Nach erfolgreicher Nachbarklage:Weniger bringt mehr

Dorfen hebt Bebauungsplan auf, damit in einer Siedlung verdichtet gebaut werden kann

Von Florian Tempel, Dorfen

Verdichteten Wohnungsbau zu ermöglichen, also mehr Wohnungen bei geringerem Flächenverbrauch, ist ein Ziel, dem sich auch die Stadt Dorfen verpflichtet sieht. Der Dorfener Stadtrat hat nun jedoch dem Bau eines kleinen Mietshauses mit vier Wohnungen in einem sonst nur aus Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern bestehenden Wohngebiet mit einem radikalen und umstrittenen Schritt den Weg geebnet. Eine knappe Mehrheit im Stadtrat stimmte für die komplette Aufhebung des bislang geltenden Bebauungsplans. Die detaillierten Vorschriften, die beim Bau von mehr als 70 Häusern im Wohngebiet "Dammerlberg" galten, sollen fortan wegfallen. Mehrere Stadträte kritisierte die Aufhebung als inakzeptable Ungleichbehandlung.

Der Bebauungsplan "Dammerlberg" wurde im Jahr 1990 vom Stadtrat aufgestellt und ist seit 1991 rechtskräftig. Im Laufe der vergangenen 26 Jahre wurde er fünfmal geändert. So wurden unter anderem schon relativ früh im unteren Bereich der Bau von Dreispännern statt Doppelhäusern zugelassen. Das war also schon damals eine Verdichtung, die ursprünglich nicht vorgesehen war. Von den etwas mehr als 70 Grundstücken sind mittlerweile nur noch vier unbebaut.

Der Eigentümer eines etwa 700 Quadratmeter großen Grundstücks hatte im vergangenen Jahr bei der Stadt beantragt, mehr als ein normales Doppelhaus auf seinem Grund bauen zu dürfen. Der Bauausschuss bewilligte ihm das mit einer Änderung des Bebauungsplans. Er hätte demnach ein kleines Mietshaus mit vier Wohnungen und insgesamt etwa einem Viertel mehr Wohnfläche, als davor festgelegt war, bauen dürfen. Die Eigentümer der drei weiteren unbebauten Grundstücke haben bislang keine Bauanträge gestellt.

Nachbarn klagten gegen die vom Stadtrat abgesegnete Ausnahme vor Gericht und hatten Erfolg. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) kippte vor wenigen Wochen die Bebauungsplanänderung.

Bauamtsleiter Franz Wandinger erklärte im Stadtrat, der VGH habe bemängelt, es habe an der "städtebaulichen Begründetheit" gefehlt. Übersetzt heißt das, die Richter waren nicht der Ansicht, dass man nicht ohne Weiteres doppelt so viele Wohneinheiten in einem Bebauungsplangebiet möglich machen dürfe. Als Gegenmittel verfiel man im Dorfener Rathaus auf die Idee, man könnte den gesamten Bebauungsplan aufheben. "Damit dem gesetzlichen Ziel der Verdichtung Rechnung getragen werden kann", sagte Wandinger. Nach der Aufhebung gelten in dem Gebiet die Bestimmungen des Baugesetztbuchs und der Bauordnung. Ein Gebäude könne dann, sofern es sich in die umgebende Bebauung einfüge, auch genehmigt werde. "Ein Hochhaus geht da aber nicht", sagte Bürgermeister Heinz Grundner (CSU). Alle anderen Hauseigentümer am Dammerlberg könnten zudem leichter als bislang einen Anbau genehmigt bekommen, sagte Wandinger.

Heiner Müller-Ermann (SPD) und Josef Jung (ÜWG) kritisierten den Plan, da die Hausbesitzer rückwirkend ungleich behandelt würden. Alle hätten sich bislang an die Bestimmungen des Bebauungsplans gehalten, nun würde man für nur einen einzigen eine Ausnahme machen. Ursula Frank-Mayer (GAL) sagte, mit der Aufhebung des Bebauungsplans würde zudem "durch die Hintertür" das Urteil des VGH umgangen, was ihr "nicht in Ordnung vorkomme". Bürgermeister Grundner erklärte dazu: "Entscheidungen von Richtern sind nachzuvollziehen oder auch nicht - das kann man sehen wie man will."

Nach dem mit 8:6 Stimmen gefassten Beschluss des Stadtrats können vor der tatsächlichen Aufhebung des Bebauungsplans Bürger Einwände erheben oder letztlich erneut vor dem VGH klagen.

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