Reden wir über:Ein Gefühl wie ein Mini-Jetlag

Reden wir über: Die Ärztin Eva Pirsig weiß, wie die Zeitumstellung ihre Patienten beeinflusst.

Die Ärztin Eva Pirsig weiß, wie die Zeitumstellung ihre Patienten beeinflusst.

(Foto: Peter Bauersachs)

Ärztin Eva Pirsig spricht über Probleme nach der Zeitumstellung

Interview von Jan-Hendrik Maier, Erding

In der Nacht zum Ostersonntag wird die Zeit um eine Stunde von 2 auf 3 Uhr vorgestellt. Die Erdinger Allgemein- und Notärztin Eva Pirsig erklärt im Interview mit der Süddeutschen Zeitung die Folgen für den Biorhythmus, den positiven Nutzen der längeren Tage und wie man sich an die neue Zeit gewöhnen kann. SZ: Wie beeinflusst die Umstellung zur Sommerzeit den Biorhythmus?

Eva Pirsig: Das ist unterschiedlich, den einen trifft es mehr, den anderen weniger. Aber eine Stunde ist nicht nix. Meine Patienten sagen oft, dass sie sich erschlagen fühlen, früh müde sind oder sehr früh aufwachen. Manche haben zum Beispiel auch schon um 11 Uhr Hunger, weil der Körper denkt, es sei schon 12. Für mich persönlich ist das Vorstellen um eine Stunde nicht so belastend wie das umgekehrte Prozedere. Allgemein lässt sich sagen, dass man bis zu vier Wochen braucht, um sich an die Umstellung zu gewöhnen. Welche Folgen hat die Umstellung für den Körper?

Es bringt die Menschen einfach aus dem Konzept. Natürlich können sich eine bessere oder schlechtere Schlafqualität auch auf die Physiologie auswirken. Die Belastung für den Kreislauf ist höher. Sie können das mit einem Mini-Jetlag vergleichen. Einer Studie der Krankenkasse DAK Gesundheit zufolge komme es in den drei Tagen unmittelbar nach der Umstellung zu 20 Prozent mehr Herzinfarkten. Konnten Sie etwas Ähnliches beobachten und wirkt sich die Veränderung auf das Herz aus?

Nein, auch im Rahmen meiner Tätigkeit als Notärztin habe ich keinen Anstieg lebensbedrohlicher Erkrankungen im Herz-Kreislauf-Bereich beobachtet. Allerdings beklagen sich die Patienten öfter, dass sie matt sind. Etwa jeder zehnte Befragte berichtet von "depressiven Verstimmungen" in der ersten Zeit. Beeinflusst die Umstellung die Psyche?

Definitiv. Es kommt immer wieder zu saisonalen Verstimmungen. Gerade die Winterzeit ist für Menschen mit Depressionen ungut, weil das Tageslicht fehlt. Wenn die Tage in der Sommerzeit aber wieder länger werden und man abends noch mal an den See zum Baden gehen kann, hebt das die Stimmung. Es gibt eine Studie aus England, die belegt, dass Bewegung an der frischen Luft bei Tageslicht - auch wenn die Sonne nicht scheint - in etwa die gleiche antidepressive Wirkung wie Tabletten hat. Was empfehlen Sie Patienten, die in den ersten Wochen Probleme mit ihrem gewohnten Schlafrhythmus haben?

Es heißt, dass man sich viertelstundenweise annähern soll. Wenn man nach Winterzeit um 7 Uhr aufsteht und jetzt eigentlich um 8 Uhr, macht es Sinn, den Wecker zunächst auf 7.15 Uhr zu stellen. Aber wie man am Abend müde werden soll, wenn es draußen noch hell ist... Es hilft, sich am Tag-Nacht-Rhythmus zu orientieren und im Fall der Fälle einfach noch eine halbe Stunde länger aufzubleiben.

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