Moosburg:Beliebter Wallfahrtsort

Moosburg: Das Kastulusmünster war im späten Mittelalter Ziel vieler Pilgerfahrten. Mit seiner Geschichte setzt sich der Moosburger Stadthistoriker Dominik Reither auseinander.

Das Kastulusmünster war im späten Mittelalter Ziel vieler Pilgerfahrten. Mit seiner Geschichte setzt sich der Moosburger Stadthistoriker Dominik Reither auseinander.

(Foto: Marco Einfeldt)

Dominik Reither schildert die Geschichte von Sankt Kastulus

Von Clara Lipkowski, Moosburg

Wer sich für Moosburgs Geschichte interessiert, kommt an diesem Mann nicht vorbei: Dominik Reither ist einer der bekanntesten Stadthistoriker und nicht nur regelmäßiger Besucher des Stadtarchivs, wo er in alten Akten und Büchern forscht, sondern auch bekannter Redner. Ein Faible hat er für die Geschichte des Münsters St. Kastulus und machte die Kirche zum Thema seiner vergangenen Vorträge in der Volkshochschule.

Die Wurzel des Stifts St. Kastulus liegt ihm zufolge bereits um 750. Damals entstand ein Kloster, das sich mit den Jahren in ein Kollegiatstift wandelte, eine Gemeinschaft von Geistlichen, die anders als in einem Kloster nicht dauerhaft an das Stift, gebunden sind. Reither zitiert Schriften aus dem Mittelalter, wenn er über die Entwicklung des Stifts berichtet, Bücher aus dem 13. Jahrhundert etwa geben Aufschluss über das Vermögen des Stifts und über Detailfragen wie, welche Mengen an Weihrauch und Kerzen den Stiftsherren an Festtagen zur Verfügung zu stellen waren. Auch mit der Kleidung der Stiftsherren beschäftigte sich Reither. Sie dürfte für heutige Verhältnisse ungewöhnlich ausgesehen haben: Die Geistlichen trugen kurze Leinenhosen, die die Knie nicht bedeckten, darüber bis zu den Knöcheln lange Untertuniken aus Leinen, und dazu ein Obergewand, genannt Superpelliceum, mit extrem weiten Ärmeln, die teils bis zu den Füßen fielen.

Das Kirchengebäude wurde über die Jahrhunderte stark vergrößert. Zwischen 1171 und 1184 sei der Ausbau, "ein gewaltiges Konjunkturprogramm" gewesen, wie Reither meint: Handwerker siedelten in der Nähe der Kirche, ihrem Arbeitsplatz, außerdem Bäcker und Metzger, die die Menschen versorgten. Später brannte die Kirche nieder und wurde zwischen 1207 und 1212 neu gebaut. 1475 wurde ein Chorgestühl angebaut und 1514 ein Hochaltar errichtet.

1468 war der alte Chor abgerissen und die Reliquien des heiligen Kastulus freigelegt worden. Die Gebeine des Märtyrers waren vermutlich im 8. Jahrhundert von Rom nach Moosburg gebracht worden. Mit deren Wiederentdeckung wurde Moosburg im späten Mittelalter, als die Menschen mobiler wurden und Pilgerreisen Massenbewegungen, zu einem beliebten Wallfahrtsort. Außerdem gewann das Stift überregional als geistliche Ausbildungsstätte an Ansehen. Reither zufolge muss es früh eine hoch entwickelte Schreibstube gegeben haben, die "prächtige Buchmalereien" hervorbrachten. Außerdem sei die hauseigene Bibliothek mit Standardwerken zum Kirchenrecht gut ausgestattet gewesen und in der Lage, in kurzer Zeit Neuerscheinungen zu erwerben. Das zog Gelehrte an: Gerhoh von Reichersberg, ein bedeutender Theologe und Kirchenreformer des 12. Jahrhunderts, wurde in Moosburg unterrichtet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: