Modehaus wird geschlossen:Rabatt und Raritäten

"Ich mag einfach nicht mehr": Friedel Friedberger löst das bekannte Erdinger Traditionsgeschäft für Damenmode auf

Matthias Vogel

Friedel Friedberger packt ihre Sachen. Nicht alle sieben. Die Bekleidung ihres Geschäftes in der Langen Zeile verkauft sie mit einem Preisnachlass von 90 Prozent, den Rest löst ein Händler ab, wenn sie Ende dieser Woche zusperrt. Außer dem ungewöhnlich hohen Rabatt ist noch etwas besonders an dieser Geschäftsaufgabe. Friedberger verscherbelt auch den Hausstand ihrer 1996 verstorbenen Mutter. "Sie hat hier über dem Laden in dem Haus gewohnt. Und das muss ich nun verkaufen. Also, was soll ich noch mit den Sachen?", sagt die 55-Jährige.

Und so freuen sich nicht nur die älteren Damen der Stadt - Friedberger bietet schon lange ausschließlich Mode für diese Zielgruppe an - über Schnäppchen, sondern auch Antiquitätensammler und -händler über Raritäten und Passanten über Kurioses. "Zum Schießen", stellt eine Frau vor dem Schaufenster fest. "Und dann diese Preise. Das bekommt man auf dem Flohmarkt billiger", sagt sie. Und fügt an: "Die Frösche aus Ton im anderen Schaufenster sind aber günstig, kosten pro Stück nur vier Euro. Aber was soll ich mit einem Frosch?"

Friedberger ist das Gerede auf der Straße egal. Sie amüsiert sich und sagt: "So eine Auslage traut sich sonst keiner. Und so einen Rabatt gibt sonst keiner." Und schließlich hat sie einen Großteil des mütterlichen Besitzes auch schon an den Mann respektive die Frau gebracht. "Erst heute morgen hat eine Dame eine Wachsikone gekauft. Den Spiegel aus den 1960er Jahren hat sie leider hier gelassen, weil er unten schon ein wenig blind ist."

Eine olle Fuchsstola ist noch zu haben, auch ein Rückenprotektor, der eigentlich aussieht wie eine schusssichere Weste. Daneben warten einige Gläser und zwei hölzerne Mönche auf einen neuen Besitzer. Im Geschäft steht noch ein altes Holzpferd. "Das ist schon verkauft", sagt Friedberger. Und was ist mit dem massiven Eichenschrank? "Der macht mir Sorgen, er passt ja nicht ins Schaufenster." Besonders war für sie der Verkauf einiger Handpuppen für ein Kasperltheater. "Weil die so hässliche Gesichter hatten."

Den "Friedberger" gibt es bereits seit 1933 in Erding, Vater Josef begann als Hutmacher. Nach ihrer Ausbildung (1971 bis 1974) zur Einzelhandelskauffrau übernahm Tochter Friedel das mittlerweile zur Boutique umfunktionierte Geschäft. Dass Friedberger ihr Traditionsgeschäft aufgibt, ist nicht etwa einer finanziellen Schieflage geschuldet. "Ich mag einfach nicht mehr, 40 Jahre lang Dienstleistung, das strengt an."

Sie freue sich auf ihren Ruhestand, wisse aber, dass diese Freude ungeteilt ist. "Für die älteren Menschen hier ist es sicher schade. Sie kamen auch oft auf einen Schwatz hierher." Ihr Lebensgefährte müsse sich nun auf "ein altes Mutterl" einstellen, das den Haushalt schmeißt, umreißt Friedberger die Zukunft und grinst. Bald wird die Firma Alpha GmbH das Gebäude beziehen, nichts zeugt dann noch von der alten Hutmacherei. Um so schöner, dass Friedel Friedberger mit ihrer außergewöhnlichen Auslage noch einmal auf sich aufmerksam gemacht hat.

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