Mobilität in Erding:Vorfahrt für Fußgänger

Mobilität in Erding: Das ÖPNV-Angebot fanden die Befragten recht gut. Am stärksten nervt die Unzuverlässigkeit der S-Bahn.

Das ÖPNV-Angebot fanden die Befragten recht gut. Am stärksten nervt die Unzuverlässigkeit der S-Bahn.

(Foto: Renate Schmidt)

Eine Umfrage zeigt, dass drei von vier Erdingern innerhalb von fünf Minuten eine Bushaltestelle finden. Ein Ziel ist, die Innenstadt von Autos zu befreien

Von Antonia Steiger, Erding

Fast jeder hat ein funktionsfähiges Rad und fast jeder über 18 Jahre hat ein Auto zur Verfügung. Vier Prozent der Haushalte in Erding haben kein Auto, etwa zwölf Prozent drei Autos oder noch mehr. Dies und noch viel mehr haben die Mitarbeiter des Büros Team Red bei einer Bürgerbefragung herausbekommen als Grundlage für ein neues Mobilitätskonzept. Dass vor allem die Erdinger Altstadt nicht immer noch mehr Autoverkehr verträgt, ist mittlerweile für jeden erkennbar; Alternativen werden gesucht. Eine kann der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) sein, und auch da schaut es nicht schlecht aus: 73 Prozent der Befragten gaben an, dass sie innerhalb von fünf Minuten eine Haltestelle erreichen. "Für einen Ort wie Erding" sei das "sehr ordentlich", erklärte Tobias Kipp vom Team Red in der Sitzung des Verkehrsausschusses.

Überhaupt stellt sich die Situation nicht durchweg schlecht dar: So haben viele den Zustand der Radwege als sehr gut bezeichnet, auch das ÖPNV-Angebot befanden die Befragten als recht gut. Aber es gibt natürlich auch viel Anlass für Kritik: So gibt es nach Auffassung vieler nicht genügend Radwege, es fehlt an Parkplätzen in den Wohngebieten und auch die Ortsteile sind nicht gut angebunden. Am allermeisten nervt jedoch die S-Bahn und ihre Unzuverlässigkeit. Das sei zwar kein exklusives Erdinger Lebensgefühl, sagte Kipp. Auch in anderen Orten rund um München sei die Unzufriedenheit mit der S-Bahn groß. In Erding kommt jedoch hinzu, dass bitter über die schlechte Anbindung an den Flughafen beklagt wird, der für viele ja auch der Arbeitgeber ist. Hier werde eine gute Anbindung "stark vermisst". Wie Kipp sagte, wurden 6000 Bürger bei der Befragung angeschrieben, 1800 hatten den langen Fragebogen beantwortet. Das sei beachtlich.

Kipp erläuterte den Stadträten die weitere Vorgehensweise. Ihm zufolge ist eine Erreichbarkeitsanalyse bereits in Arbeit. Ein Workshop mit Unternehmen und Schulen hat schon stattgefunden, einer zum Thema Altstadt soll noch folgen. Die Ergebnisse zusammengenommen böten eine "solide Grundlage" für alles weitere wie Konzeption, Umsetzung und Monitoring. Auch wenn der Prozess jetzt erst am Anfang steht, klang schon einmal an, wie sich einige das Ende vorstellen könnten. Es gebe durchaus Bereiche, "die man den Fußgängern zurückgeben kann", sagte OB Max Gotz (CSU). Er nannte den Platz vor der Sparkasse an der Friedrich-Fischer-Straße, der im kommenden Jahr im Zuge umfassender Kanalbauarbeiten in der Altstadt ohnehin aufgerissen wird. Eine vorsichtige Ausweitung der Fußgängerzone kann sich auch Hans Egger (Erding Jetzt) vorstellen.

Andere möchten noch weiter gehen. So ploppte die Idee auf, die gesamte Altstadt in eine Zone zu verwandeln, wo sich alle auf sämtlichen Verkehrsflächen nur noch mit zehn Stundenkilometer fortbewegen dürften. Ein "sehr gut" bekam Köppen für diese Idee von Gotz, der glaubt, dies würde "viele Konflikte lösen". Gotz bezeichnete diese Lösung als ein "mögliches Ziel". Zunächst sollen jedoch die weiteren Schritte des Mobilitätskonzept abgewartet werden. Weniger Applaus bekam Köppen für seinen Vorschlag, die großen Stadtbusse durch kleine zu ersetzen. Dafür müssten die Unternehmen viel zu viel investieren, sagte Gotz. Außerdem würden die großen Busse morgens für die Schüler dringend benötigt. Und dass mehr Menschen mit dem Bus fahren, wenn sie kleiner wären, das glaubt Gotz auch nicht.

Hans Schmidmayer (SPD) sagte deutlich, man müsse sich von der Idee verabschieden, "dass jeder mit dem Auto in die Innenstadt fahren kann". Bis das aber jeder verstanden habe, müsse der eine oder andere aber noch einen "Reifeprozess durchlaufen". Paritätische Bedingungen für alle in der Innenstadt wäre auch für ihn ein Mittel, "Spannungen herauszunehmen". Ohnehin würden die Verkehrsprobleme in der Innenstadt unterschiedlich wahrgenommen - je nachdem ob einer in der Innenstadt wohnt oder nicht. Zurückgestellt wird der Vorschlag der Grünen, die Lange Zeile in eine Fahrradstraße umzuwandeln. Nicht nur wegen des Mobilitätskonzeptes, sondern auch weil die Straßen in der Innenstadt rund um den Schrannenplatz im kommenden Jahr wegen der Kanalbauarbeiten aufgerissen werden. Mit dem Auto kommt von April an sowieso keiner mehr durch die Altstadt.

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