Süddeutsche Zeitung

Pandemie-Probleme:Personalmangel in der Gastronomie

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Küchen- und Servicekräfte werden allerorten händeringend gesucht. Schon vor Corona hatte die Branche mit personellen Engpässen zu kämpfen. Corona hat das noch einmal verstärkt

Von Adam Smoleń, Erding

Viele Erdinger Gastronomen haben Probleme, neue Mitarbeiter zu finden. Die Öffnung der Innengastronomie verschärft die bereits bestehenden personellen Engpässe. Die Wirte haben in den vergangenen Monaten Personal dauerhaft verloren, und der Arbeitsmarkt ist leer gefegt. Auch arbeitsrechtliche Bestimmungen und gesellschaftliche Veränderungen machen es den Gastronomen nicht leicht. Michael Hildebrandt, Betriebsleiter des Gasthofs Erdinger Weissbräu, bringt es so auf den Punkt: Die Corona-Pandemie sei wie ein Katalysator, der die bestehende Schwierigkeiten noch einmal verstärke.

Schon seit Jahren suche er händeringend nach Personal, sagt Hildebrandt. Dabei haben von seinen 20 Festangestellten nur zwei während des Lockdowns ihren Arbeitsplatz gewechselt. Die personelle Situation hat sich in diesem Gasthaus also nicht so stark verändert. Jedoch benötige das Gasthaus einen großen Grundstock an Servicekräften und Köchen, damit es sieben Tage die Woche geöffnet bleiben kann. Der Mangel an festangestelltem Personal hänge außerdem auch damit zusammen, dass immer weniger junge Leute eine Ausbildung in der Gastronomie machen wollen.

Die derzeitige Arbeitsmarktsituation ist auch für Georg Menzinger vom gleichnamigen Gasthof in Lengdorf eine Herausforderung. Vor Corona habe er keine Probleme in der Personalfindung gehabt. Jedoch haben sich sechs seiner elf Angestellten während des Lockdowns neue Jobs gesucht, und sind dadurch nicht mehr verfügbar. "Hauptsächlich wegen Corona" sei die Personalfindung erschwert, durch die Pandemie habe sich "die Gesellschaft verändert".

Ähnlich wie dem Lengdorfer Wirt geht es auch Alois Forster, dem Co-Inhaber vom Landgasthof Forster in Hörgersdorf. Auch seine Aushilfen haben sich im Laufe des vergangenen Jahres beruflich umorientiert. Von sechs Aushilfen seien ihm nur zwei geblieben, sagt Forster. Die Öffnung der Innengastronomie trägt zwar maßgeblich zur Normalisierung der Bewirtungsbetriebe bei, gleichzeitig aber auch zu einem hohem Personalbedarf. Der Umsatz hängt nun wieder weniger von gutem Wetter ab. Deswegen sucht auch Forster "händeringend" nach neuen Mitarbeitern. Er bewirbt dabei das "faire und persönliche Arbeitsumfeld", das es bei ihm ermögliche, "in der Küche was fürs Leben zu lernen", wie er sagt. Dass es sich bei den Gasthäusern nicht um Einzelfälle handelt, bestätigt Thomas Eichloff, der Inhaber der Erdinger Herzogstubn: "Weil alle suchen, ist die Suche sehr schwierig, viele Köche und Küchenhilfen haben sich umgeschult".

Josef Stulberger, der Juniorchef des Gasthauses Stulberger in Fraunberg, nimmt die Politik in die Verantwortung. Die Regierung lege die Arbeitszeiten zu starr fest. Die Arbeit konzentriere sich gerade bei Events wie Hochzeiten oder Betriebsfeiern auf viele Stunden am Stück während des Wochenendes. Ein Arbeitsmaximum von zehn Stunden pro Tag erschwere es, derartige Veranstaltungen zu organisieren, gerade wenn es, wie derzeit, an Personal mangele. Die Obergrenze von 450 Euro pro Monat beschränke zudem tüchtige Aushilfen, die gerne mehr arbeiten würden.

Es gibt aber auch Ausnahmen: Die Erdinger Lokale Dostojewskij und Zeitlos oder die Dorfener Taverna Sirtaki suchen keine neuen Mitarbeiter. Doch auch unter diesen Betreibern ist die Stimmung gemischt. Laut Costa Constantinis, dem Chef der Taverna Sirtaki, werde der Personalmangel immer schlimmer. Georg Schmied, der Inhaber des Dostojewskij, habe auch "gehört, dass es für manche schwierig ist". Seine elf Festangestellten sind alle wieder im Betrieb, nachdem manche sich im Einzelhandel oder auf dem Spargelfeld vorübergehend ihren Lebensunterhalt verdient haben. Murat Gülcu vom Lokal Zeitlos spricht vom "üblichen Leiden in der Gastronomie", wenn die Rede von der Personalsuche ist. Er hofft außerdem auf ein baldiges Ende der Baustelle in der Erdinger Innenstadt und äußerte seine Sorge, "im Herbst hoffentlich nicht wieder schließen zu müssen".

Der Gästeandrang ist groß, darauf freuen sich die Wirte, aber er bringt auch Herausforderungen. Tobias Maier, einer der Geschäftsführer des Tonwerks, zeigt sich sehr erfreut, dass sein Kulturbetrieb mit Restaurant, Bar, Biergarten und Live-Bühnen die Durststrecke überstanden hat. "Wenn man die schlechten Zeiten durchsteht, machen die guten Zeiten noch mehr Spaß. Wir freuen uns, dass unser Kulturbetrieb erhalten geblieben ist." Viele seiner Aushilfen haben sich während des Lockdowns beim Umbau des Tonwerk-Geländes etwas dazuverdienen können und sind somit noch für das Restaurant verfügbar. Dennoch sucht auch das Tonwerk weiterhin Aushilfen im Service und in der Küche.

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SZ vom 21.06.2021
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