Nachwuchs bei Erdinger Hilfsorganisationen:Von selbst kommt kaum einer

Nachwuchs bei Erdinger Hilfsorganisationen: Wer zur Jugendfeuerwehr geht, soll auch Spaß haben: Das Zeltlager der Jugendfeuerwehren in Isen 2015 ist ein Beispiel für erfolgreiche Nachwuchswerbung.

Wer zur Jugendfeuerwehr geht, soll auch Spaß haben: Das Zeltlager der Jugendfeuerwehren in Isen 2015 ist ein Beispiel für erfolgreiche Nachwuchswerbung.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Nachwuchssuche der Hilfsorganisationen ist schwieriger geworden: THW, Feuerwehren Rotes Kreuz und Malteser ringen um junge Leute, die aktiven Dienst leisten wollen

Von Stefanie Pichlmair, Erding

Sie kommen als erste und gehen als letzte. Die Arbeitsmoral bei den ehrenamtlichen Mitgliedern von Rotem Kreuz, Technischem Hilfswerk, den Maltesern und der Feuerwehr ist hoch. Erfreulich ist, dass die Hilfsorganisationen im Landkreis trotz der hohen Arbeitsbelastung einen Mitgliederzuwachs verzeichnen können. Noch erfreulicher wäre es allerdings, wenn der Zuwachs der aktiven Mitglieder höher wäre.

Mehr als im Vorjahr - und trotzdem nicht genug

Das Technische Hilfswerk (THW) zählt im Landkreis aktuell etwa 160 Mitglieder, davon sind 83 in der aktiven Einsatztruppe, das sind mehr als im Vorjahr und trotzdem nicht genug. "Natürlich sind Freiwillige wichtig, die kurzfristig mithelfen", sagt Stefan Sandner, stellvertretender Ortsbeauftragter des Ortsverbands Markt Schwaben, der sich auch um den Landkreis Erding kümmert. "Aber genauso brauchen wir fachlich ausgebildete Helfer. Nur so kann die Qualität der Notfallhilfe gewährleistet werden".

Deshalb freut man sich beim THW über jeden, der die Grundlagenausbildung macht. Sie dauert fünf bis sechs Monate und findet einmal wöchentlich statt. Man lernt den Umgang mit Schere, Spreizer und Trennschleifer und dass der Eigenschutz immer vorgeht. Wenn man die Ausbildung bestanden hat, kann man sich spezialisieren. "Zum Beispiel, indem man die Sprengberechtigung erwirbt. Die Sprengmeister sind bei uns Ehrenamtliche, dazu muss man keine private Ausbildung haben", sagt Sandner.

1557 Mitglieder beim BRK

Aufregende Aufgaben gibt es beim THW also genug. Diese gibt es auch beim Roten Kreuz und den Maltesern, und auf den ersten Blick sehen die Mitgliederzahlen gut aus: 1557 Mitglieder zählt das BRK im Landkreis, ein Rekordhoch. Aktiv sind davon allerdings nur etwa zwei Drittel. Zuwachs bekamen auch die Malteser, sie wuchsen auf etwa 60 ehrenamtlich Aktive an. "Natürlich sind auch passive Mitglieder wichtig und es ist schön, dass die Leute so viel spenden", sagt Martin Kowalski, Kreisjugendwart der Feuerwehr im Landkreis. Doch mit Spenden alleine ist es nicht getan, er sorgt sich vor allem um die Zukunft der Jugendfeuerwehr:

Die Jugendliche sind schwer zu erreichen

"Wir brauchen engagierte junge Leute, die bereit sind, sich für andere einzusetzen." Derzeit gibt es 410 junge Feuerwehrleute im Landkreis, ein Zuwachs zwar, "aber einer, der sich in Grenzen hält", sagt Kowalski. Denn die tatkräftige Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung nehme ab. Früher sei man als Kind einfach bei der Feuerwehr mitgelaufen und weil eine Feuerwehr immer auch ein Sozialverbund ist, blieb man dabei, auch als Erwachsener, erzählt er.

Heute ist das anders: Zur Feuerwehr darf man erst ab zwölf Jahren, doch zu diesem Zeitpunkt sind die Jugendlichen oft schon in einem Sportverein aktiv oder lernen eine Instrument. "Die erreichen wir dann gar nicht mehr, sie haben keine Zeit für eine weitere Verpflichtung", sagt Kowalski. Und diejenigen, die sich für die Feuerwehr interessieren, bleiben nicht immer dabei: "Heute haben wir bei den Zwölf- bis 14-Jährigen einen Mitgliederschwund von 60 Prozent. Wir merken, dass uns der Nachwuchs von unten weg bricht."

Jedes Mitglied wird persönlich geworben

Josef Reitinger von der Freiwilligen Feuerwehr in Notzing bestätigt das Ringen um den Zuwachs. 14 junge Feuerwehrleute betreut er aktuell, das ist für ein Dorf mit 1000 Einwohnern ungewöhnlich viel. Und dennoch: "Von selbst kommt in Notzing keiner zur Feuerwehr", sagt Reitinger. Jedes neue Mitglied wird von den Feuerwehrleuten persönlich geworben, sie gehen von Haus zu Haus und haben extra einen Flyer machen lassen. Natalie Kienmüller-Stadler von der Freiwilligen Feuerwehr Langenpreising ist dennoch zufrieden. 22 Jugendliche betreut sie momentan, "das ist eine ordentliche Zahl", sagt Kienmüller-Stadler.

Dass die Jugend Gefallen an der Arbeit der Feuerwehr findet, ist für sie ein Ergebnis der medialen Aufmerksamkeit, bei Unwettern und Sturmfluten zum Beispiel. Diese haben sich in den vergangenen Jahren im Landkreis gehäuft, und so tragisch es auch ist - die Feuerwehr profitiert davon. Dadurch bleibt die Arbeit der Feuerwehr in den Medien präsent und somit in den Köpfen der Leute. Generell sind Überschwemmungen Alltag für die Hilfsorganisationen im Landkreis. Wenn Josef Reitinger von seiner Arbeit als Feuerwehrmann erzählt, spricht er viel übers Wasser. Nach dem Hochwasser 2013 hat sich die Notzinger Feuerwehr Hochleistungspumpen angeschafft. Keller auspumpen ist für Reitinger Routine, Wasser ist in Notzing häufiger als Feuer. "Eigentlich müssten wir uns Wasserwehr nennen", sagt Reitinger.

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