Mutter Gottes wandert:Marienfigur zu Gast

Frauentragen

Pfarrsekretärin Evelyn Fontana mit der Marienfigur, die im Advent an Gläubige verliehen wird.

(Foto: Stephan Görlich)

In Moosinning und Wartenberg wird der Brauch des Frauentragens gepflegt

Von Regina Bluhme, Moosinning

Einen besonderen Gast hatte kürzlich Martina Scheckenhofer in ihrem Esszimmer einquartiert. Bei der Mesnerin von Eichenried verbrachte eine liebevoll gepflegte Marienfigur die Nacht. Seit im Pfarrverband Moosinning vor zwei Jahren der Brauch des Frauentragens eingeführt worden ist, wird in der Adventszeit die Mutter Gottes von Haus zu Haus weitergereicht. Das Interesse ist groß. Auch im Pfarrverband Wartenberg, wo heuer in Langenpreising erstmals das Frauentragen begangen wird. Dort durfte Maria sogar im Kindergarten übernachten.

Martina Scheckenhofer kümmert sich seit mehr als 20 Jahren um die Kirche von Eichenried. Erst zusammen mit ihrem Mann, seit dessen Tod alleine. Ende dieses Jahres hört die 77-Jährige auf. Kurz vor Dienstende hat sie heuer zum ersten Mal beim Frauentragen mitgemacht. Ihr Esszimmer war Anfang Dezember eine der ersten Stationen. Für die Marienfigur hatte sie einen kleinen Tisch mit Engelfiguren und einem Tannenzweig geschmückt. "Ich finde, das ist ein sehr schöner Brauch", sagt Martina Scheckenhofer.

Inzwischen ist die Madonna auch schon viel im Pfarrverband herumgekommen, bei jungen Familien, bei Alleinstehenden, bei Alten und Jungen. "Das Interesse ist sehr groß", berichtet Evelyn Fontana, Pfarrsekretärin im Pfarrbüro Moosinning. Nahezu täglich werde die Marienfigur in ein neues Quartier weitergereicht. Die vorweihnachtliche Zeit stehe seit jeher im Zeichen des Wanderns, schreibt dazu der Pfarrverband Moosinning. So mache sich Maria gemeinsam mit Josef auf den Weg nach Bethlehem. Der Brauch des Frauentragens verdeutliche auf anschauliche Weise dieses Bild.

Doch es steckt noch mehr dahinter, fügt Evelyn Fontana hinzu. Sie hofft, dass bei der Übergabe der Marienfigur "die Menschen miteinander ins Gespräch kommen, dass sie sich unterhalten, vielleicht zusammen singen oder ein kurzes Gebet sprechen." Der Brauch könne somit dazu beitragen, "dass die Menschen ein wenig zur Ruhe und Besinnung, zu ein wenig innerer Einkehr kommen."

Die Marienfigur vom Pfarrverband Moosinning kam über Umwege in den Landkreis Erding, wie Evelyn Fontana berichtet. Dekan Michael Bayer, der dem Pfarrverband Moosinning vorsteht, hatte die Figur von einem Ehepaar aus Fürstenfeldbruck vermacht bekommen. Nach dem Tod des Paares war vor zwei Jahren die Tochter auf Pfarrer Bayer zugekommen und hatte ihm die Madonna übergeben. Damals sei die Idee entstanden, den Brauch des Frauentragens einzuführen, erklärt die Pfarrsekretärin. Die etwa 26 Zentimeter große Figur mit den gefalteten Händen wird gut geschützt in einem Schränkchen aus Nussbaum aufbewahrt. Der Hintergrund ist mit blauem Tuch ausgelegt und links und rechts stehen Gebete. "Die Madonna hat ein helles, freundliches Gesicht und ist wirklich schön anzuschauen", betont Fontana. "Ich freue mich schon darauf, wenn ich sie selbst eine Nacht bei mir habe."

In Pfarrverband Wartenberg wird der Brauch des Frauentragens sowohl in Wartenberg als auch, heuer erstmals, in Langenpreising gepflegt. Die Idee hatte der Pfarrgemeinderat Langenpreising wegen des Jahresmottos "Türen öffnen", berichtet die Vorsitzende Maria Heller. "Wir haben überlegt, wo man offene Türen finden kann oder wie und wo wir selber Türen aufmachen können." So sei die Idee entstanden, im Advent der Mutter Gottes eine Herberge zu geben. Dazu hat sich die Pfarrgemeinde auch eine eigene Marienfigur angeschafft. Gekauft wurde eine sogenannte "Bogenberger Madonna", eine der seltenen Darstellungen von Maria mit einem nicht zu übersehenden Babybauch. Das passt, denn bekanntlich war Maria ja schwanger, als sie sich mit Josef auf die Wanderschaft nach Bethlehem machte.

Herumgereicht wird die Madonna in einem sogenannten Marienschrein, der aussieht wie eine etwas größere Laterne. "So kann man sie gut transportieren", erklärt Maria Heller. Und gut geschützt muss die Figur auch sein, denn bis Weihnachten ist sie jede Nacht in einem anderem Haus zu Gast, oft bei jungen Familien, aber auch bei älteren, gehbehinderten Herrschaften, die sich riesig freuten, dass die Madonna zu ihnen kommt, wie Heller berichtet. Manche geben der Figur einen Platz im Wohnzimmer, eine Familie habe sie mitten auf den Küchentisch gestellt. "Das Interesse ist wirklich riesig", freut sich die Pfarrgemeinderatsvorsitzende. Sie habe festgestellt, dass die Leute die Übergabe auch für einen Ratsch nutzen, dass zusammen geredet und auch gesungen wird.

Die Marienfigur von Langenpreising hat auch bereits im Kindergarten Station gemacht. Feierlich wurde die Madonna dort in Empfang genommen, berichtet Maria Heller. Die Kleinen waren begeistert. Ein Bub konnte es kaum glauben, fügt sie hinzu, "dass die Maria jetzt im Kindergarten übernachten darf".

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