Naturschützer:Weil man Geld nicht essen kann

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Seit 15 Jahren arbeitet Manfred Drobny für den Bund Naturschutz in den Landkreisen Erding und Freising und kämpft für den Erhalt der Umwelt. Pflanzen und Tiere faszinieren ihn schon seit seiner Kindheit

Interview von Clara Lipkowski, Freising

Seit etwa 15 Jahren ist er beim Bund Naturschutz (BN) angestellt, Naturschützer ist er aber schon viel länger. Manfred Drobny, der auch für die Grünen im Freisinger Stadtrat sitzt, hat sich mit seinem nahezu enzyklopädischem Wissen einen Namen als Umweltexperte gemacht.

SZ: Herr Drobny, wie sind Sie Naturschützer geworden?

Manfred Drobny: Eigentlich über die Oma, seit dem Kindesalter durch Waldspaziergänge zum Schwammerl suchen zum Beispiel. Und das ist sicher auch von meinem Vater gefördert worden, als Landwirtschaftstechniker hatte er immer eine Verbundenheit zu draußen.

Was waren für Sie "brennende" Themen?

Die Grundlage war immer die Faszination zum Lebendigen, zu Pflanzen und Tieren. Dadurch hatte ich einfach Sorgen um die Natur. Ich habe aber nie gesagt: Die Tiere sind besser als der Mensch. Sondern der Mensch ist Teil der Natur. In der Jugendgruppe beim BN hatten wir Themen wie Waldsterben, Atomkraft und Luftverschmutzung. Ich hatte einfach das Gefühl, da muss ich was machen. Das ist vielleicht so ein doofer Sponti-Spruch, aber wenn man sagt, Geld kannst du nicht essen, ist da schon was dran.

Was sind die drängenden Umweltprobleme, die Freising hat?

Neben dem Flughafen? Der Flächen- und Ressourcenverbrauch. Man muss viel sorgsamer abwägen, ob man Freiräume, die es gibt, Erholungsgebiete, Gewässerschutzgebiete etwa, Bauvorhaben opfert. Das ist die Grundsatzfrage: Wie stark will Freising wachsen? Mit welcher Qualität? Kann es eine menschlichere Verkehrspolitik sein? Wie wäre: Busfahren umsonst, statt neuer Umgehungsstraßen?

Sie sind erklärter Gegner der dritten Startbahn. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie kommt?

Nach normalem Menschenverstand, nach der Bürgerabstimmung in München, ist das Thema eigentlich vom Tisch. Die Frechheit ist, dass man jetzt so tut, als müsse man noch einmal abstimmen. Sollen wir jetzt so lange abstimmen, bis das Ergebnis passt? Die Startbahnfetischisten wollen das Ergebnis halt nicht wahrhaben.

Warum sind Sie gegen die Startbahn?

Wenn man meint, aus wirtschaftlichem Interesse keine Rücksicht zu nehmen auf Mensch und Natur, ist das ist für mich der grundlegendste Abwägungsfehler überhaupt. Es ginge um eine um Minuten und Sekunden kürzere Umsteigezeit. Dafür verbaut man etwa 900 Hektar Boden, vertreibt Menschen aus ihrer Heimat, zerstört gewachsene Ortsstrukturen, vernichtet Tiere und Pflanzen, vergiftet Mensch und Natur mit Stickoxiden, Feinstaub und Tonnen weiterer Schadstoffe und tritt den Klimaschutz mit Füßen. Und verschärft die Verkehrs- und Wohnungsprobleme. Gutes Leben bleibt da auf der Strecke.

Was haben Sie bisher beim Bund Naturschutz erreicht?

Die dritte Startbahn bisher verhindert, klar. Aber das ist manchmal ein Dilemma im Naturschutz: Man sieht nicht, was man an Zerstörung verhindert hat. Wir sind stolz auf die Renaturierung der Isarauen, und auf das Projekt zu den Gelbbauchunken. Das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung ist gestiegen. Allerdings wird das Wissen zur Artenvielfalt leider deutlich weniger. Aber: Wir müssen uns für unsere Anliegen nicht mehr rechtfertigen.

Trotzdem werden Sie oft als die "Nein-Sager" kritisiert.

Ja, das ist immer eine gesellschaftliche Diskussion, keine Frage. Wir kämpfen meist gegen Partikularinteressen, meist gegen wirtschaftliche. Wir verstehen uns als Anwalt der Natur und setzen uns für eine bessere Umwelt ein. Davon haben alle was. Es bedarf aber noch viel Überzeugungsarbeit, das im politischen Entscheidungsprozess zu verankern. Irgendwer sagt immer: Das ist nicht so wichtig, da machen wir dann irgendwo einen Ausgleich. Klare Antwort: Ist es doch. Weil Freiräume und Artenvielfalt weniger werden. Das kann man nicht einfach so "ausgleichen".

Wie wollen Sie umweltverträglich das Wohnraumproblem in Freising lösen?

Man muss sich überlegen: Kann man nachverdichten oder Flächen konvertieren? Das hat man ja sehr gut beim Schlüter gemacht. Freising wird es nicht schaffen, den Bedarf neuer Wohnungen zu decken, dafür wären vielleicht 100 000 nötig. Das funktioniert einfach nicht. Das ist generell ein Problem im Ballungsraum München.

Sie sind auch Referent für Energie: Experten sagen, das Ziel im Landkreis, bis 2035 Strom zu 100 Prozent aus "Erneuerbaren" zu beziehen, werde deutlich verfehlt.

Man muss das Thema immer wieder in den Fokus rücken. Explodiert ein Atomkraftwerk, sind alle dabei, aber dann schleicht sich bei politischen Entscheidern wieder das Phlegma ein. Die Zukunft ist sicher die Solarenergie. Aber den Klimawandel zu bekämpfen und damit massiv die Biodiversität zu schädigen, das kann nicht die Lösung sein.

Wie schützen Sie denn privat die Umwelt?

Was in Freising geht, mache ich mit dem Rad. Ich bin viel im Gelände unterwegs, deshalb brauche ich ein Auto. Man muss es auf das nötige Maß beschränken, wie beim Fliegen. Unsere Hausenergie ist fast zu 100 Prozent regenerativ. Eingekauft wird regional und biologisch erzeugt.

Kommt ein E-Auto für Sie infrage?

Das nächste wird wahrscheinlich eins sein. Wir wollten schon früher eins kaufen, aber Kosten und Angebot stimmten noch nicht.

Auch wegen fehlender Ladestationen?

Damals ja, nun wäre die Ladestation der eigene Dachstrom. Wir haben die Südseite des Dachs komplett mit Photovoltaik ausgestattet. Das reicht für das ganze Haus und auch ein E-Auto.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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