Süddeutsche Zeitung

Regionalbahn:Erding fordert Einsicht in die Unterlagen

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Soll die Regionalbahn nach Erding über eine Nord- oder eine Südtrasse einfahren? Die Stadt hält sich aus der Debatte vorerst heraus.

Antonia Steiger

Der Erdinger Stadtrat lässt sich vorerst nicht in eine Debatte über die Nord- oder Südeinschleifung hineinziehen. Auch wenn Äußerungen aus der Staatsregierung die Annahme nahelegen, dass das Wirtschaftsministerium die südliche Variante der Regionalbahnanbindung verwirklichen will, verlangt der Erdinger Stadtrat, dass ihm nachprüfbare Fakten auf den Tisch gelegt werden. Anschließend soll offen diskutiert und eventuell neu beschlossen werden. Derzeit gilt noch der Stadtratsbeschluss für eine Nordeinführung.

Der Grünen-Stadtrat Günter Kuhn gab am Dienstag die Marschrichtung für die gesamte Stadtratsitzung vor, als er zu Beginn der Debatte vorschlug, man solle darauf zu verzichten, die Vorzüge der einen und der anderen Variante anzupreisen und den vermeintlich anders Denkenden zu überzeugen: "Das würde dem Ministerium gefallen." Wie vor ihm Bürgermeister Max Gotz (CSU) und nach ihm etliche Redner forderte auch Kuhn, dass das Wirtschaftsministerium sämtliche Fakten und Unterlagen präsentieren müsse, die in die Nutzen-Kosten-Untersuchung der beiden Varianten für die Verknüpfung von Regionalbahn und S-Bahn in Erding eingeflossen seien. Auf Basis dieser Untersuchung hatten sich bekanntlich sowohl Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) als auch Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) bereits für die Süd- und gegen die Nordeinschleifung ausgesprochen.

Dass sowohl die Nordeinführung als auch die Südeinschleifung, wie sie jetzt geplant sind, für Erding unzumutbare Härten bereithält, darin sind sich die Stadträte einig. Nachgebessert müsse auf jeden Fall, sagte unter anderem der CSU-Stadtrat Josef Erhard. Die Nordeinschleifung sei in der jetzigen Planung deutlich unattraktiver als noch 2004. "Da will man etwas schlecht machen und uns auf etwas anderes hinführen." Daher müsse das Ministerium "sehr dringlich" aufgefordert werden, nach Erding zu kommen.

Ausgeschlossen ist es nach Ansicht von Erhard, dass Bürgermeister und Verwaltung schon jetzt auch über eine Südeinschleifung verhandelten, so wie es unter anderem die Stadtratsgruppierung "Erding jetzt" gefordert hatte. Verhandlungsgrundlage könne nur der Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2004 zur Nordeinführung mit Kreuzungsbahnhof sein. "Würden Bürgermeister und Verwaltung über etwas anderes verhandeln, müsste man ein Disziplinarverfahren einleiten."

Ziel dieser Sitzung sei es, dass er als Bürgermeister gestärkt für die Sache der Stadt Erding verhandeln könne, hatte Bürgermeister Gotz zu Beginn gesagt. Von mehreren Seiten bekam er Unterstützung. So betonte Hans Schmidmayer, die SPD stehe hinter Gotz. Gotz sagte dem Stadtrat zu, dass nochmals ergebnisoffen diskutiert werde über die Varianten, wenn die Fakten vorlägen.

Dies war ein Signal vor allem an diejenigen, die ihm, der CSU und der Verwaltung unterstellen, über Gebühr an der Nordeinführung festzuhalten. Die Forderung Seehofers und Zeils, sich nun schnell zu entscheiden und das Verfahren zu beenden, wies Gotz zurück. "Beide hätten aus Stuttgart 21 etwas lernen können", sagte er. "Völlig unangebracht" sei es, den Stadtrat unter Druck zu setzen. Sollte der Stadtrat nach einer neuerlichen Beratung nicht zu einem klaren Ergebnis kommen können, dann sei auch ein Bürgerentscheid nicht ausgeschlossen. In der ersten Februarwoche kommt es mim zur nächsten Begegnung mit dem Ministerium. Dann wird Gotz seine dringliche Einladung aussprechen.

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SZ vom 27.01.2011
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