Plantix hat nach zwei Jahren bereits etwa 120.000 Nutzer:Schädlingsdiagnose per Smartphone

Plantix hat nach zwei Jahren bereits etwa 120.000 Nutzer: Die Diagnose-App hat es sofort erkannt: Die Zucchini-Pflanzen von Start-up-Unternehmer Korbinian Hartberger leiden unter Mehltau.

Die Diagnose-App hat es sofort erkannt: Die Zucchini-Pflanzen von Start-up-Unternehmer Korbinian Hartberger leiden unter Mehltau.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Firma Peat, die der Freisinger Korbinian Hartberger mit zwei anderen Wissenschaftlern gegründet hat, bietet in acht Sprachen eine App an, die Bilder von Nutzpflanzen analysiert und Informationen ausspuckt

Von Gudrun Regelein, Freising

Die Idee ist genauso einfach wie genial: Mit einer App zur Erkennung von Pflanzenschäden hat das Start-up-Unternehmen Peat eine kleine Erfolgsgeschichte geschrieben. Zwei Jahre nach dem Start nutzen weltweit bereits etwa 120 000 Menschen Plantix - so heißt die App. Zu den sieben Gründern des preisgekrönten Unternehmens - Peat gewann 2016 den World Summit Award und in diesem Jahr auf der Cebit den Innovation Award - gehört auch der Freisinger Korbinian Hartberger.

Der 35-Jährige steht an diesem sonnigen Freitagvormittag in seinem kleinen Garten in Freising. "Sehen Sie? Die Zucchini hier hat Mehltau", sagt er. Mit seinem Handy macht er ein Foto von einem großen Blatt, das von einem weißen Belag überzogen ist. Nach nur wenigen Sekunden hat er die Analyse auf seinem Bildschirm, dazu noch Vorschläge für biologische oder chemische Behandlungsmöglichkeiten. Ihm wird beispielsweise vorgeschlagen, mit einer Milchlösung die Krankheit zu bekämpfen. Wie das Ganze funktioniert? 600 000 Bilder werden von Deep Neural Networks, einer Methode bei der Maschinen selbständig lernen, eingesetzt. "Diese analysieren das Bild und spucken die Diagnose aus", erklärt Hartberger. Plantix ruft Informationen von über 300 Schadbildern verschiedener Nutzpflanzen ab - 120 werden bereits erfolgreich erkannt. Die App, die es derzeit in acht Sprachen - darunter auch auf Arabisch und Hindi gibt, sei simpel, funktioniere - und habe einen direkten Nutzen, sagt er begeistert.

Dass aus einer Idee, die im Jahr 2014 geboren wurde, ein solcher Erfolg geworden ist, bezeichnet er als einen "totalen Traum". Von 2011 bis 2014 war Hartberger, der eigentlich Sprach- und Kommunikationswissenschaften studierte, wegen seiner Doktorarbeit in Brasilien und arbeitete dort bei einem Forschungsvorhaben zum Thema Landnutzungs- und Klimawandel mit. "Damals wurde mir bewusst, dass es zwar eine große Nachfrage nach Agrarberatung gibt, das Angebot aber minimal ist", erzählt er. Zwei Mitglieder des Forschungsteams in Brasilien hatten dann die Idee mit der App, Hartberger war begeistert - und im Januar 2015 wurde Peat gegründet. "Wir waren alle Generalisten, weniger Spezialisten", sagt er. Inzwischen arbeiten weltweit 30 Leute für die Firma mit operativem Sitz in Berlin, 18 davon sind fest angestellt. Mit einem Gründerstipendium überbrückte das Team das erste Jahr, mittlerweile haben sich Investoren gefunden, damit könne sich Peat zumindest zum Teil finanzieren, schildert Hartberger.

Die App selbst kostet die Nutzer nichts: Landwirte, Kleinbauer, Gärtner und Pflanzenliebhaber können sich Plantix einfach herunterladen. Gerade für die Landwirte in Entwicklungs- oder Schwellenländern sei das wichtig, betont Hartberger. Derzeit kämen die meisten User aus Indien. Im Laufe der Zeit soll die Datenbank größer und umfangreicher werden, das sei das Ziel. Denn je mehr Daten man gewinne, umso erfolgreicher werde der Kampf gegen die Schädlinge.

"Wir wollen eine Dienstleistung anbieten", sagt er. Schnelle Informationen über Symptome und Ursachen von Krankheiten und Schädlinge liefern und im nächsten Schritt Vorschläge zur Behandlung und Prävention bieten. Es gebe aber auch noch einen anderen großen Nutzen: einen regen Austausch unter den Usern. Oft werde intensiv in Foren diskutiert, erzählt Hartberger.

Irgendwann, so sagt er, solle Plantix "ein ganz alltägliches Ding" sein. "Wir wollen dazu beitragen, dass die Nahrungsmittelproduktion sicherer und nachhaltiger wird." Für Hartberger ist Peat viel mehr als nur ein Job. "Wenn ich nicht voll dahinter stünde, würde ich nicht so einen Arbeitsaufwand auf mich nehmen", sagt er. Der "Gutmenschengedanke" habe bei allen Gründungsmitgliedern eine Rolle gespielt. "Wir machen das alle mit viel Leidenschaft.[

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