Prozess am Amtsgericht:Jedes Wochenende ein Dutzend Schlägereien

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Betrunkener legt sich mit Disco-Security an und wird verurteilt. Türsteher erleben fast täglich Beleidigungen und Angriffe

Von Thomas Daller, Erding

Der Zeuge hat keinen einfachen Job als Türsteher einer Erdinger Diskothek. Die Beleidigungen des Angeklagten bei einer Rangelei vor gut einem Jahr kann er nicht mehr genau wiedergeben: "Wir haben jedes Wochenende ein Dutzend Schlägereien mit betrunkenen Männern." Da könne man sich nicht an jedes Wort erinnern, aber die "übliche Palette" sei dabei gewesen, was er sich jedes Wochenende von Besoffenen anhören müsse: "Arschloch, Wichser, Hurensohn". Auch den Faustschlag des Angeklagten auf seinen Hinterkopf habe er weggesteckt: "War nicht weiter schlimm." Aber die falsche Verdächtigung des Angeklagten bei der Polizei, er habe ihn die Treppe hinuntergestoßen, lasse er nicht auf sich sitzen: "Die Treppe war zu der Zeit voll. Da hätte er mindestens zehn Leute mitgerissen. Das kann gar nicht sein."

Der 28-jährige Angeklagte aus Erding war am Tattag, 15. Mai 2016, dicht wie eine Taucheruhr. 2,4 Promille, bereits am Nachmittag hatte er mit einem Freund dessen Geburtstag gefeiert. Es gab zum Abendessen in einem Restaurant viel Wein und Cocktails und später wurde in der Disco weitergetrunken. Gegen 2 Uhr morgens stritt er sich dann mit seiner Freundin auf der Tanzfläche, bis ihn die Security vor die Tür setzte. Eine halbe Stunde später kam er wieder und wollte rein, um seine Freundin zu suchen. "Der war so betrunken, dass er nicht mehr wusste, dass er rausgeflogen ist", sagte der Türsteher. Es gab dann eine Rangelei, bei der ihm der Angeklagte den Faustschlag auf den Hinterkopf verpasste. Außerdem wurde ein Freund des Türstehers, der zu Hilfe kam, leicht am Fuß verletzt. Summa summarum ergab das für den Täter eine Beleidigungsklage in zwei Fällen, Körperverletzung in zwei Fällen sowie eine falsche Anschuldigung wegen der Sache mit dem angeblichen Treppensturz.

Der 28-Jährige stand nicht zum ersten mal vor Gericht. 2012 wurde er wegen Drogenbesitz verurteilt, 2015 weil er gedealt hatte und ebenfalls in 2015 wegen einer Schlägerei im Schiassn-Biergarten, weil er einem anderen Gast ein Bierglas auf den Kopf gehauen hatte. Richterin Sabine Schmaunz, die bereits in der Causa Bierglas mit dem Angeklagten zu tun hatte, erinnerte sich noch gut, dass er damals auch stark betrunken gewesen sei. Seinerzeit hatte er angegeben, das sei eine Ausnahme gewesen und auch diesmal sprach er von einem "Aussetzer"; ansonsten trinke er nicht so viel. "Haben Sie ein Alkoholproblem?", wollte Schmaunz wissen. Nein, aber er habe schwierige Zeiten hinter sich, entgegnete der Angeklagte. Er sei mit einer Freundin liiert gewesen, die drogenabhängig sei. Sie habe ihn belogen und betrogen. Er habe eine Ko-Abhängigkeit entwickelt und getrunken, wenn es ihm zu viel geworden sei. Aber das sei vorbei. Er habe sich von der Freundin getrennt, lebe nun in einer eigenen Wohnung und kümmere sich nun mehr um seine vierjährige Tochter. Außerdem habe er sich im aktuellen Fall bei dem Türsteher und dessen Freund entschuldigt und die falsche Anschuldigung tue ihm leid, er habe sich im Rausch für den Geschädigten gehalten.

Die Anklage der falschen Verdächtigung wurde fallengelassen. Für die Beleidigungen und die Körperverletzungen forderte die Staatsanwaltschaft sechs Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung, die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Richterin Schmaunz verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 25 Euro: "Sie neigen zu Körperverletzungen unter Alkohol."

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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