Öffnungszeiten:"Erst hü und dann hott, das ist schwierig"

Am Mittwoch sollten alle Läden, die nicht der Grundversorgung dienen, schließen. Dazu zählten auch Blumengeschäfte. Gärtnereien durften geöffnet bleiben, da sie auch Gemüse oder Kräuter verkaufen. Am Donnerstag ändert die Staatsregierung aber ihre Vorgaben

Von Sara Maria Behbehani, Erding

Frühling... Das ist die Zeit, in der man zusammen mit den Gartenmöbeln Pflanzenkübel auf den Balkon hinaus stellt, in der man anfängt, die Blumenbeete in seinem Garten umzugraben und in der man sich einen Strauß Tulpen auf den Wohnzimmertisch stellt. Man geht auf den Friedhof und pflanzt auf einem Grab neues Leben ein. Oder bastelt sich ein Blumengedeck, aus dem ein Osterhase guckt. Aber in diesem Jahr ist alles anders - wie so vieles in diesem Jahr anders ist. Durch die Corona-Krise sollten Blumenläden schließen; sie bereiteten sich darauf vor und verschlossen ihre Türen. Am Donnerstag sieht die Sache anders aus: Die Bayerische Staatsregierung entscheidet, dass auch Blumenläden geöffnet bleiben dürfen; zuvor galt das nur für Gärtnereien, die auch Obstbäume, Gemüsepflanzen, Salat oder Kräuter verkaufen. Für die Blumenhändler ist das ein Hin und Her, das nur schwer zu ertragen ist.

Öffnungszeiten: Zuerst sollten Gärtnereien geöffnet bleiben, nun aber müssen sie schließen.

Zuerst sollten Gärtnereien geöffnet bleiben, nun aber müssen sie schließen.

(Foto: Renate Schmidt)

"Erst hü und dann hott, das ist schwierig", sagt Stefanie Albertshofer, die ihren Blumenladen am Mittwoch geschlossen hat. "Erst sollen die Leute zu Hause bleiben und dann dürfen die Läden doch wieder aufsperren." Für sie macht die neue Regelung jetzt keinen Unterschied mehr, sie lässt ihren Laden geschlossen, trotz der Umsatzeinbußen. Lieferungen wird man jetzt noch austragen, dann ist Schluss. "Wir haben uns jetzt darauf eingestellt", sagt Albertshofer. "Ich habe auch zwei kleine Kinder, die niemand betreut, und zu den Großeltern können sie nicht." Außerdem sei das Problem auch, dass man überhaupt nicht wisse, ob nicht nächste Woche alles wieder anders ist und was bei Ausgangssperren passieren würde. "Dann hast du einen Haufen Blumen hier, und was dann?", fragt sie. "Ich denke, für die Geschäftsleute wäre eine klare Linie besser. So, dass vier Wochen alles zu ist und dann geht es aber auch wieder los. Das wäre besser als wenn man es jetzt über Monate verzieht und dahin schleppt."

Öffnungszeiten: In der Gärtnerei Hagl sieht es nach Frühling, nicht nach Conora-Krise aus.

In der Gärtnerei Hagl sieht es nach Frühling, nicht nach Conora-Krise aus.

(Foto: Renate Schmidt)

Monika Stangel hat sich ebenfalls darauf vorbereitet, ihren Laden zuzusperren. Was sie besonders ärgert, ist, dass die Ankündigung so kurzfristig kam. Am Mittwoch sagt sie: "Ich habe gerade noch für tausend Euro Blumen eingekauft. Das kann ich heute alles wegschmeißen. Das ist ein Umsatzverlust, den man nicht mehr reinholen kann. Wir haben offene Posten und Löhne müssen bezahlt werden. Wenn das Konto am Limit ist, hoffen wir auf die Hilfe vom Staat." Auch nach Holland schaut sie mit bangem Blick. Dort würden jetzt die schönsten Blumen auf dem Kompost landen. Für ihre Blumen aber überlegt sie sich dann doch etwas anderes: "Wenn ich was zu verschenken habe, dann bringe ich die Blumen zu den Mitarbeitern vom Edeka, die sich gerade abstrampeln und denen die Menschen auch nicht immer freundlich begegnen." Am Donnerstag gilt auch für sie wieder etwas anderes.

Öffnungszeiten: Von der Corona-Krise zeugt ein Schild im Blumenladen Albertshofer: Man hat zu.

Von der Corona-Krise zeugt ein Schild im Blumenladen Albertshofer: Man hat zu.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Gärtnerei Strohmair und Hirsch ist eine von jenen Geschäften, die von vornherein geöffnet bleiben durften. Claudia Warneke arbeitet dort als Gartenbaumeisterin. "Eine Aussage vom bayerischen Gärtnereiverband besagt, dass wir geöffnet bleiben dürfen, weil wir nicht nur Blumen, sondern auch Obst, Gemüse, Salat und Kräuter verkaufen", sagt sie. Dennoch macht ihr die aktuelle Entwicklung Sorgen; sie hat Angst, dass auch ihre Gärtnerei bald schließen muss. "Ich bin schon sehr unglücklich mit der Situation", sagt sie. "Wenn wir schließen müssten, dann können wir unseren gesamten Warenbestand auf den Kompost schmeißen. Es ist Frühlingssaison. Die Primeln, die Narzissen, all die Blumen sind in einem wunderbaren Verkaufszustand. Das ist auch ein Termingeschäft: Die Leute wollen sich jetzt den Frühling, ins Haus, in den Garten, auf den Friedhof holen." Aber noch darf die Gärtnerei geöffnet bleiben, und für den derzeitigen Verkauf wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen. Die Mitarbeiter tragen Handschuhe und halten Abstand, die Einkaufswägen werden desinfiziert, die Innentüren bleiben geöffnet, damit sie niemand mit der Hand anfassen muss.

Öffnungszeiten: Die Gärtnerei Hagl schützte sich und ihre Kunden in den letzten Tagen durch eine Plexiglasscheibe am Kassenbereich.

Die Gärtnerei Hagl schützte sich und ihre Kunden in den letzten Tagen durch eine Plexiglasscheibe am Kassenbereich.

(Foto: Renate Schmidt)

Auch in der Gärtnerei Hagl hat man entsprechende Maßnahmen zur Virus-Bekämpfung getroffen. "Uns ist schon ein bisschen bang", sagt Inhaber Paul Hagl. "Man muss jetzt närrisch aufpassen, dass man sich nicht ansteckt." Um das zu verhindern haben sie im Verkaufsbereich Plexiglas installiert, ähnlich wie bei Banken. Das Geld wird in einem Spalt unten durchgeschoben, ein direkter Kundenkontakt findet so nicht mehr statt. Auch sein Personal hat Hagl mit Handschuhen ausgestattet, die Hände werden oft desinfiziert oder gewaschen, man hält Abstand zu einander, auf jeden Fall die geforderten anderthalb Meter. Die Abteilung für Schnittblumen aber haben sie geschlossen, diese haben sie in der Gärtnerei schon in den letzten Tagen nicht mehr eingekauft. Nur Bindereien für Beerdigungen machen sie noch.

Das Interesse der Kunden aber ist groß, nach wie vor. Vom Kauf lässt sich niemand abhalten. Viele wollen kommen, gerade so lange es noch geht.

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