Reaktion auf Kritik:Chefsache Abschiebehaft

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Die JVA Erding war bis vor kurzem ein reiner Männerknast - nun sind hier Frauen und Ehepaare inhaftiert. (Foto: Renate Schmidt)

Justizminister Winfried Bausback (CSU) kommt mit einem Tross von Mitarbeitern erneut nach Erding. Mit dem Anstaltsbeirat spricht er in einer Sondersitzung über die in aller Eile umgewidmete Justizvollzugsanstalt

Von Regina Bluhme, Erding

Zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen ist der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) nach Erding gereist. Sein Ziel war erneut die Justizvollzugsanstalt (JVA), die seit wenigen Wochen als Abschiebegefängnis für Flüchtlinge genutzt wird. Vor zwei Wochen war Bausback zu einem Mitarbeitergespräch gekommen. Am Donnerstag traf sich der Minister in einer außerordentlichen Sitzung mit dem Anstaltsbeirat. Beiratsmitglied Fritz Steinberger, ein starker Kritiker der Umwidmung, hatte nach dem gut zweistündigen Besuch den Eindruck, dass sich alle Seiten um eine Verbesserung der Situation bemühten. Die Ausschreibungen für zusätzliches Personal laufen. Aktuell kommen Psychologen und Sozialpädagogen aus den Vollzugsanstalten Eichstätt und Landshut im Wechsel nach Erding.

In den ersten Tagen hatten in der zu einem Abschiebegefängnis umgewidmeten JVA Erding Tumulte bis hin zu Suizidandrohungen von Gefangenen für Schlagzeilen gesorgt. Und das Personal musste sich plötzlich um traumatisierte Flüchtlinge kümmern. "Hausgemacht" nennt Steinberger die Probleme, "weil Flüchtlinge, die auf die Abschiebung warten, nicht in ein Gefängnis gehören, sie sind ja keine Straftäter". Das Gefängnis sei auch weiterhin nicht der richtige Ort, davon ist Steinberger noch immer überzeugt. Ungewöhnlich sei es aber schon, dass ein Staatsminister sich in so kurzer Zeit so oft blicken lasse. Bei seinem Besuch habe Bausback zunächst nochmals die Gründe dargelegt, warum die JVA Erding in ein Abschiebegefängnis umgewidmet worden sei. Mit von der Partei sei auch ein ganzer Tross von Fachleuten aus dem Ministerium gewesen und es habe auch Zeit für Einzelgespräche gegeben. "Wir hatten aber nicht den Eindruck, dass die uns weichklopfen wollen, sondern dass sie unsere Forderungen, zum Beispiel nach Aufstockung des Personals, durchaus ernst nehmen."

Steinberger hat bei dem Treffen erfahren, dass in Erding langfristig nur Männer untergebracht werden sollen. Derzeit sind hier Frauen und Ehepaare untergebracht. Wann wieder einmal "normaler Vollzug" in Erding möglich sei, dazu habe Bausback keine Angaben machen können. Wie Steinberger weiter mitteilt, habe er den Eindruck, dass "auch die Ministerialbürokratie jetzt Kenntnis hat, dass es vor Ort mit den Entscheidungen oft nicht so einfach läuft". Und: "Man merkte schon: die bemühen sich."

Zum Stand 28. Februar sind 26 Abschiebegefangene in Erding untergebracht, schreibt die Pressestelle des Justizministeriums auf Anfrage der SZ. Die Zahl der Justizvollzugsbediensteten sei mit 24 Bediensteten gleichgeblieben. Über die Bediensteten und die unterstützenden Polizeikräfte hinaus seien "aktuell vier weitere Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdiensts aus anderen Anstalten abgeordnet", heißt es in dem Presseschreiben.

Zusätzlich erfolge eine regelmäßige weitere und wöchentlich wechselnde Unterstützung durch Personal der JVA Landshut und der JVA Eichstätt. Hierbei handle es sich "vor allem um Mitarbeiter aus dem Bereich des psychologischen und des sozialpädagogischen Dienstes". Die Ausschreibungen für zehn Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst, für zwei Sozialarbeiter und einen Psychologen für die JVA Erding laufen noch, heißt es weiter.

Nicht nur Steinberger hatte in der Vergangenheit heftig Kritik an der Umwidmung der Einrichtung geübt. Auch Maria Brand, die für Amnesty International arbeitet und sich in der Aktionsgruppe Asyl engagiert, hält die relativ kleine Justizvollzugsanstalt für ungeeignet. Die Lage dieser Menschen sei eine völlig andere als die eines Strafgefangenen: "Ein regulärer Häftling wartet auf seine Freiheit - ein Ausreisepflichtiger hat panische Angst, in seine Heimat oder das Land abgeschoben zu werden, über das er nach Deutschland gekommen ist."

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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