Raus aus dem Lockdown?:Uneinheitliche Gastro-Öffnung

Die Wirte in der Erdinger Innenstadt haben geschlossen entschieden, ihre Lokale geschlossen zu lassen. Außerhalb der Kreisstadt sind die meisten Gasthäuser bereit für ein Comeback

Von Julian Illig und Charlotte Nachtmann, Erding

Am Montag dürfen die Wirte nach vielen Monaten Lockdown endlich wieder aufsperren. In Dorfen und draußen auf dem Land freuen sie sich auf die Öffnung von Biergärten, Terrassen und Straßencafés. In der Erdinger Innenstadt sieht das ganz anders aus: Hier haben die Gastronomen geschlossen entschieden, ihre Lokale geschlossen zu lassen. Die Erdinger Wirte sehen die inzidenzgebundene Öffnung der Außengastronomie skeptisch. Die Angst, ganz schnell wieder zumachen zu müssen, ist groß. Ein Corona-unabhängiger Faktor ist, dass die Bewirtung im Freien natürlich auch von den Wetterbedingungen abhängt. Die Wirte sorgen sich, bei Regen und Wind womöglich auf verderblichen Waren sitzen zu bleiben. Als ein weiteres Problem erscheinen ihnen die fehlenden Informationen. Welche Abstände gelten? Wie sollen sich Getestete, Geimpfte und Genesene ausweisen? Das sei alles bislang noch unklar, monieren nicht wenige. Die Unsicherheit ist groß.

Erding

"Wir öffnen nicht vor 1. Juni!", ruft eine Mitarbeiterin im Café Stärkl's. Auch Thomas Eichloff von der Herzogstubn sagt, er "plane nicht damit, im Mai aufzumachen". Die Situation "ist mir im Moment viel zu unsicher", er bräuchte für eine Öffnung auch einen gewissen Vorlauf. Er hat in der letzten Zeit außerdem einige Renovierungsarbeiten vorgenommen, um den Aufenthalt in der Gaststätte noch sicherer zu machen, etwa mit Luftfilteranlagen. Hierfür und als Ausgleich zu den Umsatzeinbußen bekommt er Fördergelder. "Wenn wir aufmachen, kostet mich das mehr Geld", sagt Eichloff. In den vergangenen Monaten hat er keine Essensmitnahme angeboten, nur einen Getränkeausschank am Wochenende bei schönem Wetter gab es. Das sei aber nicht mehr als ein "Tropfen auf den heißen Stein", sagt Eichloff, das sei mehr eine Art "Beschäftigungstherapie für mich selbst" als ein Geschäftsmodell.

Suzana Vulovic vom Empl-Keller sagt, sie würden erst auf den Sommer hoffen. Sie glaube nicht, dass die Gäste "diese Phase, in der sie getestet sein müssen, mitmachen." Auch David Ritter, Betreiber vom Sommergarten und der Bar Kennedy, will "erst mit ohne Test" aufmachen: "Wir schauen uns das Infektionsgeschehen an, das geht auch schnell wieder rauf." Eine Öffnung jetzt hält er für "sehr überstürzt". Die Regeln seien unklar und grundsätzlich sei eher noch Vorsicht geboten. "Wir vertrauen dem Ganzen noch nicht."

"Klar würden wir gerne aufsperren", sagt Tamara Rilke, Chefin vom Buona Vista. Aber auch sie will erst öffnen, wenn sie klarer weiß, dass sie dann wirklich offen lassen kann. Nun müsste sie das Personal aus der Kurzarbeit holen, das ginge gar nicht so schnell. Außerdem brauche sie mindestens eine Woche Vorlaufzeit: "Die Bierleitungen müssen gereinigt werden, die Lieferanten brauchen im Schnitt eine Woche um die bestellten Waren zu liefern, ein Fass Bier braucht dann wiederum 48 Stunden um durchgekühlt zu sein und ist dann erst schankfähig." Zusätzlich fehlen ihr klare Vorgaben, wie die Öffnung vonstattengehen soll. "Wir haben alle auch etwas Angst vor der Situation", beschreibt Rilke die Stimmung unter den Erdinger Wirten.

Gastronomen bereiten sich auf Oeffnung vor

"Wir haben alle auch etwas Angst vor der Situation", meint Tamara Rilke vom Buona Vista.

(Foto: Stephan Görlich)

Auch Mario Pianka, Betreiber von der Gaststätte Erdinger Weißbräu und vom Gasthof zur Post, will am Montag noch nicht öffnen, sondern nur mit dem Aufbau beginnen. Man müsse "wartungsmäßig alles auf Vordermann bringen". Für seine Gäste bietet er momentan einen To-go-Betrieb an, allerdings nur am Sonntagmittag und an Feiertagen. Das werde zwar gut angenommen, diene aber vor allem dazu, den Kontakt zu den Gästen zu halten. Bevor er die Gaststätten jetzt ganz aufmacht, will er abwarten, "dass dann auch auf bleibt."

Gastronomen bereiten sich auf Oeffnung vor

Michael Hildebrandt und Mario Pianka vom Erdinger Weißbräu wollen sicher gehen, "dass dann auch auf bleibt."

(Foto: Stephan Görlich)

Dorfen

Solche Bedenken sind zwar auch jenseits von Erdings Innenstadt ein Thema. Geöffnet wird aber dennoch sobald es geht. "Selbstverständlich machen wir auf", sagt ein Mitarbeiter von Kostas Tagescafé in der Dorfener Innenstadt. Sebastian Kuklau, Inhaber vom Wailtl Bräu am Marienplatz setzt darauf, dass viele den Biergartenbesuch mit dem Einkaufen verbinden, wofür ja ebenfalls ein Test gebraucht wird. Trotz Bedenken über die Planungssicherheit beim Wareneinkauf "muss wieder etwas passieren", sagt Kuklau. Nur in die Box zu kochen, sei nicht die Arbeit, die er sich wünsche. Benedikt Mayer, Mitglied im Aufsichtsrat des genossenschaftlich geführten Johannis Cafés, rechnet angesichts steigender Impfquoten ebenfalls mit regem Besuch.

Lediglich Renate Lohmeier von der Gaststätte Wirt z'Loh, etwas außerhalb von Dorfen, will bei "so einem Hick Hack" nicht dabei sein, da keiner durchblicke, "wer welche Papiere über einen Test oder eine Impfung mitbringen muss". Erst zwei Wochen nach Pfingsten soll bei ihnen die Außengastronomie wieder aufmachen. Bis dahin setze man weiter auf den gut laufenden Fensterverkauf.

Isen

Das Wetter stellt für Anneliese Lanzl vom Wirt z'Weiher in Isen, die größte Sorge dar. "Normalerweise können sich die Leute einfach reinsetzen, wenn es zum Regnen anfängt", beklagt die Wirtin, die ebenfalls zu Christi Himmelfahrt öffnen möchte. Mit großem Andrang rechnet Lanzl dennoch, es lägen bereits einige Anfragen vor.

Wartenberg

Anton Müller vom Gasthof Reiter-Bräu sieht in den Öffnungsschritten einen "Lichtblick" angesichts "wahnsinniger Einbußen" über die Wintermonate. Dank des To-go-Betriebs konnte er seine Mitarbeiter und auch die Stammkundschaft halten. Auf letztere setzt er auch, wenn es aber nächster Woche draußen wieder losgehen darf.

Hohenpolding

Für Ernst Rauschhuber und das Gasthaus zur Linde kommt die Öffnungsperspektive gerade recht. "Keiner mag mehr aus der Schachtel essen", stellt er mit Blick auf sinkende Bestellungen fest. Doch auch Rauschhuber hat gemischte Gefühle: Seine Mitarbeiter seien noch nicht geimpft und in den geforderten Tests sehe er "ein Riesen-Problem". Aufmachen wolle er trotzdem, sie hätten schließlich "lange genug" zu gehabt.

Gastronomen bereiten sich auf Oeffnung vor

"Keiner mag mehr aus der Schachtel essen", sagen Rosi und Ernst Rauschhuber vom Gasthaus Zur Linde.

(Foto: Stephan Görlich)

Sankt Wolfgang

Im Gasthaus zum Schex in Sankt Wolfgang möchte es Wirt Anton Silbernagel vom kommenden Donnerstag an zunächst vorsichtig angehen lassen. Mit Weißwürsten zum Vatertag soll es losgehen. "Dann machen wir jeden Tag ein paar Stunden auf und schauen, wie es läuft", kündigt Silbernagel an. Wie die Öffnung aufgenommen wird, könne er schwer abschätzen. "Die Jungen werden wahrscheinlich kommen. Aber wenn eine Familie fünf Tests machen muss, ist denen das auch zu aufwendig." Auf schlechtes Wetter hat sich Silbernagel mit zusätzlichen Pavillons im Wirtsgarten vorbereitet.

Gastronomen bereiten sich auf Oeffnung vor

Anita und Anton Silbernagl legen am Vatertag los und "schauen, wie es läuft".

(Foto: Stephan Görlich)

Aus den nicht allzu guten Wetteraussichten, der fehlenden Planungssicherheit und der Skepsis gegenüber den notwendigen Impf- oder Testnachweisen ziehen die Wirte weiter draußen im Landkreis offensichtlich andere Konsequenzen als in der Erdinger Innenstadt. Woraus die so unterschiedliche Haltung resultiert? Vielleicht, weil die Erdinger Wirte in engerem Austausch stehen, sodass in bei ihnen mehr Bedenken zusammenkommen. Planen können aber alle nur "von Woche zu Woche", fasst Gastronom Rauschhuber die aktuelle Lage der Wirte zusammen.

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