspiele auflockern. Hier ordnet Marie aus der 7a Rechnungen am Zahlenstrahl.

(Foto: Renate Schmidt)

"Richtig gut. Wir sind alle begeistert", schwärmt Karin Rausch, die Schulleiterin der Mittelschule Altenerding. In diesen Tenor stimmen sowohl Schüler als auch Lehrer ein. Die Funktionen seien unendlich, die Schulungen dazu werden gut betreut. Zwei Fortbildungen hatte das Kollegium bis jetzt. Alle Lehrer kämen gut damit klar, das System sei sehr intuitiv - wie ein großes iPad.

"Ach Mensch, wie kriege ich denn die Tastatur kleiner? Und wo findet sich eigentlich das scharfe s?" Gisela Mairinger-Ritschel, die seit 1995 Lehrerin ist, probiert fasziniert am Bildschirm. Luisa, die deutlich nach 1995 geboren ist, steht mit leicht genervtem Blick daneben. Sie weiß die richtige Lösung; diese Lösung in das Kästchen einzutragen, stellt sich aber als schwieriger als gedacht heraus. Es geht um die Substantivierung des Adjektives "groß". Mairinger-Ritschel hat aus dem Internet eine Lern-App an der Tafel geöffnet. Es gilt, die Lücken in einem Text zu füllen. Eine Klassenkameradin kann helfen. Sichtlich erfahren am Smartphone erklärt sie, dass bei langem Gedrückthalten der Taste "s" der gesuchte Buchstabe erscheint. "Toll, jetzt hab ich wieder was gelernt", bedankt sich die Lehrerin.

Wie der Deutschunterricht an diesem Tag ablaufen wird, war zu Beginn der Stunde noch nicht klar. Mairinger-Ritschel hatte zwar Arbeitsblätter vorbereitet, aber dann zum aktuellen Thema die App gefunden: "Ich probiere gern mit den Schülern gemeinsam die Funktionen aus." Wer sich noch nicht so mutig auf das System einlassen wolle, könne den Bildschirm aber auch als normale Tafel weiterverwenden, sagt sie. Ihr mache es aber Spaß, damit zu arbeiten: "Manchmal habe ich das Gefühl, mir fast mehr als den Schülern", sagt sie lächelnd.

Multitouchscreens an Erdinger Schulen: Lehrerin Gisela Mairinger-Ritschel findet die Tafeln klasse.

Lehrerin Gisela Mairinger-Ritschel findet die Tafeln klasse.

(Foto: Renate Schmidt)

"Die Tafeln sind cool. Wir gehen jetzt viel lieber nach vorn als vorher", sagt Simon in der Frühstückspause. Er hat gerade in der Mathestunde und der Deutschstunde kaum etwas aufgeschrieben, ist dafür aber oft an den Monitor gegangen, um etwas zum Unterricht beizutragen. Was aufgeschrieben wurde, waren Rechenregeln über die Division negativer Zahlen. Das Schaubild hatte Mairinger-Ritschel mit der Tischkamera an den Monitor projiziert, erst war es etwas klein, dann hat sie es herangezoomt. Klick, Klick, Farbwechsel. Mit roter Schrift hat sie dann an der Tafel noch in das Bild geschrieben - und souverän mit dem Handrücken wieder weggewischt.

Früher musste sie die Rechenregeln erst auf eine Folie drucken und den Overheadprojektor holen, sagt sie, vielleicht war dann auch noch der Folienstift leer. Mit der Tischkamera könne sie auch die Matheaufgabe Nummer 4 aus dem Schulbuch an die Wand werfen, dann wären die Ranzen der Kinder nicht so voll, überlegt Mairinger-Ritschel, die privat jedoch lieber in Büchern liest als am Bildschirm. Deshalb sei sie zuerst auch etwas skeptisch gewesen, vor allem weil sie dachte, die Umstellung würde sicher lange dauern. "Das ging dann aber ganz fix." Und so seien die Zweifel schnell verflogen. Manche ihrer Kollegen brächten kaum noch Unterlagen in den Unterricht mit, sagt sie. Sie würden stattdessen ihre Schaubilder einfach auf dem PC speichern und im Unterricht aufrufen.

Multitouchscreens an Erdinger Schulen: Moderne Technik an der Altenerdinger Mittelschule. Sie gilt als gesichert, wie in Erding und Taufkirchen gibt es stabile bis leicht steigende Zahlen.

Moderne Technik an der Altenerdinger Mittelschule. Sie gilt als gesichert, wie in Erding und Taufkirchen gibt es stabile bis leicht steigende Zahlen.

(Foto: Renate Schmidt)

"Und das in einer großartigen Qualität", sagt Schulleiterin Rausch. Aber man würde die Kinder nicht pausenlos mit den vielfältigen Multimediafunktionen der Tafeln belegen. "Punktuell eingesetzt bereichert es den Unterricht aber sehr." Dessen ist sich auch Christine Triska-Kowol sicher, Schulleiterin der Carl-Orff-Grundschule nebenan. Ihre Lehrer bekamen erst vor zwei Wochen die erste Schulung. Man sei noch in der Erprobungsphase. Ähnlich sieht es an der Grundschule am Ludwig-Simmet-Anger aus. Währenddessen laufe der Unterricht aber "reibungslos" weiter, schließlich hat jede Tafel noch zwei "analog beschreibbare" Flügel, sagen beide Schulleiterinnen.

Wer von den Lehrern etwas affiner zur neuen Technik ist, baue die "zahlreichen Funktionen" schon in den Unterricht ein, schildert Triska-Kowol, Rektorin der Carl-Orff-Grundschule. Sie selbst habe zuletzt im Kunstunterricht das Bild "Blaues Pferd" von Franz Marc aus dem Internet gezeigt und war begeistert: "Die Qualität ist fantastisch, und in der Bildschirmgröße wirkt das Bild viel eindrucksvoller." Ihr gesamtes Kollegium teile diese Meinung, und die Kinder fänden es "klasse", mit dem Touchscreen zu arbeiten. Eine Beschädigung der modernen Technik durch die Schüler fände im übrigen "gar nicht" statt, sagt Mairinger-Ritschel. Nur ihr selbst passiere es manchmal, dass sie das Ergebnis um ein Haar mit dem falschen Stift an die Tafel schreibe: (-4).

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