Polizei in Erding:Weit weg vom Soll

Polizei in Erding: Viel zu tun haben die Beamten beim Herbstfest in Erding. Sie müssen ständig Präsenz zeigen und im Fall des Falles eingreifen.

Viel zu tun haben die Beamten beim Herbstfest in Erding. Sie müssen ständig Präsenz zeigen und im Fall des Falles eingreifen.

(Foto: Bauersachs)

Neueste Zahlen zeigen: Bei weitem nicht alle Stellen bei den Erdinger Polizeiinspektionen sind besetzt - obwohl im vergangenen Jahr der Personalschlüssel angehoben wurde

Von Mathias Weber, Erding

Weiterhin klafft bei den Personalstellen der Erdinger Polizei ein großes Loch zwischen der Soll-Stärke und der Zahl der Beamten, die tatsächlich in den Inspektionen in Erding und Dorfen ihren Dienst verrichten. Berechnungen des Innenministeriums zufolge beträgt die Soll-Stärke, also die Zahl der vorgesehenen Beamten, im Landkreis zusammen 127 Polizistinnen und Polizisten. Die tatsächlich verfügbare Personalstärke liegt allerdings bei rechnerischen 97,54 Stellen, somit sind gut 30 Stellen im Landkreis unbesetzt. Diese aktuellen Zahlen teilt die SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher mit, die diese im Innenministerium in München erfragt hatte. Die Inspektion in Dorfen hat es immerhin ein wenig besser als die in Erding: Dort sind von 37 Stellen 34,42 besetzt, in Erding sind es für 90 Stellen gerade einmal 63,12 Stellen. Und das, obwohl der Personalschlüssel im vergangenen Jahr angehoben wurde. Dorfen hatte drei Planstellen mehr zugeteilt bekommen, Erding sogar 15. Doch viel geholfen hat das noch nicht: Statt 61 Vollzeitstellen wie im vergangenen Jahr sind in der Großen Kreisstadt nun eben 63,12 Stellen besetzt, das entspricht nur knapp 70 Prozent. Doch damit ist die Erdinger Polizei nicht allein. In vielen größeren Inspektionen im Gebiet des Polizeipräsidiums Nord in Ingolstadt, zu der der Landkreis gehört, liege die Fehlquote zwischen 70 und 80 Prozent. Das sagt Stefan Kemptner, Vorsitzender des Bezirksverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Er hat täglich mit den Kollegen zu tun, die in kleineren und größeren Dienststellen arbeiten. Kempter spricht von einer fatalen Entwicklung: Nach wie vor steigt die Arbeitsbelastung für die Polizisten, gleichzeitig werden die Soll-Stellen aber nicht besetzt. Und das hat nicht einmal viel damit zu tun, dass es nicht genug Stellen gäbe, er nimmt in dieser Frage das Innenministerium in Schutz; eher gäbe es eine Art "Bermudadreieck", in dem viele Stellen verschwänden: Weil manche Stellen sowieso nur Teilzeitstellen sind, weil Kolleginnen schwanger werden, weil manche das Pflegedienstgesetzt in Anspruch nehmen. Und viel Arbeit bedeutet auch viel Stress. Kemptner sagt: "Die Zahl der Langzeiterkrankungen, die mehr als sechs Wochen dauern, nehmen stetig zu." Und so müsse jeder Dienstellenleiter schauen, wie er seine Dienstpläne füllt. Diese seien "auf Kante genäht", wie auch Hans-Peter Kammerer, der Leiter der Pressestelle des Präsidiums in Ingolstadt, sagt.

Zudem werden die Aufgaben immer vielfältiger. Inspektionen sollen einen Jugendbeamten vorhalten, müssen sich vermehrt mit Cyberkriminalität beschäftigen, und die Flüchtlingsproblematik spielt auch eine Rolle. An den Grenzkontrollen zu Österreich nehmen dem Polizeipräsidium zufolge allerdings keine Erdinger Polizisten teil. Hinzu kommen hingegen spezielle Veranstaltungen wie der G7-Gipfel in Elmau im vergangenen Sommer. Eigentlich hätten die Beamten danach ihre Überstunden abbauen sollen, dann aber kamen die vielen Flüchtlinge in Bayern an. Das Resultat: Allein im Landkreis Erding schieben die Polizistinnen und Polizisten 5000 Überstunden vor sich her, wie die Landtagsabgeordnete Rauscher mitteilt. So schnell dürfte so eine Veranstaltung also nicht mehr passieren; Pressesprecher Kammerer in Ingolstadt sagt: "Die Dienststellenleiter brauchen ihre Leute." Und nicht zuletzt hat sich auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen verändert, seitdem viele neue Bürger in das Land kommen. Aber sowohl der Mitarbeitervertreter Kempter als auch Pressesprecher Kammerer sehen die Gesellschaft nicht in Gefahr, weil nicht alle Stellen bei der Polizei besetzt seien. Kammerer sagt, in Erding könne man "weiter sicher leben". Die aktuellen Statistiken geben ihm recht: Wie kürzlich bekannt wurde, ist die Zahl der Einbrüche im Landkreis Erding zurück gegangen. Nicht nur die Hausbesitzer, auch die Polizistinnen und Polizisten wird das freuen.

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