Nanotechnik wird mittlerweile in Medizin und Pharmazie, Elektronik und Informationstechnologie, Energie, Umweltschutz, Kosmetik und Textilien verwendet. Wenig bekannt ist, dass sie sogar im Straßenbau Anwendung findet. Ein kleines Start-up-Unternehmen aus Lengdorf im Landkreis Erding hat sich auf die Anwendung von Nanotechnik im Tiefbau spezialisiert. Der Vorteil: Im Gegensatz zur herkömmlichen Methodik spart dies Kosten und verkürzt die Bauzeit. Zugleich verlängert sich die Lebensdauer der so erneuerten Straße. Hinzu kommt, dass der vorher abgefräste Asphalt recycelt und wieder eingebaut wird. Es fällt deshalb kein Material an, das aufwendig abtransportiert werden muss.
„Panmax – Nanotechnologie im Tiefbau“ steht auf dem Briefkasten vor einem Einfamilienhaus in einer Siedlung in Lengdorf. Von hier aus führt Andreas Paulus zusammen mit seiner Tochter Lisa die Geschäfte. Zum Team gehört ein Chemiker, der in einer Lagerhalle im Nachbarort Isen die Nanopolymere zusammenrührt.
Paulus ist kein Tiefbauingenieur, sondern Kaufmann. Ursprünglich wollte er sein Silizium-Polymeradditiv nur verkaufen und sein Wissen bei der Verarbeitung beisteuern. Doch es kam anders: Ein großes österreichisches Bauunternehmen erkannte das Potenzial und stellte sich als Subunternehmer zur Verfügung. Wenn Panmax einen neuen Auftrag erhalten hat, rückt aus Österreich eine eingespielte Mannschaft mit dem erforderlichen Fuhrpark an.
Bislang wird das Panmax-Verfahren insbesondere bei Straßen und Flächen eingesetzt, die hohe Belastungen aushalten müssen: auf Gemeindeverbindungsstraßen, die von schweren landwirtschaftlichen Maschinen genutzt werden, auf einem Ausbesserungsabschnitt der Brennerautobahn, auf Bau- und Wertstoffhöfen wie in Markt Schwaben oder einem Wohnmobilparkplatz in Kiefersfelden. Die Traglastwerte liegen aufgrund der Beimischung von handelsüblichem Zement zwischen 120 und 200 Meganewton (MN) pro Quadratmeter.
Bei dem Verfahren werden erst Bodenproben entnommen und im Labor analysiert. Darauf abgestimmt wird dann der Einsatz der Nanotechnologie. Die Fläche wird abgefräst und das anfallende Material geschreddert. Den Untergrund verfestigt Zement, darauf kommt die Mischung aus dem Silizium-Polymeradditiv und Wasser sowie dem geschredderten Asphalt. Nachdem eine Straßenwalze das Gemisch verdichtet hat, wird die Straße mit einer herkömmlichen Oberfläche aus Bitumen versehen. Wichtig sei, dass die Konsistenz von Additiv, Wasser und Asphalt stimme, sagt Paulus: „Damit muss sich ein schöner Knödel formen lassen.“

3000 bis 4000 Quadratmeter am Tag schafft ein Tiefbauunternehmen mit dem Verfahren. Der Zeitaufwand ist gering, viele Projekte sind schon nach einem Tag fertig. Nach weiteren 24 Stunden Aushärtungszeit ist die Fläche wieder befahrbar. „Für uns ist das ein Riesenwert“, sagte Josef Limm, technischer Bauamtsleiter der Gemeinde Münsing, der SZ Wolfratshausen. Münsing ließ vor Kurzem bereits die zweite Straße im Gemeindegebiet mit Nanotechnik bauen. „Das Material wird hart wie Beton.“
Ein weiterer Vorteil ist, dass selbst kontaminierte Böden verarbeitet werden können. Das Polymer-Additiv versiegelt das Material so gründlich, dass es den Anforderungen der Wassergüteklasse eins entspricht.
Zahlreiche Gemeinden wie beispielsweise der Markt Buchbach, die Städte Neumarkt St. Veit, Kelheim und Vilsbiburg sowie Zorneding, Kirchdorf, Gmund am Tegernsee und Tuntenhausen haben dem Verfahren bereits eine Chance gegeben, sich zu bewähren. Aktuell basieren die Aufträge meist noch auf Mundpropaganda von Bürgermeistern und Bauamtsleitern. In jüngster Zeit rühren aber auch Fachzeitschriften wie die Bayerische Gemeindezeitung oder Bayerische Staatszeitung die Werbetrommel. Letztere kam sogar zu dem Ergebnis, „das Verfahren revolutioniert den Straßenbau“.
Bei Isen soll eine Teststrecke für die TU entstehen
Das Start-Up-Unternehmen steckt noch in den Kinderschuhen und das innovative Verfahren ist bisher nicht im sogenannten Straßenbauregelwerk enthalten. Deswegen erhielten die Gemeinden noch keine Zuschüsse vom Staatsministerium für Wohnen, Bauen und Verkehr, sagt Paulus.
Aber die Vorbereitungen laufen: „Wir bauen im Sommer eine Teststrecke bei Isen. Dann kommt die TU München, schneidet Löcher raus und macht ihre Tests, unter anderem auch mit Lastplattendruckversuchen.“ Bis zur Aufnahme in das Regelwerk könnten etwa zwei Jahre vergehen, „aber bis kommenden Dezember hoffen wir, dass wir vorab schon die Empfehlung erhalten“. Paulus ist zuversichtlich: „Unser Verfahren mit Nanotechnik ist deutlich günstiger und die Kommunen müssen sparen.“

