Pizzabäcker vor Gericht:Die Mafia und der Kokain-Coup

Ein Pizzabäcker soll in Klettham einen schwunghaften Drogenhandel aufgezogen haben - mit Hilfe von Lieferungen aus Kalabrien. Nun will der Mann vor Gericht auspacken.

Florian Tempel

Bislang hat er eisern geschwiegen, jetzt will er reden: Der ehemalige Besitzer eines italienischen Restaurants in Klettham, dem bandenmäßiger Kokainhandel vorgeworfen wird, hat zum Auftakt seines Prozesses am Landgericht Landshut angekündigt, am kommenden Dienstag konkrete Angaben zu seinen Drogenlieferanten zu machen.

Pizzabäcker vor Gericht: Einmal monatlich Kokain in einer Größenordnung von 200 Gramm bis zu einem Kilogramm: Nun steht der ehemalige Pizzeria-Wirt vor Gericht.

Einmal monatlich Kokain in einer Größenordnung von 200 Gramm bis zu einem Kilogramm: Nun steht der ehemalige Pizzeria-Wirt vor Gericht.

(Foto: ddp)

Nachdem bereits sein Kompagnon, sein Schankkellner, sein Pizzabäcker und ein befreundeter Gastronom aus Dachau zu Haftstrafen verurteilt sind, sucht der 46-Jährige nun die Flucht nach vorne.

Die Taten zu leugnen, die ihm die Anklage vorwirft, brächte ihm wenig. Die bereits Verurteilten haben alle Geständnisse abgelegt und dadurch den nunmehr angeklagten mutmaßlichen Haupttäter schwer belastet. Zudem hat die Kripo Erding zahlreiches belastendes Material durch Observierungen, Telefonüberwachungen und Hausdurchsuchungen gesammelt.

Konkret heißt es in der Anklage, der Pizzeria-Wirt habe "zumindest im Zeitraum Oktober 2008 bis Oktober 2009 einmal monatlich (...) Kokain in einer Größenordnung von 200 Gramm bis zu einem Kilogramm" geliefert bekommen. Außerdem werden ihm die Beteiligung am Verkauf und Erwerb von drei weiteren Kilo Kokain zur Last gelegt. Das Rauschgift habe er vor allem, so heißt es in der Anklage, "unter dem Deckmantel seines Trüffelhandels an Personen aus dem Gastronomiebereich" weiterverkauft.

Oberstaatsanwalt Markus Kring, der für die Ermittlungen zuständig ist, nannte die Kombination von Delikatessen- und Drogenhandel "eine clevere Idee". Es sei naheliegend, dass es eine nicht zufällige Schnittmenge von Trüffel- und Kokainkonsumenten gebe.

Der Name eines berüchtigten 'Ndrangheta-Clans

Die Trüffel- und Kokskombination machte die Arbeit der Kripo nicht leicht. Wenn es in abgehörten Gesprächen hieß, das Geld für die letzte Lieferung müsse jetzt endlich her, weil bereits wieder "sechs Kilo weiße Trüffel" bestellt seien, blieb stets unklar, ob Pilze oder Kokain gemeint waren.

Wenn der Angeklagte, der am Montag zunächst von der Polizei vernommen wird, am Dienstag im Gerichtssaal detaillierte und für weitere Ermittlungen wertvolle Angaben zu seinen Hintermännern macht, kann er sich einen nicht unerheblichen Strafrabatt erhoffen.

Die Namen der mutmaßlichen kalabrischen Drogendealer, die die Anklage der Staatsanwaltschaft Landshut aufführt und die demnach regelmäßig große Mengen Kokain nach Erding gebracht haben sollen, sind vielsagend. Zum einen erwähnt die Anklageschrift die Gebrüder Antonio und Sebastiano P. Ihr Nachname ist zugleich der Name eines berüchtigten 'Ndrangheta-Clans aus San Luca, einem Dörfchen im kalabrischen Hügelland, das als Hochburg der kalabrischen Mafiaorganisation bestens bekannt ist.

Ein gewisser Giuseppe G., der mittlerweile festgenommen wurde und in Nürnberg in Untersuchungshaft sitzt, stammt ebenfalls aus dem 'Ndrangheta-Nest San Luca. Ein Namensvetter von ihm ist der Schwiegersohn des 2009 verstorbenen Paten des erwähnten 'Ndrangheta-Clans und einer der meist gesuchtesten Mafiosi Italiens. Ein weiterer Drogenlieferant, der im Zuge der Ermittlungen der Kripo Erding festgenommen wurde und derzeit in Augsburg in Haft sitzt, stammt aus dem Badeort Locri, der kaum 20 Kilometer entfernt von San Luca am Ionischen Meer liegt.

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