Pflegekrisendienst Erding:Patienten in sicherer Obhut

Das Bayerische Rote Kreuz im Landkreis bekommt weiterhin Zuschüsse für den neu- und einzigartigen Pflegedienst. 90 Anrufe in siebeneinhalb Monate lassen allerdings Zweifel am Bedarf hochkommen

Von Antonia Steiger, Erding

Nicht mehr als 90 Anrufe hat der neue Pflegekrisendienst des Bayerischen Roten Kreuzes zwischen 1. Februar und 14. September entgegen genommen. Für die einen ist diese Zahl ein Anlass, um den Bedarf zu hinterfragen. Die anderen sind froh, dass es nicht mehr Menschen gibt, die den Dienst nötig haben, der eingreift, wenn Menschen nach einem Krankenhausaufenthalt oder aus anderen Gründen in Not geraten, weil sie keinen haben, der sich um sie kümmert. Der Kreisausschuss hat nun beschlossen, den Pflegekrisendienst weiter zu unterstützen und das Angebot ein weiteres Jahr laufen zu lassen. Das BRK erhält 40 000 Euro vom Landkreis und einen Euro pro Einwohner aus den 17 Gemeinden, die den Pflegekrisendienst befürworten. Knapp 90 000 Euro kommen für das BRK so insgesamt zusammen.

Immer wieder gibt es Fragen, was genau die Aufgabe des Pflegekrisendienstes ist, so auch in der Sitzung des Kreisausschusses. Zum Beispiel wo die Schnittstelle mit dem Sozialdienst am Krankenhaus und dem Entlassmanagement sei, wie Georg Els (Freie Wähler) fragte. Denn Krankenhäuser dürfen ihre Patienten nicht entlassen, wenn sie nicht sicher gehen können, dass anschließend für sie gesorgt ist. Und der Sozialdienst an Kliniken hat die Aufgabe, eine häusliche Pflege zu organisieren, falls diese nach einem Krankenhausaufenthalt erforderlich ist. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) sagte, Patienten würden vor ihrer Entlassung beraten, dann seien sie sich selbst überlassen. Und da könne der Pflegekrisendienst helfen.

Mehr als ein Drittel der 90 Anrufe kamen aus Kommunen, die den Pflegekrisendienst finanziell gar nicht mittragen, 27 alleine aus Erding. In der Kreisstadt ist der Dienst nach Auffassung der Politik nicht erforderlich, weil es dort eine Gemeindeschwester gibt, Martina Vollmuth, die ihre Dienste ebenfalls über das BRK im Haus der Begegnung anbietet. Anrufer aus den nicht-angeschlossenen Gemeinden würden aber ebenfalls umfassend beraten, sagte Sibylle Müller. Sie und auch Bayerstorfer rechnen damit, dass die Nachfrage noch steige. Wegen Corona habe es weniger Behandlungen im Krankenhaus und damit auch weniger Entlassungen gegeben. Weitere Nachfragen nach dem geringen Bedarf konterte Bayerstorfer mit der Bemerkung, er sei froh und "begeistert" wegen jedes einzelnen Menschen, dem durch den Pflegekrisendienst geholfen habe werden können. Dank der Zuschüsse gebe es nun ein Polster, sodass man im kommenden Jahr gut zurecht komme.

Das Geld sei gut angelegt, diese Auffassung vertrat CSU-Sprecher Thomas Bauer, selbst ein Arzt. Auch CSU-Kollege Hans Wiesmaier sagte, man dürfe die Anrufe nicht herunterrechnen, wie das Wolfgang Reiter (ÖDP) getan hatte. Der hatte festgesellt, dass es "weniger als ein Anruf pro Tag" gegeben habe.

Das BRK äußerte sich auf Nachfrage zu dem Aufgabenspektrum des Pflegekrisendienstes. Demnach ist er täglich von 9 bis 20 Uhr unter der Telefonnummer 08122/97 62 82 erreichbar. Pflegedienstleiterin ist seit 1. Mai Sibylle Müller, gestartet war der Dienst mit Ingrid Zink als Leiterin. Müller habe ein "aufwendiges Aufgabengebiet". Zu ihren Aufgaben gehörten Telefonate, die zeitintensiv sein könnten, die Beratung zu Pflegehilfsmitteln, die Pflege der Patientinnen und Patienten zu Hause, Dokumentation, Pflege von Netzwerken und die Kommunikation mit dem Pflegestützpunkt Erding. Sie führe auch Gespräche mit Bürgermeistern und Hausärzten, akquiriere Mitarbeiter, recherchiere zum Thema Pflege, organisiere und verwalte.

Die knapp 90 000 Euro, die das BRK für dieses Angebot bekommt, werden vor allem für Personalkosten benötigt, aber auch für Fahrzeuge, Verbrauchsmaterial, Dienstbekleidung, Büromaterial und anderes mehr. Finanziert wird der in Bayern nur im Landkreis Erding existierende Krisenpflegedienst ausschließlich aus Steuergeldern und nicht von den Krankenkassen, die über den Rahmenvertrag Entlassmanagement an der Finanzierung der Betreuung von Patienten beteiligt sind.

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