Narrhalla Erding:Bewahrer bodenständigen Humors

In diesem Jahr vergibt die Faschingsgesellschaft nach 25 Jahren wieder einen Reiherorden. Zu den Preisträgern zählen etliche prominente Persönlichkeiten wie Schorsch Maier und Franz Josef Strauß. Wie kam es dazu?

Von Sophia Neukirchner, Erding

"Ich habe 1973 den ersten Reiherorden an Franz Josef Strauß vergeben", erinnert sich Ernst Howerka, Inhaber der Drogerie Howerka in der Langen Zeile. Er war Faschingsprinz in dem Jahr, als das Präsidium der Erdinger Faschingsgesellschaft Narrhalla die Tradition des Reiherordens begründet hat. Bis 1992 wurde diese Auszeichnung im Rahmen des Faschings an Personen verliehen, die sich "in besonderem Maße um Geselligkeit und die Bewahrung bodenständigen Humors" verdient gemacht haben. Dann ruhte die Vergabe 25 Jahre lang, "einfach weil wir keine Orden mehr hatten", stellt Hanno Stanzel-Deffner im Rückblick fest. Er war zu dem Zeitpunkt Präsident der Narrhalla und vergab zwei Jahre zuvor den Reiherorden als Faschingsprinz an den damals stellvertretenden Landrat Hans Zehetmair.

Eine kostümierte Sitzung - das ist neu.

In diesem Jahr lässt die Faschingsgesellschaft unter der Führung von Stefan Neumaier die Tradition der Reiherordenvergabe wieder aufleben. Am 4. Februar empfängt die Erdinger Kabarettistin Monika Gruber die Auszeichnung in der Stadthalle im Rahmen einer Faschingssitzung. Detlef Felixberger, Vizepräsident der Narrhalla, sagt, so eine kostümierte Sitzung sei ganz neu in der Geschichte der Narrhalla. Als Grund für die zusätzliche Veranstaltung neben den zahlreichen alljährlichen Schwarz-Weiß-Bällen nennt er die vielen Tanzgarden, die es in diesem Jahr in Erding gibt. Um ihnen ein Podium zu geben, veranstaltet man eine Faschingssitzung im Kölner Stil. Neben Tanzmariechen, Garden, Prinzen- und Kinderprinzenpaar wird das gesamte Programm der diesjährigen Saison gezeigt.

Narrhalla Erding: Franz Josef Strauß kam eigens aus Bonn nach Erding in die Gaststätte "Am Stadion", um den Reiherorden in Empfang zu nehmen und tanzte danach ausgelassen mit der Dachauer Faschingsprinzessin.

Franz Josef Strauß kam eigens aus Bonn nach Erding in die Gaststätte "Am Stadion", um den Reiherorden in Empfang zu nehmen und tanzte danach ausgelassen mit der Dachauer Faschingsprinzessin.

(Foto: Ernst Howerka/oh)

"So eine Sitzung gab es auch schon zu meiner Zeit im alten Stadttheater", sagt hingegen Hermann Kraus vom Modehaus Kraus am Schrannenplatz. Mit "seiner Zeit" meint er 1968, als er Faschingsprinz war. "Allerdings nannten wir es nicht Faschingssitzung, sondern ,bunter Abend'." Er war auch später noch viele Jahre im Faschingsgeschehen involviert, war deshalb auch auf dem Galaball 1991, als Strauß-Tochter Monika Hohlmeier den Reiherorden in Empfang nahm: "Mit ihr habe sogar ich getanzt, obwohl ich sonst nicht der große Tänzer bin. Sie war den ganzen Abend da." Auch in der Süddeutschen Zeitung wurde sie am nächsten Tag als "stolze Trägerin" beschrieben.

Schorsch Maier bekam auch einen Orden

Der Kontakt zu Monika Hohlmeier sei durch den Parteikollegen Hans Zehetmair zustande gekommen, sagt Hanno Stanzel-Deffner, damals Präsident der Narrhalla. Er vermutet, dass es ähnlich bei Franz Josef Strauß gelaufen sei, "der damals schon eine große Nummer gewesen ist". 1973 war das auch besonders wichtig, schließlich richtete die Narrhalla einen Wohltätigkeitsball zugunsten der "Lebenshilfe" aus. Da musste man irgendwie "Publikumsmagneten nach Erding locken", wie Ernst Howerka beschreibt. Deshalb wurde der Reiherorden erfunden.

Narrhalla Erding: Der Schriftsteller Georg Lohmeier (2.v.r.) wurde 1973 mit dem Reiherorden ausgezeichnet. Links der damalige Bürgermeister Alois Schießl.

Der Schriftsteller Georg Lohmeier (2.v.r.) wurde 1973 mit dem Reiherorden ausgezeichnet. Links der damalige Bürgermeister Alois Schießl.

(Foto: Ernst Howerka/oh)

Einer reichte nicht, im ersten Jahr wurden noch der Schriftsteller Georg Lohmeier aus Loh bei Dorfen und Motorradrennfahrerlegende Schorsch Maier ausgezeichnet. "Die haben sich schon als ausgesuchte Persönlichkeiten gefühlt, aber vor allem freuten sie sich, etwas Gutes zu tun und kamen deshalb gern", sagt Howerka.

Zehetmair lobt Hohlmeier

Noch einmal zum Erdinger Fasching kamen sie dann aber nicht. Das tat von den bisher dreizehn Ordensträgern offiziell nur Hans Zehetmair, dem die Auszeichnung 1990 im Rahmen des CSU-Balls übergeben wurde - nach mehr als zehn Jahren Pause, in denen die Narrhalla mit der Auflösung kämpfte. Zehetmair hielt im Jahr darauf die Laudatio für Monika Hohlmeier.

Vielleicht besuchten die Ordensträger die Erdinger Narrhalla aber auch einfach deshalb nicht noch einmal, weil bis auf Lohmeier, Zehetmair und Rundfunkredakteur Walter Föhringer keiner aus dem Landkreis stammte. Föhringer bekam den Orden 1979 mit Ministerpräsident Alfons Goppel und Schauspieler Harry Friedauer auf einem Galaabend im Offizierskasino und machte damit die bunte Mischung aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Sport perfekt.

Krailling: Vergabe Tassilo-Preis

Monika Gruber, die in diesem Jahr mit dem Reiherorden der Erdinger Narhalla ausgezeichnet wird.

(Foto: Johannes Simon)

"Eine trostlose Veranstaltung"

Es gab auch Jahre, in denen kein Orden verliehen wurde. "Wahrscheinlich hat man in dem jeweiligen Jahr einfach keine geeignete Person gefunden", mutmaßt Howerka. Es sei nicht immer einfach gewesen, "jemanden zu finden, der ins Schema passte und den Saal voll bekam" - und Zeit haben musste der Angefragte dann ja auch noch. Das machte sich 1992 bemerkbar, als der vorerst letzte Orden an die Volksmusiker Marianne und Michael verliehen wurde. Laut Howerka war das im Gegensatz zu den früheren Vergaben "eine trostlose Veranstaltung" und der Gasthof zur Post nur "halb voll".

Doch auch schon vorher gab es Vergaben, die nicht so gut "zogen". Als 1976 Sepp Maier den Orden ebenfalls im Rahmen eines Wohltätigkeitsballes bekam, sagte die Torwartlegende bescheiden (angesichts des relativ schwach besuchten Balls), er könne ja verstehen, wenn bei ihm nicht so viele Leute kämen wie bei Franz Josef Strauß, weil er ja nicht so weltbekannt sei. So stand es in der Süddeutschen Zeitung vom 24. Februar 1976.

Der Reiher als Symbol für das Schöne

1000 Mark kamen 1973 zum ersten Wohltätigkeitsball, der in der Gaststätte am "Stadion" in Erding stattfand, übrigens für die Lebenshilfe zusammen. 50 Mark davon gab Franz Josef Strauß persönlich, der an dem Abend extra aus Bonn gekommen sei und "immer umgeben von vier unauffällig-auffälligen Kriminalbeamten, (...) ein Tänzchen nach dem anderen (wagte)", wie der Erdinger Anzeiger 1973 schrieb.

Warum eigentlich Reiher? Entworfen wurde der Orden vom Erdinger Maler Benno Hauber. Er zeigt die Wappen der Stadt, des Landkreises und der Narrhalla, gekrönt von zwei Reihern mit gekreuzten Hälsen. Fast das gleiche Motiv ziert auch den Schönen Turm. Der Reiher soll früher in großer Zahl im Erdinger Moos gelebt haben. Er soll, laut der Festschrift, welche die Narrhalla anlässlich ihres 75-jährigen Jubiläums im Jahr 2005 herausgegeben hat, "als Symbol für das Schöne gelten und an das Vergangene erinnern".

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