Ottmar Hitzfeld:Voller Mitgefühl

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Blick zurück auf ein ereignisreiches Berufsleben: Ulrich Sengle von der Sparkasse, Ottmar Hitzfeld und Journalist Sascha Bandermann (von links).

(Foto: Bauersachs; privat)

Im Augenblick des Triumphs denkt Erfolgstrainer Ottmar Hitzfeld auch an andere

Von Antonia Steiger, Erding

Vier Minuten lang war der FC Schalke 04 im Jahr 2001 Deutscher Fußballmeister. Und keiner weiß mehr so genau, wie lange Schalke auf diesen Titel schon damals gewartet hatte. Dann kam Patrik Andersson und schoss die Bayern in der 94. Minute mit einem brachialen Freistoß zum Titel. Wenn er die Dokumentation "Vier Minuten im Mai" sehe, bekomme er heute noch Gänsehaut: Das sagt nicht etwa der Schalke-Fan und Sparkassenvorsitzende Joachim Sommer, sondern Ottmar Hitzfeld, dessen FC Bayern München damals den Schalkern den Titel noch entwand. Unglaublich. Unfassbar. "Das muss fürchterlich gewesen sein."

Die Spieler führen "kein einfaches Leben"

Ottmar Hitzfeld ist einer der erfolgreichsten Trainer weltweit. Am Mittwoch war er zu Gast bei der Sparkasse Erding-Dorfen, die in der Reihe "Von Mensch zu Mensch" schon Claus Kleber, Horst Köhler und Hans-Dietrich Genscher vor geladenen Gästen zum Gespräch in den Schrannensaal gebeten hatte. Hitzfeld zeigte sich als Mann voller Empathie. Nicht nur für die Schalker, sondern für all die anderen auch, die im Fußballgeschäft nicht so erfolgreich waren oder sind wie er. Und das betrifft die allermeisten. Es sei "jedes Mal wie eine Entlassung", sagte Hitzfeld, wenn ein Spieler nicht im Kader sei und Zuhause bleiben müsse. Das sei "kein so einfaches Leben", auch wenn die Spieler sehr viel Geld verdienen.

"Sie müssen mit dem Druck umgehen und trotzdem ein Vorbild sein", sagte Hitzfeld, dem die Vorbildfunktion in der Öffentlichkeit immer sehr wichtig gewesen sei, wie er sagte. "Die Ethik hat immer eine entscheidende Rolle gespielt", und so hatte Hitzfeld auch an sich selbst so hohe Ansprüche, dass er zum Zeitpunkt seiner Entlassung beim FC Bayern München 2004 - "Wir waren nur Zweiter" - unter einem Burn Out gelitten habe.

Angebot von Real Madrid

Mit ärztlicher Hilfe, autogenem Training und Besinnung gewann er wieder Kraft, genügend Kraft, um auf Uli Hoeneß Bitte, ob er helfen könne, einfach "Ja" gesagt hatte. Das war 2007. Bayern hatte 0:0 gegen Bochum gespielt, Magath wurde entlassen, Hitzfeld kam und führte die Bayern zur Meisterschaft. Er blieb dann noch ein Jahr, wurde anschließend Schweizer Nationaltrainer und beendete 2014 seine Karriere. Diese Karriere hätte, so erfahren die Zuhörer, noch weitaus glamouröser verlaufen können, zum Beispiel wenn er 1997 zu Real Madrid gegangen wäre. Er habe aber nüchtern überlegt, dass er wohl wieder entlassen worden wäre, bevor der überhaupt Spanisch gelernt hätte, sagte Hitzfeld.

Seine Karriere hätte genau so gut aber auch im Keim erstickt werden können: wenn das Schulamt nicht auf eine Nachprüfung bestanden hätte, bevor man den studierten Sport- und Mathematiklehrer Ottmar Hitzfeld in den Schuldienst übernehmen hätte wollen. Die Lehramtsprüfung lag zehn Jahre zurück. In dieser Zeit hatte Hitzfeld seine Karriere als aktiver Fußballspieler über Stuttgart in die Schweiz geführt. Dass es nicht zu mehr gereicht hat, dafür hat Hitzfeld eine ganz einfache Erklärung bereit: "Ich war kein so guter Spieler."

Warum nur hat er Matthäus ausgewechselt?

Er wäre gerne Lehrer geworden, doch die Nachprüfung wollte er nicht machen, das hat ihn geärgert. Und so wurde er Trainer. Ein Trainer, der mit den Spielern viel redet, vor allem nach schmerzhaften Niederlagen. Und davon gab es auch in Hitzfelds Leben einige. Zum Beispiel das 1:2 der Bayern gegen Manchester United im Champions League Finale 1999. 1:0 lagen die Bayern vorne, Hitzfeld wechselte Matthäus kurz vor Schluss aus, Manchester schoss zwei Tore. Warum nur hat er Matthäus ausgewechselt? Er war 38 Jahre alt und habe signalisiert, "dass es reicht". So einfach war das.

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