Süddeutsche Zeitung

Natur und Kunst:Total geerdet

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Rudolf L. Reiter spürte dem Entstehen und Vergehen nach

Von Florian Tempel, Erding

"So etwas hat noch keiner gemacht" - da war sich der Erdinger Künstler Rudolf L. Reiter sicher, als er vor einem Dreivierteljahr in der Nähe des Notzinger Weihers in einem Maisfeld drei große, weiße Leinwände im Ackerboden vergraben ließ. Es war der 21. Juni 2016, der Tag der Sommersonnwende. Und es war der erste Teil seines Projekt mit dem mystischen Titel "Zeit der Wiederkehr - Redux", bei dem Natur, Schöpfung und Kunst in ein spirituelles Zusammenspiel treten sollten, so Reiters Intention.

Neun Monate später hat er nun die Leinwände wieder ausgegraben - oder vielmehr das, was davon noch übrig war: weiße Krümel im braunen Ackerboden. Die Leinwände waren zerfallen. Etwas überrascht war Reiter schon. Er hatte gedacht, die Leinwände würden im großen Ganzen erhalten bleiben, zwar nicht mehr blütenrein weiß, sondern schön erdig. Die Zeichnung der Natur wollte er malerisch ergänzen. Dass es andres gekommen ist, macht aber gar nichts. Reiter hatte sofort eine neue Idee. Die zersetzten Leinwandkrümel kommen nun in ein Beet und dann wächst da eben Kunst raus.

Passt doch eh super zu Reiters nächster Ausstellung "Quelle und Schöpfung" im Erdinger Frauenkircherl. Hier steht im Titel auch die Frage, was kommt von sich aus, auf natürlichem Weg, und was wird erzeugt, von höheren Kräften oder dem Menschen als Künstler. Das alles beschäftigt Rudolf L. Reiter schon seit vielen Jahren: Das Entstehen und Vergehen und vor allem die Übergänge dazwischen, die Metamorphosen von einem in einen ganz und gar anderen Zustand.

In der Ausstellung gibt es wie immer sehr schöne Ergebnisse seiner künstlerischen Auseinandersetzung zu sehen. Nicht etwa irgendwelche Brösel, sondern fein ausgearbeitete Ölgemälde, die impressionistisch angehauchte, fantastische Landschaften des Garten Eden zeigen. Daneben gibt es aber natürlich auch wieder Reiters richtig kraftvolle, ganz abstrakte Bildtafeln, auf denen dick aufgetragene Ölfarben scheinbar chaotisch ineinander fließen.

"Quelle und Schöpfung", im Frauenkircherl Erding, Donnerstag, 27. April, bis Donnerstag, 4. Mai, jeweils 10 bis 12 Uhr und 14 bis 19 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 22.04.2017
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