Es war nur dieser eine Satz, diese ausgefeilte Sprache, die die Kollegin misstrauisch machte. Als sie die ersten drei Wörter in die Suchmaschine eingab, gleich der Volltreffer, an erster Stelle: ein Fachreferat von einer Schülerseite, geschrieben von einem anderen Mädchen an einer anderen Schule. Es ist Gottfried Wengel, Schulleiter an der Beruflichen Oberschule in Erding, der diese Geschichte erzählt - und sie ist beileibe kein Einzelfall.
Immer mehr Schulen im Landkreis nutzen Software, um Plagiate in Referaten, Seminar- und Hausarbeiten zuverlässig zu entlarven. Erst kürzlich haben Wengel und seine Kollegen beschlossen, ein solch spezielles Computerprogramm anzuschaffen. 200 Euro haben sie dafür im Haushalt eingeplant. Insbesondere in der 12. und 13. Jahrgangsstufe sei die digitale Hilfe ein "gutes Werkzeug", um Seminararbeiten zu korrigieren - und zu kontrollieren.
Manche Schüler seien schon "äußerst verdächtig"
Denn die Software überprüft die digitale Version der Arbeit hin auf Textähnlichkeiten mit anderen Quellen und wertet dies am Ende aus. Das Programm zeigt an, welche Passagen übereinstimmen und meldet einen möglichen Plagiatsverdacht. Der Korrektor muss dann kontrollieren, ob die Ergebnisse stimmen.
"Wir von der Schulleitung haben die direkte Empfehlung an die Lehrkräfte gegeben, diese Software zu nutzen", sagt Johann Gschlößl, stellvertretender Schulleiter am Gymnasium Dorfen. Schon seit etwa vier Jahren gibt es an der Schule ein Computerprogramm - "ein Kind der Plagiatsaffären", wie Gschlößl sagt. Zwar werde nicht jede Seminararbeit auf Kopien hin untersucht, aber Schüler, die beispielsweise vereinbarte Gesprächstermine für schriftliche Arbeiten in den sogenannten Wissenschaftspropädeutischen Seminaren nicht nutzten, seien schon "äußerst verdächtig".
Sprachliche und inhaltliche Brüche
Gerade in diesen Seminaren kommt es laut Helma Wenzl "immer mal wieder" vor, dass Lehrer sich bei der Korrektur von Arbeiten fragen: Wo hat der Schüler diese Informationen her? Helma Wenzl ist Schulleiterin am Anne-Frank-Gymnasium, sie sagt: Hinweise auf Plagiate erkenne ein Lehrer schnell an "sprachlichen und inhaltlichen Brüchen".
Eine bestimmte Software nutzen die Lehrer an ihrer Schule nicht. Denn um einen Verdacht zu erhärten, reiche es oft aus, die auffälligen Passagen in die erweiterte Suche im Internet einzugeben. "In der Regel findet man die Stellen sofort", sagt Wenzl. Spätestens aber in dem Gespräch über die schriftliche Arbeit im W-Seminar, welches auch bewertet wird, könne der Lehrer feststellen, ob der Schüler abgeschrieben hat. "Wenn es zum Beispiel um Experimente geht, die der Schüler gar nicht selbst gemacht haben kann, ist das eindeutig."
Null Punkte
Ist der gesamte Text einer Arbeit plagiiert, bekommt der Schüler null Punkte, so schreibt es die Schulordnung vor. Sind lediglich einzelne Passagen nicht belegt oder abgeschrieben, gibt es Abzug - je nach Umfang und Schweregrad der Fehler. Das sei immer eine "Einzelfallentscheidung", wie Andrea Hafner, stellvertretende Schulleiterin am Korbinian-Aigner-Gymnasium sagt.
Noch nie gab es an ihrer Schule einen Fall, bei dem ein Schüler eine gesamte Arbeit abgeschrieben habe; dass einzelne Passagen übernommen werden, komme ab und zu vor. Eine Software will Hafner dennoch nicht einführen. "Die Lehrer korrigieren sehr viel und kennen die Schüler genau."
Das kann Arne Lankenau, Kanzler der Fachhochschule für angewandtes Management, nicht behaupten. 2500 Studenten sind an der privaten Hochschule immatrikuliert, jede fünfte Abschlussarbeit durchläuft die Software. "Wir wollen nicht jeden Studenten unter Generalverdacht stellen." Wird das Programm fündig, muss im Ernstfall die Prüfungskommission entscheiden. Wie viele Fälle es bisher gab, will Lankenau nicht sagen, nur so viel: "pro Semester kann ich sie an einer Hand abzählen."