Ottenhofen:Politischer Nachtarock um eine feuchte Wiese

Norddeutsche Rohrwerber ernten Reet

So kann Röhricht aussehen. Er wächst auch an einem biotopkartierten Bach in Ottenhofen. Dass man daneben trotzdem bauen kann, ohne das Biotop zu zerstören, bestätigen Fachstellen.

(Foto: dpa)

Die Grünen rechtfertigen ihr Abstimmungsverhalten, Landrat Bayerstorfer beklagt angeblich falsche Presseberichte

Von Florian Tempel, Erding

Zu der knappen Entscheidung im Kreistag, den gesamten Siedlungsbereich "Herdweg südlich der Isener Straße" in der Gemeinde Ottenhofen aus dem Landschaftsschutzgebiet Sempt- und Schwillachtal herauszunehmen, gibt es einen politischen Nachtarock. Die Grünen hatten am vergangenen Mittwoch mit der SPD, den Freien Wählern und zwei CSU-Kreisräten für die Herausnahme gestimmt. Die CSU war mehrheitlich und die ÖDP-Fraktion geschlossen dem Vorschlag von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) gefolgt, der für eine bestimmte Wiese den Landschaftschutzstatus erhalten wollte. Bayerstorfer, der mit seinem Vorschlag unterlag, beklagte sich im Nachgang, die SZ habe den Verlauf der Meinungsbildung nicht wahrheitsgemäß dargestellt. Die Grünen rechtfertigten ihr Abstimmungsverhalten in einer wortreichen Presseerklärung.

Kreisrat Florian Geiger teilt im Namen seiner Fraktion mit, dass sich die Grünen am liebsten enthalten hätten. Ein Wunsch, den wohl auch andere hatten. Die ehemalige bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) hatte in der Sitzung explizit nachgefragt, ob man sich enthalten könne. Doch das ist im Kreistag laut der Geschäftsordnung nicht möglich.

Es geht um Parteipolitik.

Geiger schreibt in der Pressemitteilung, "wir halten den Schutz unserer Umwelt, unserer Flora und Fauna, der Natur in unserem Landkreis für ein zentrales Anliegen". Über die konkrete Situation in Herdweg "haben wir als Grüne-Fraktion uns durch Ortseinsicht ein Bild verschafft und intensiv diskutiert". Bei der Abwägung der Argumenten sei man "zu der Entscheidung gekommen, dass die Entwicklungsmöglichkeit der Gemeinde in diesem Fall höher zu bewerten ist" als der Erhalt der Wiese im Landschaftsschutzgebiet. Geiger schreibt weiter, man glaube auch, dass Landrat Bayerstorfers Haltung "wesentlich" dadurch beeinflusst sei, dass Ottenhofen eine SPD-Bürgermeisterin hat. Auf der anderen Seite "schließen wir auch nicht aus, dass die politische Konstellation unsere Entscheidung mit beeinflusst hat".

Landrat Bayerstorfer wirft der SZ vor, nicht wahrheitsgemäß berichtet zu haben. Insbesondere sei es nicht richtig, dass die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt zunächst mit dem Ottenhofener Antrag einverstanden gewesen sei.

Aus der amtlichen Beschlussvorlage und dem Protokoll einer Sitzung des Strukturausschusses des Kreistags geht jedoch genau das hervor. Die Leiterin des Sachgebiets Naturschutz erläuterte demnach im Juli 2017 "drei mögliche Alternativen, die von der Unteren Naturschutzbehörde vorgeschlagen werden". Eine Möglichkeit "aus naturschutzfachlicher Sicht" wäre es, die gesamte Wiese "wie von der Gemeinde beantragt" aus dem Landschaftsschutzgebiet herauszunehmen. Der Schutz eines als Biotop kartierten Baches, der durch die Wiese fließt und an dem Röhricht wächst, wäre "durch geeignete Festsetzungen im geplanten Bebauungsplan" zu gewährleisten. Die Mehrheit des Kreistags hat sich am vergangenen Mittwoch letztlich für exakt diesen Weg ausgesprochen.

Keine Bedenken beim Wasserwirtschaftdamt

Laut dem amtlichen Protokoll sagte Bayerstorfer im Juli 2017, er habe "etwas Bedenken". Er fügte jedoch kurz danach an, "dass er nicht generell gegen die Herausnahme sei". Schließlich sprach er sich für "ergänzende Stellungnahmen und Begründungen" aus. Das Wasserwirtschaftsamt sollte auch noch etwas dazu sagen. So lange sollte die Entscheidung über die Wiese zurückgestellt werden - was vom Ausschuss einstimmig beschlossen wurde.

Das Wasserwirtschaftsamt äußerte keine Bedenken. Als das Thema im Oktober 2017 im Kreistag besprochen wurde, nahm aber die Naturschutzbehörde eine andere Position ein. Nun hieß es "aus naturschutzfachlicher Sicht bestehen erhebliche Bedenken diesen Bereich wie von der Gemeinde beantragt aus dem Landschaftsschutzgebiet herauszunehmen". Welche Erkenntnisse zu der neuen Einschätzung geführt haben, ist weder aus der Beschlussvorlage noch aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich. Der Berichterstatter der SZ notierte, dass der Landrat sich "plötzlich vehement" für den Röhricht einsetze. Bayerstorfers Pressestelle teilt nun mit, von "plötzlich" könne keine Rede sein, und beharrt darauf, "vielmehr war dies von Anfang an eine zentrale Forderung der Unteren Naturschutzbehörde".

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