Süddeutsche Zeitung

Politik:Hallbergmoos will keine Bevormundung

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Novellierung des Landesplanungsgesetzes sieht Obergrenze für Neuversiegelungen vor. Die Gemeinde will aber wachsen

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

Gerade mal zwei Jahre ist es her, da lockerte die bayerische Landesregierung den Landesentwicklungsplan dahingehend, dass künftig leichter Gewerbegebiete auf der grünen Wiese gebaut werden können - wenn auch mit Einschränkungen. Jetzt kommt wieder alles anders: Gerade bereitet der Bayerische Landtag die Novellierung des Landesplanungsgesetzes vor. Und jetzt erntet der Freistaat Kritik von Wirtschaft, dem Bayerischen Städte- und Gemeindetag - und von Hallbergmoos. Dort fürchtet man, dass das rasante Wachstum, das in der Flughafengemeinde gewünscht ist, mit den neuen Regelungen nicht aufrecht erhalten werden kann.

Derzeit können Kommunen Stellungnahmen zu dem neuen Gesetz abgeben, Hallbergmoos hat das bereits getan - und es zumindest in Teilen abgelehnt. Vor allem den bis zum Jahr 2030 angestrebte Richtwert für neue Versiegelungen mit bayernweit fünf Hektar am Tag will man im Hallbergmooser Rathaus nicht haben. Damit folgt die Gemeinde im Großen und Ganzen einer Argumentation des Bayerischen Städtetags. Auch der argumentiert gegen eine Obergrenze für Neuversiegelung und verweist auf das starke Wachstum in Bayern.

Dass es mit der Versiegelung so nicht weiter gehen kann, sieht man auch beim Bayerischen Städtetag ein und fordert einen konsequenten Vorrang der Innenentwicklung. Nötig seien flächensparende Nutzungen, aber keine Obergrenzen für Flächenverbrauch. "Eine Flächenzuweisung nach mathematischen Formeln", so argumentierte der Vorsitzende, Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl, werde den vielschichtigen Bedarfen der über 2000 bayerischen Städte und Gemeinden nicht gerecht und verstoße außerdem gegen die kommunale Planungshoheit. Gerade in Bayern nehme die Bevölkerung stetig zu, die Menschen bräuchten Wohnungen, Kindergärten, Schulen und die wachsende Wirtschaft brauche Büros, Produktions- und Lagerstätten.

Der Hallbergmooser Bürgermeister Harald Reents (CSU) sieht das genauso, eine starre Regelung schränke die Entwicklung der Gemeinde zu stark ein, betonte er bei der jüngsten Gemeinderatssitzung. Immerhin laufen in Hallbergmoos derzeit Planungen für eine Reihe von Bauprojekten, für Wohnungen im Lindenweg-West, eine neue Grundschule, die Gewerbegebietserweiterung in der Dornierstraße-West, die Erweiterung des Sport- und Freizeitparks sowie der Bau zweier neuer Feuerwehrhäuser in den Ortsteilen Hallbergmoos und Goldach. Bis auf zwei Gegenstimmen stand der Hallbergmooser Gemeinderat dahinter, die schon im Gemeindeentwicklungsprogramm enthaltene Selbstverpflichtung zu flächensparendem Bauen sei ausreichend, so die überwiegende Ansicht.

Die Gegenstimmen kamen von der Grünen-Fraktion. Nach der Sitzung erklärte Robert Wäger warum: "Uns geht weder die Vorlage der Landesregierung noch die des Städtetags weit genug." Denn beide setzten auf Freiwilligkeit bei der Ausweisung von neuem Bauland, das aber funktioniere nicht. Die Landtags-Grünen hätten deshalb einen eigenen Gesetzentwurf für das zu novellierende Landesplanungsgesetz vorgelegt. Dabei sollen die jährliche Obergrenze von fünf Hektar Versiegelung nach einem genauen, aber recht komplizierten Schlüssel zwischen den Kommunen aufgeteilt werden. Jeder Ort erhält dabei nach einem Vergabeschlüssel, der sich an der Einwohnerzahl orientiert, ein Flächenbudget. Überörtliche Planungen sind ausgenommen, und auch ein Kontingent für Härtefälle soll es geben. Das Budget würden die Kommunen selbst verwalten. Schmettert der Landtag den Vorschlag ab, überlegen die Grünen, ob sie ein neues Bürgerbegehren, mit konkreteren Inhalten als in dem Entwurf des Vorjahres, der vom Verfassungsgericht abgelehnt wurden.

In einem Punkt immerhin stimmt der gesamte Hallbergmooser Gemeinderat dem vorliegenden Landtagsentwurf zu: Dass das Anbindegebot für Gewerbeflächen wieder restriktiver gehandhabt wird und die Lockerung von vor zwei Jahren wieder wegfällt, finden alle gut.

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Quelle:
SZ vom 17.09.2019
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