Oktoberfest:Die Spuren führen nach Erding

Brezenverkäuferin im "Herzkasperlzelt" auf dem Oktoberfest in München, 2013

Große Brezn gehören zum Oktoberfest einfach dazu. Erfunden wurde die beliebte Riesenbreze von einem Bäcker aus Erding. Die Verbindung zwischen dem Landkreis und der Wiesn ist seit jeher eng.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Vom ersten "O'zapft is" bis zur großen Brezn: Nicht wenige der Traditionen haben einen engen Bezug zum Landkreis. Sandra Angermaier vom Kreisverein für Heimatschutz und Denkmalpflege hat Verbindungen zusammengetragen

Von Regina Bluhme

Sandra Angermaier ist schon aufs Oktoberfest gegangen, da konnte sie noch gar nicht richtig laufen. Ihr Vater ist begeisterter Schütze und nahm viele Jahre beim Oktoberfest-Landesschießen des Bayerischen Sportschützenbundes auf der Wiesn teil. Schon in jüngsten Jahren hat er seine Tochter aufs Oktoberfest mitgenommen. Welche Verbindungen zwischen dem berühmten Fest, das an diesem Samstag beginnt, und dem Landkreis Erding bestehen, darüber spricht die 41-jährige Geschäftsführerin des Kreisvereins für Heimatschutz und Denkmalpflege Erding am Montag, 18. September, um 19.30 Uhr im Mayr-Wirt in Erding. Im Interview verrät Sandra Angermaier: "Vieles, was auf der Wiesn bedeutend ist, hat einen Bezug zu Erding."

SZ: Frau Angermaier, zu jedem Volksfest, und zur Wiesn sowieso, gehört eine gescheite große Brezn. Wie haben Sie erfahren, dass sie in Erding erfunden wurde?

Sandra Angermaier: Ich bin vor gut einem Jahr auf dem Erdinger Herbstfest mit Hubert Rubenberger, dem Bäcker der ehemaligen Erdinger Traditionsbäckerei Rubenberger, ins Gespräch gekommen. Er hat dort seit über 50 Jahren einen Stand. Mit leuchtenden Augen hat er mir erzählt, dass er der Erfinder der "großen Brezn" ist. Als Jugendlicher hatte er eines Tages noch Teig für circa vier kleine Brezn übrig und aus dem Teigstück hat er eine einzige große Brezn gemacht.

Wie landete die Erdinger Riesenbrezn auf dem Oktoberfest?

Die Brezn wurde natürlich zuerst auf dem Erdinger Herbstfest verkauft. Dort haben dann Schausteller die große Brezn auf die Wiesn mitgenommen. Schade, dass er kein Patent drauf angemeldet hat. Das Ganze war von Anfang an ein Riesenerfolg.

Als Erfinder des Oktoberfests gilt ja Andreas Dall' Armi. Hier gibt es eine klare Spur in den Landkreis.

Genau, es gibt ja die Dall' Armi-Straße in Erding. Andreas Dall' Armi war Berater am Königlichen Hof und hat 1810 das Fest zur Hochzeit von Kronzprinz Ludwig von Bayern mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen organisiert. Hauptattraktion war das Pferderennen. Dall' Armi wird zugeschrieben, dass das Rennen seine Idee war. Historisch richtig ist es aber, dass der Vorschlag von seinem Kutscher, Franz Baumgartner, kam. Nachfahren von Dall'Armi wohnen noch heute in Erding.

Und die Pferde vom Festeinzug hat der Erdinger Künstler Franz Xaver Stahl gemalt.

Ja, sehen Sie: Schon wieder ein Bezug. Franz Xaver Stahl wurde 1951 vom Chef der Wiesnwirte beauftragt, die Mehrspänner zu malen. Er hat Riesenleinwände geschaffen. Die Gemälde hängen zum Teil im Münchner Stadtmuseum, zum Teil im Oktoberfestmuseum. Die Skizzen sind im Museum Stahl in Erding zu sehen.

Beim Oktoberfest-Schützenzug, der traditionell am ersten Sonntag stattfindet, sind seit jeher Erdinger Vereine dabei.

Heuer nehmen unter anderem die Erdinger Jagdhornbläser daran teil. Viele Schützen- und Trachtenvereine und Musikkapellen aus dem Landkreis waren und sind dabei. Auch das Münchner Kindl in der schwarz-gelben Mönchskutte durfte einige Jahre eine Erdingerin sein.

Gibt es auch Zelt- oder Standlbetreiber, die aus dem Landkreis kommen?

Natürlich. Peter Lingnau, der "Fisch-Peter", betreibt das kleinste Wiesenzelt. Es hat 137 Plätze. Und der Josef "Beppo" Herrmann ist auf der Oidn Wiesn gleich neben dem Herz-Kasperl-Zelt mit seiner Steckerlfischbraterei vertreten.

Wie sieht es mit Fahrgeschäften aus?

Eine der Hauptattraktionen in den 50er, 60er Jahren war das Eicher-Rad. Ein Bulldog der Firma Eicher fuhr aus eigener Kraft auf Schienen einen Looping. Eine Sensation damals. Die Leute staunten, dass der Bullog kopfüber fuhr und nicht herunterfiel. Heute ist unter anderem die Familie Rilke aus Wartenberg mit ihrem Autoscooter fast jährlich auf der Wiesn.

Wie sah ein typisches Wiesnzelt im 19. Jahrhundert aus?

Es war dekoriert wie in Tausendundeine Nacht. Es gab prunkvolle Zelte im osmanischen Stil, in denen Bedienstete in türkischen Prachtgewändern Tee servierten. Bis heute gibt es gebrannte Mandeln und türkischen Honig auf den Volksfesten -das rührt aus der Anfangszeit des Oktoberfests. Damals wollte man den Sieg über das osmanische Reich und den damit verbundenen Erhalt des christlichen Abendlandes demonstrieren, zum anderen war die fremde farbenprächtige Kultur einfach faszinierend. Bier gab es anfangs auf dem Oktoberfest übrigens nicht, es wurde bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ausschließlich Wein ausgeschenkt.

Wann hieß es erstmals "O'zapft is"?

1950 hieß der Münchner Oberbürgermeister Thomas Wimmer, ein gebürtiger Siglfinger. Beim Wiesnauszug in dem Jahr hatte er sich wohl verratscht und seine Kutsche verpasst. Der Besitzer vom Schottenhammel-Zelt hat ihn bei sich mitfahren lassen und gleich vorgeschlagen: Du zapfst mein erstes Fass an. Das hat er dann auch gemacht - mit 17 Schlägen.

Mal schauen, wie es diesmal klappt.

Also, 17 Schläge hat seitdem keiner mehr fürs O'zapfen gebraucht.

Heuer gehen Sie wieder auf die Wiesn, das ist keine Frage.

Es gab kein einziges Jahr, in dem ich nicht dort war. Und ich möchte heuer auf der Wiesn auch schießen. Ich freu mich schon!

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