Reaktionen auf geplanten Flughafenausbau:Aderlass der CSU geht weiter

Der Wartenberger Ortsvorsitzende Ertl und der Fraunberger Kreisrat Haindl kehren der Partei den Rücken

Antonia Steiger, Sarah Ehrmann und Petra Schnirch

Die CSU im Landkreis hat weitere Mitglieder verloren, die ihren Austritt mit den Plänen für den Bau einer dritten Startbahn begründen. Unter ihnen sind der Wartenberger Ortsvorsitzende Eduard Ertl und der Fraunberger Kreisrat Sebastian Haindl. Bei einer Sitzung am Donnerstag informierte der Kreisvorsitzende, Landrat Martin Bayerstorfer den Kreisvorstand über den Stand der Dinge.

Bedauerlich, aber nicht beunruhigend findet man an der Kreisspitze der CSU diese Entwicklung, die ihren Anfang genommen hat mit dem Austritt des Berglerner Bürgermeisters und CSU-Fraktionssprechers im Kreistag, Herbert Knur. Acht Freisinger CSU-Stadträte machten es ihm nach. Einen "Bärendienst" erwiesen sie damit der CSU, findet Bayerstorfer. "Denn wer austritt, kann nicht mehr mitgestalten."

Auch sein Stellvertreter, Bürgermeister Max Gotz, findet, die Abweichler hätten "großen Schaden" angerichtet. Der Rückzug bringe gar nichts. Es wäre "ein ganz schlimmes Zeichen", sagte Gotz, wenn man erst aus der Partei austreten müsse, damit sich etwas bewege. Aufmerksamkeit haben die Abweichler dennoch erregt. Die Landes- und Bezirksspitze der CSU habe sich mehrfach informiert, sagte Bayerstorfer. "Aber man wird nicht zum Rapport gebeten."

Der Wartenberger Ertl begründete seinen Schritt mit dem Wunsch, ein Zeichen zu setzen: "Wir werden in vielerlei Hinsicht mit großer Ignoranz behandelt, doch wir lassen uns nicht alles gefallen", sagt er. Vor allem die ausweichende Haltung zum S-Bahn-Ringschluss habe ihn in seiner Entscheidung bestärkt, die er "mit einem lachenden und einem weinenden Auge" getroffen habe. Stellvertreter Markus Remde und Marktrat Sebastian Baumann geben ebenfalls ihr Parteibuch zurück. Ertl sagt, er wolle politisch aktiv bleiben, sehe aber in anderen Parteien keine Alternative.

In Fraunberg ist Haindl laut der Ortsvorsitzenden Ulrike Scharf der einzige, der aus der CSU ausgetreten ist. Haindl hat diesen Schritt bereits am 18. August vollzogen, wie er nun bekannt gab. Er begründete dies in einer schriftlichen Stellungnahme nicht nur mit der "uneingeschränkt positiven Haltung der CSU-Führung auf überregionaler Ebene" zum Flughafenausbau, sondern auch mit deren "Mitwirkung an einer unverantwortlichen Finanzpolitik, die sinnlos deutsche Steuergelder in europäische Finanzlöcher versenkt, ohne überfällige Strukturreformen anzugehen". Mit diesem Schritt gerät auch die knappe Mehrheit der CSU im Kreistag ins Wanken.

Insgesamt haben in den vergangenen Tagen drei Wartenberger die CSU verlassen sowie Haindl. Bayerstorfer vermutet jedoch, dass die CSU mit ihren 2016 Mitgliedern im Landkreis "immer noch mehr als doppelt so viele Mitglieder hat wie alle anderen Parteien zusammen". Auch Neuzugänge gebe es, unter anderem in Langenpreising. Daher macht sich dort der Ortsvorsitzende Leo Melerowitz "überhaupt keine Gedanken über einen Austritt".

Schlimm sei, dass beim Ausbau der Infrastruktur nichts vorangehe. Dies sieht auch Gotz so. "Viele sind mittlerweile mürbe geworden." Jede Gruppierung im Landtag sei daher aufgerufen, für eine Verbesserung auf Schiene und Straße zu kämpfen.

Einen schärferen Ton schlägt der Freisinger Kreisvorsitzende Florian Herrmann an: Er sprach von "psychotischem Massenselbstmord". Die Freisinger CSU hat derzeit jedoch auch mit einem Zwist wegen der Nominierung Rudolf Schweigers zum Bürgermeisterkandidaten zu kämpfen. "Jeder ist ersetzbar - und schneller als er denkt", schimpft Herrmann.

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